So soll der Konverter einmal aussehen: Die Anlage (vorn) steht direkt neben dem Kernkraftwerk (hinten) Foto: TransnetBW

Philippsburg sieht sich durch die Energiewende gleich dreifach belastet: Es soll Atommüll lagern, den Abriss eines Kernreaktors hinnehmen und jetzt auch noch einen Konverter dulden. Zu viel, meint der Bürgermeister.

Philippsburg - Der Bürgerprotest hat ebenso wenig genutzt wie die einstimmige Resolution des Gemeinderats: Philippsburg wird Standort einer etwa zehn Hektar großen und 300 Millionen Euro teuren Infrastrukturanlage, die Gleichstrom in Wechselstrom umwandelt. „Wir sind darüber maßlos enttäuscht“, sagt Bürgermeister Stefan Martus zu der Standortentscheidung von Netzbetreiber TransnetBW, eine 100-prozentige Tochter der EnBW.

Dass die Stadt sich rechtlich gegen das „Monstrum“ wehren wird, wie Kritiker die vier 70 mal 70 Meter großen und 20 Meter hohen Gebäude nennen, hat der Gemeinderat bereits beschlossen. Auf welchem Weg, hängt jetzt davon ab, für welches Genehmigungsverfahren sich TransnetBW in den nächsten Wochen entscheidet.

Das Unternehmen hat dabei ein Wahlrecht: Entweder es greift zum Rahmen der Planfeststellung – ein Verwaltungsverfahren für Großprojekte, das eine öffentliche Erörterung vorsieht. Oder es beantragt eine Genehmigung nach den Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG). Bei Letzterem rechnet sich Bürgermeister Martus mehr Einflussmöglichkeiten aus. Bei einer Planfeststellung muss die Gemeinde außerdem teure Gutachten einkalkulieren.

Wahlrecht beim Genehmigungsverfahren

„In beiden Fällen steht uns aber der Rechtsweg offen“, sagt Martus. Den Bau eines Konverters nur 600 Meter von Wohngebäuden entfernt werde man jedenfalls nicht hinnehmen: „Wir waren einstimmig dagegen und werden auch künftig dagegen sein.“ Um mindestens zwei Jahre, so glaubt er, lässt sich das Projekt so verzögern. Eigentlich soll der Bau 2019 fertig sein.

Der Noch-Christdemokrat – mit der CDU hat er sich in einer anderen Sache zerstritten – vermutet politische Einflussnahme hinter der Entscheidung: „Was der Stadt von Grün-Rot zugemutet wird, ist zu viel für eine Gemeinde.“ Philippsburg trage doch schon seit vielen Jahren mit dem Kernkraftwerk zur Versorgungssicherheit bei.

Zusätzlich werde die Bevölkerung mit dem Bau und dem Betrieb eines Standortzwischenlagers für abgebrannte Brennelemente auf dem Gelände des Reaktors belastet. Weitere Belastungen werden mit dem Rückbau eines Kraftwerkblocks und des damit verbundenen Baus des Standortabfalllagers für schwach und mittelradioaktive Stoffe, den geplanten Castortransporten von La Hague nach Philippsburg zukommen. Und jetzt noch der Konverter. Martus: „Irgendwann ist Feierabend.“

Auch Regionalverband hat Bedenken

Rückendeckung erhält die Gemeinde vom Regionalverband Mittlerer Oberrhein. Der Bau des Konverters greift nach dessen Ansicht in einen regionalen Grünzug ein. „Der Standort käme allenfalls in Betracht, wenn keine Alternativen außerhalb dieses Bereiches machbar wären“, erklärte Verbandsdirektor Gerd Hager. Solche Alternativen, etwa in einem Industriegebiet, gebe es sehr wohl, argumentiert Martus. TransnetBW habe sie aber verworfen.

„Wir haben mehr als zwanzig Standort-Alternativen sorgfältig geprüft“, hält Werner Götz entgegen, der Geschäftsführer von TransnetBW. Wesentliche Gründe für die Entscheidung seien der große Abstand zur Wohnbebauung – er spricht von 900 Meter – und der gute Sichtschutz gewesen. Zwischen Umspannwerk und den Häusern liege ein Waldstück. Götz kündigte an, schon in den nächsten Tagen den Dialog mit den Bürgern aufzunehmen.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) hält den Bau des Konverters für „absolut unverzichtbar“. Die Anlage am Endepunkt der Stromübertragungsleitung Ultranet von Osterath (Nordrhein-Westfalen) nach Philippsburg sei Teil der Energiewende. Er versprach aber, das Vorhaben auf Herz und Nieren zu prüfen. Das letzte Wort haben aber wohl die Gerichte.