Ein 47-jähriger Kurde soll Mitglied der verbotenen PKK sein. Jetzt steht er vor Gericht Foto: dpa

Spenden gesammelt, Demos und Veranstaltungen organisiert, an Treffen und Mahnwachen teilgenommen – so lauten die Vorwürfe gegen den Kurden, der als Beruf Bauarbeiter angibt. Wird der Angeklagte aussagen?

Stuttgart - Nein, nach Terrorismus hören sich die Aktivitäten, die Oberstaatsanwalt Alexander Hauser dem Angeklagten vorwirft, nun nicht gerade an. Trotzdem sitzt der 47 Jahre alte Mann auf der Anklagebank vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart. Der Mann ist der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung angeklagt. Er soll als Funktionär auf der mittleren Führungsebene der PKK gearbeitet haben.

Die im November 1978 von Abdullah Öcalan und 24 Mitstreitern gegründete kurdische Arbeiterpartei PKK (Partiya Karkeren Kurdistan) ist marxistisch-leninistisch ausgerichtet und hat als Ziel, einen kurdischen Staat zu gründen. Dabei schreckte die PKK auch vor einem Guerillakrieg und vor zahlreichen Anschlägen auf türkische Einrichtungen nicht zurück. Die PKK beruft sich auf Selbstverteidigung, ihre sogenannten Volksverteidigungskräfte verüben Anschläge mit Sprengstoff und Waffen, insbesondere gegen türkische Sicherheitsbehörden, bei den Polizisten und Soldaten, vereinzelt auch Zivilisten verletzt oder getötet werden.

Deckname Dijwar

Mindestens sei Mitte 2010 sei der Angeklagte unter dem Decknamen Dijwar als Gebietsleiter der PKK tätig gewesen, so der Ankläger. In dieser Funktion war der 47-Jährige offenbar ziemlich viel unterwegs. Erst habe er das PKK-Gebiet Kiel geleitet, 2011 soll der die Leitung des Gebiets Sachsen übernommen haben.

Ab 2013, so die Anklage, sei der 47-Jährige für Stuttgart zuständig gewesen, ehe er als Verantwortlicher für das Bodenseegebiet eingesetzt worden sei. Im Februar dieses Jahres war er verhaftet worden. „Zu den typischen Aufgaben der Gebietsleiter gehört das Eintreiben von Spendengeldern“, sagt Oberstaatsanwalt Hauser. Zudem habe der Kurde an übergeordnete Kader Bericht erstatten müssen über die Einnahmen, über Vereinsveranstaltungen und dergleichen.

Die Anklage bleibt vage

Die Anklage verliert sich in Allgemeinplätzen. So wird aufgeführt, der 47-Jährige habe im Oktober 2011 an einer Veranstaltung der PKK-nahen Partei PYD und im Januar 2012 an einer Gedenkfeierfeier für „gefallene Märtyrer“ teilgenommen. Im Juni 2012 habe der Mann an einer Schulung in den Niederlanden teilgenommen, später an Treffen von PKK-Kadern in Bremen und Magdeburg. Er habe an der Organisation einer Demonstration am 31. August 2013 in Stuttgart mitgewirkt, bei der etwa 200 Personen gegen die Ermordung von Kurden in Westkurdistan protestiert hatten. „Noch im Januar 2015 nahm der Angeklagte an einer Mahnwache vor dem Europaparlament in Straßburg teil unter dem Motto: Freiheit für Sengal und Kobane“, so Ankläger Hauser. Im Oktober 2010 seien bei dem mutmaßlichen PKK-Terroristen in Hannover Bargeld in Höhe von 325 Euro und ein Notizblock sowie Notizzettel sichergestellt worden.

Laut Generalstaatsanwaltschaft ist der 47-Jährige bereits wegen der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung vorbestraft.

Am ersten Prozesstag kam der 6. Strafsenat nicht über die Verlesung des Anklagesatzes hinaus. Da die Besetzung des Senats kurzfristig hatte geändert werden müssen, beantragte die Verteidigung eine Unterbrechung, um die Neubesetzung überprüfen zu können. Dem gab der Senat statt. Der Prozess, der am 8. Dezember fortgesetzt wird, findet unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen statt.