Im Bethesda-Krankenhaus betreuen Ehrenamtler Demenzkranke. Ohne freiwillige Helfer wird Altersmedizin künftig kaum mehr möglich sein. Foto: dpa

Im Bethesda-Krankenhaus betreuen Ehrenamtler künftig Demenzkranke. Ohne freiwillige Helfer, hieß es bei deren Berufung, sei Altersmedizin kaum mehr möglich.

S-Mitte - Am Ende steht ein Amen – und dann der Gang zum Buffet. Das Bethesda-Krankenhaus, mit vollem Namen Agaplesion Bethesda, ist eben ein Unternehmen der Diakonie. Deswegen heißen die einführenden Worte „geistlicher Impuls“. Sie spricht – genauso wie den Segen zum Schluss – der Klinikseelsorger Burkhard Seeger. Ob der Festakt mitsamt Theatervorführung und humoristischem Hobbyfilm zum Anlass passt, ist Ansichtssache, der nämlich ist im Wortsinn todernst.

Das Bethesda-Krankenhaus ist auf Altersmedizin spezialisiert. In seiner Kapelle bekommen an diesem Nachmittag zwölf Frauen und Männer eine Urkunde samt einer Rose überreicht. Ihr Engagement wird heute gewürdigt. Sie haben sich ausbilden lassen, um im Krankenhaus Demenzkranke zu betreuen. Sie arbeiten unentgeltlich, im Ehrenamt, jeder zwei bis drei Stunden wöchentlich. Sie sind allesamt in einem Alter, in dem ihnen die Gebrechen des unvermeidlichen Verschleißes nicht mehr fremd sind, sei es in der Familie, im Freundeskreis oder am eigenen Körper. Sie haben Seminare besucht und sich in der Praxis anleiten lassen, ein volles Jahr lang.

Wie ernst die Arbeit der Freiwilligen im Bethesda-Krankenhaus werden kann und wie ernst sie genommen wird, verdeutlicht, dass zu ihrer Ausbildung die Sterbebegleitung gehört hat. Die Ehrenamtler sollen außerdem, weil sie aus dem Verhalten der Verwirrten am ehesten Wünsche zu deuten wissen, „ein zusätzliches Sprachrohr für die Dementen sein“, sagt Heike Linder, die Projektleiterin.

Dem Fachpersonal fehlt die Zeit

Ungeachtet allen Engagements und aller Mühen: medizinisches Fachpersonal sind die Helfer nicht. 1100 Arbeitsstunden hat das ehrenamtliche Personal schon hinter sich, sei es in Gruppennachmittagen mit den Kranken oder bei Spaziergängen mit Patienten, die einfach ein Bewegungsdrang überkommt. „Zeit für andere haben“ – so ist das Projekt überschrieben. Im Umkehrschluss heißt das: Zeit haben, wofür das medizinische Fachpersonal keine Zeit hat. Die „Entlastung der beruflich im Krankenhaus Tätigen“ gehört laut Linder genauso zu den Zielen wie die Hilfe für die Kranken.

„Ein Mensch mit Demenz ist im Krankenhaus-Ablauf eher ein Störfaktor.“ So sagt es, in aller Ehrlichkeit, der Arzt Andrej Zeyfang. „Vieles ermöglicht die heutige Krankenhaus-Finanzierung nicht mehr.“ Die Zahl der Störungen wird zunehmen. Weltweit steigt die Lebenserwartung jedes Jahr um drei Monate. In Baden-Württemberg wird sich die Zahl derjenigen, die älter als 85 Jahre werden, innerhalb der nächsten 25 Jahre verdoppeln. Weil Männer früher sterben als Frauen, „ist die Zukunft der Altersmedizin weiblich“, sagt Zeyfang. Und weil es allein des Geburtenrückgangs wegen an Nachwuchs mangelt, ist sie außerdem selbst betagt.

„Wir brauchen das Ehrenamt“, sagt Zeyfang. „Das Projekt ist hiermit nicht beendet.“ Es soll ganz im Gegenteil zum festen Bestandteil des Betriebs werden. Allerdings ist die Finanzierung beendet. Das Geld für die Ausbildung jener zwölf Helfer hat keine staatliche Institution bezahlt. Die Robert-Bosch-Stiftung hat das Projekt finanziert, der krankenhauseigene Förderverein seinen Beitrag geleistet. Ungeachtet von Finanzfragen werden zum Jahresende weitere Freiwillige gesucht. Deren Ausbildung wird wiederum im Ehrenamt geleistet. Die aktuellen Helfer sollen ihre Nachfolger selbst einlernen.