Beschädigtes Wahlplakat vom heutigen AfD-Fraktionsvorsitzenden im baden-württembergischen Landtag, Jörg Meuthen. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Viele Sachbeschädigungen vor der Landtagswahl haben die Zahl der linksmotivierten Straftaten im vergangenen Jahr in die Höhe schnellen lassen. Die brutalen Übergriffe allerdings gehen zurück.

Stuttgart - Die politisch motivierte Kriminalität in Baden-Württemberg bewegt sich von linker wie von rechter Seite weiter auf einem hohen Niveau. Das geht aus neuen Zahlen des Innenministeriums für das Jahr 2016 hervor, die unserer Zeitung vorliegen.

Die Zahl der Fälle im Bereich der politisch linksmotivierten Kriminalität stieg demnach im Jahr 2016 im Südwesten sogar von 660 auf 736 an. Die Experten des Staatsschutzes erklären den Anstieg vor allem mit vielen Straftaten rund um die Landtagswahl im März des vergangenen Jahres. Darunter seien viele Sachbeschädigungen gewesen, heißt es. Vor allem zahlreiche Wahlplakate wurden demnach zerstört, aber auch Hauswände beschmiert und Reifen an Autos zerstochen. In diesem Fällen im Nachhinein die Täter zu ermitteln, sei traditionell allerdings schwierig. Das habe sich auch negativ auf die Gesamtaufklärungsquote bei Delikten von linker Seite ausgewirkt. 2016 wurde der Kriminalstatistik zufolge nur jedes dritte Delikt aufgeklärt.

Gewalttaten gehen auf beiden Seiten zurück

Die linksextremistischen Gewaltdelikte – eine Teilmenge aller linksmotivierten Straftaten – gingen derweil etwas zurück. Deren Zahl sank von 135 – der Höchstmarke seit die Kriminalität in Straf- und Gewalttaten aufgeschlüsselt wird – auf 118 Fälle.

Die politisch rechtsmotivierte Kriminalität ging hingegen im vergangenen Jahr um fast zehn Prozent zurück – von 1604 auf 1456 Fälle. Die Zahl der rechtsextremistischen Gewaltdelikte sank zwar von 71 auf 46 – nimmt man allerdings die vergangenen zehn Jahre zum Vergleich, ist es in diesem Zeitraum immer noch der zweithöchste Wert. „Der nach wie vor hohe Stand“ sei nicht von der Flüchtlingswelle zu trennen, sagen die Experten. So habe man im vergangenen Jahr zum Beispiel allein 275 politisch motivierte Straftaten gegen Asylbewerber und neun (vorsätzliche) Branddelikte gezählt, die sich gegen Flüchtlingsunterkünfte richteten. Die Aufklärungsquote bei Straftaten von rechter Seite liegt nach Ministeriumsangaben bei 42 Prozent.

Wechselwirkung zwischen Rechten und Linken

Auffällig ist, dass die Gesamtzahl der Straftaten bei den Rechten schon immer deutlich höher ist als bei den Linken. Das hängt laut Staats- und Verfassungsschützern insbesondere an der Vielzahl sogenannter Propagandadelikte wie zum Beispiel dem Zeigen verbotener oder verfassungsfeindlicher Flaggen und Symbolen auf Transparenten oder Kleidungsstücken bei Demonstrationen. Zum besseren Verständnis: Unter Straftaten werden alle Delikte subsumiert, die gegen Gesetze verstoßen, darunter etwa Sachbeschädigungen und Beleidigungen. Zum Kreis der Gewalttaten gehören insbesondere Körperverletzungen, Brand- und Sprengstoffdelikte sowie versuchte Tötungsdelikte.

Obwohl die Straftaten im vergangenen Jahr im Vergleich zum Jahr 2015 auf beiden Seiten leicht zurückgegangen sind, ist das kein Grund für die Staats- und Verfassungsschützer, sich beruhigt zurückzulehnen. Denn das Niveau der vergangenen zwei Jahre liegt immer noch deutlich über dem in den Jahren zuvor. Als Ursache für die Entwicklung gelten die Flüchtlingswelle und die Bedrohung durch den islamistischen Terrorismus. Dadurch seien neue rechtspopulistische Parteien und rechtsextreme Strömungen entstanden, was wiederum zu teils gewalttätiger Gegenaktionen von linker Seite geführt habe, sagen Experten.