Planetariumsleiter Uwe Lemmer (links) und Ubbo Grassmann, seit dem Frühjahr sein Stellvertreter, haben den Ärger über die verschobene Wiedereröffnung schnell verwunden. Sie bereiten gemeinsam die neue Fulldome-Technik vor. Foto:  

Ein Brand und Probleme bei der Verlegung des Bodens haben die Wiederinbetriebnahme des Planetariums verzögert. Doch diese Zeit wird für die Umsetzung der Fulldome-Projektion genutzt.

S-Mitte - Uwe Lemmer, der Leiter des Carl-Zeiss-Planetariums in Stuttgart, ist ein Mensch, der allen Schwierigkeiten auch eine gute Seite abgewinnen kann. „Wir bekommen unfreiwillig etwas mehr Zeit“, kommentiert er die Tatsache, dass sein Haus nicht wie erwartet vor Weihnachten wiedereröffnet werden kann. Ein Brand und Mängel bei der Verlegung des Bodens haben die Bauarbeiten so weit zurückgeworfen, dass erst im Frühjahr 2016 mit einer Eröffnung zu rechnen ist.

Bis zu den Weihnachtsferien werden die Mitarbeiter des Planetariums also weiterhin zu ihrem Publikum kommen statt umgekehrt: Seit der Schließung des Hauses im April gab es etwa 30 Veranstaltungen an Schulen in Stuttgart und Umgebung, die auf rege Nachfrage stießen. Für interessierte Lehrer besteht so noch einmal die Gelegenheit, sich um einen Besuch der Himmels-Experten zu bemühen. Besonders begehrt sind das mobile Planetarium (eine aufblasbare Kuppel) und die Planetenwerkstatt, bei der maßstäbliche Modelle der Planeten gebastelt werden, um die Größenverhältnisse und Entfernungen im Sonnensystem zu veranschaulichen.

Trend in Richtung Technik

„Für uns war das auch eine neue Erfahrung“, sagt Uwe Lemmer, „und wir haben die Lehrer als besonders engagiert erlebt.“ Der Planetariumsleiter bedauert es, dass die Entwicklung der Lehrpläne immer mehr in Richtung Technik gehe und Naturwissenschaften wie die Astronomie in den Schulen verdrängt würden.

Ab Januar 2016 ist aber Schluss mit den Schulbesuchen, denn die Mitarbeiter des Planetariums wollen sich intensiv auf die Wiedereröffnung vorbereiten. Sie müssen sich in die neue digitale Technik einarbeiten, die das Planetarium, wie Lemmer es beschreibt, von der Schreibmaschine auf Textverarbeitung katapultiert.

Komplizierter Brandschutz

Gründe für die Zeitverzögerung waren ein Brand Ende Juni und Probleme bei der Verlegung der erneuerten Fußbodenkonstruktion im Kuppelsaal. „Wo man eigentlich mit Schwierigkeiten gerechnet hat, nämlich bei der Arbeit an der Rauchabzugsklappe oben in der Spitze, da ist alles glatt gegangen“, ist Uwe Lemmer immer noch verwundert. Die Brandschutzmaßnahme war schließlich nicht unkompliziert, da die 1977 gebaute und unter Denkmalschutz gestellte Pyramide an der von außen sichtbaren Konstruktion (genannt Edelstahlspinne) aufgehängt ist. Bei allen Maßnahmen musste immer auch der Denkmalschutz mitbedacht werden. Gebrannt aber hat Dämm-Material, weil ein Bauarbeiter unachtsam war. „Es war für mich sehr beruhigend, dass bei der Evakuierung alles gut ging und der Brand schnell gelöscht war“, sagt Lemmer.

Knifflige Probleme mit dem Boden

Rauch und vor allem Feuerlöschpulver haben jedoch ihre Spuren hinterlassen. Reinigung und Ausbau brandgeschädigter Materialien führten zunächst zu einer Verzögerung um rund sechs Wochen. Richtig knifflig wurde es aber, als Risse im Estrich festgestellt wurden: Man beschloss die Verlegung auf das Frühjahr. Denn erst einmal müssen Gutachter ihre Arbeit tun und Versicherungsfragen geklärt werden.

Mittlerweile gehen die Arbeiten wieder voran, im Büro des Planetariumsleiters mischt sich der Lärm aus dem Kuppelsaal mit dem von der benachbarten Bahnhofsbaustelle. Die neue Projektionstechnik ist von der Baupause nicht betroffen. „Sie sollte ja erst installiert werden, wenn die sanierten Räume gründlich gereinigt und vor allem klimatisiert sind“, erklärt Lemmer.

Zarathustra spricht weiterhin

Er freut sich unbändig auf die Neuerungen: Künftig wird das Planetarium mit einer der weltweit modernsten 360-Grad-Kuppelprojektion ausgestattet sein. Sie ermöglicht mit neun Hochleistungsprojektoren neue Formen der Veranschaulichung. Auf der Grundlage riesiger Datenbanken lassen sich damit Flüge in die Tiefen des Weltalls zeigen. Neue Laser- und Tonanlagen unterstützen dabei. Rein optisch wird sich nicht viel ändern, denn die Denkmalschutzbehörde sorgte unter anderem dafür, dass die Bestuhlung saniert wurde, aber die gleiche blieb. „Und“, das ist Uwe Lemmer sehr wichtig, „der legendäre Zeiss-Projektor bleibt auch.“ Schließlich seien der Beginn von Richard Strauss’ „Also sprach Zarathustra“ und das langsame Hochfahren des Projektors aus dem Programm nicht wegzudenken.

Die künftige Fulldome-Projektion wird mit dem alten System synchronisiert und öffnet neue Welten: „Da wirbeln wir mit Terabytes. So sind wir in der Lage, Astrophysik wissenschaftlich richtig darzustellen“, sagt Lemmer.

Samstägliche Musikshows

Derzeit ist Ubbo Grassmann, seit dem Frühjahr sein Stellvertreter und Spezialist für die digitale Entwicklung, dabei, alles zu perfektionieren. In Zukunft soll es 25 Vorführungen pro Woche geben, darunter 17 Veranstaltungen, die speziell für Schulklassen geeignet sind. Auch die samstäglichen Musikshows werden fortgeführt: Bei „Star Rock Universe“ werden zur Musik von Amy Winehouse, Coldplay, Supertramp und vielen anderen Rock- und Popgrößen Reisen durch fantastische Welten unternommen. „Und die U-Bahn-Haltestelle“, so hofft Ubbo Grassmann, „heißt dann nicht mehr Staatsgalerie, sondern Planetarium/Staatsgalerie.“