Pharrell Williams Foto: Steffen Schmid

Kurzweiliges Konzert mit Happy End: Pharrell Williams zeigt, dass seine Musik gut gegen trübe Gedanken ist. Seine Lieder, die er oft auch für andere schreibt, wirken wie eine Tasse Ingwertee mit Honig.

Stuttgart – Kurzweiliges Konzert mit Happy End: Pharrell Williams zeigt, dass seine Musik gut gegen trübe Gedanken ist. Seine Lieder, die er oft auch für andere schreibt, wirken wie eine Tasse Ingwertee mit Honig.

8500 Besucher feiern mit

Die große Frage steht natürlich über allem: Wann bringt er den Superhit? Wann sind alle so „Happy“? Gleich zu Beginn wäre es eine große Überraschung, mittendrin versteckt zwischen anderen Songs eine durchaus mutige Entscheidung, zum krönenden Abschluss die vorhersehbare Abfolge. Und klar: Das Konzert von Pharrell Williams in der Schleyerhalle endet mit „Happy“ und dem somit musikalischen Happy End. Mit Glitzer-Konfetti und viel Applaus. Und all der positiven Energie, die Pharrell Williams in die Halle zu seinen rund 8500 Fans schickt.

Der nette Typ von nebenan

Auf seiner „The Dear Girl“-Europatour, seiner ersten Solotour seit mehr als acht Jahren, schaut der Superstar am Sonntagabend in Stuttgart vorbei. Das nette Millionärchen trägt Hut, Sonic-Youth-T-Shirt von der Europa-Tour aus dem Jahr 1992, lustige Ketten, bequeme Sporthose und gibt gut achtzig Minuten lang den netten Typen mit den tollen Songs wie etwa „Get Lucky“ oder auch „Drop It Like It‘s Hot“. Es ist hier nicht die Show, die zählt. Überraschend schlicht ist das Bühnenbild, fünf Tänzerinnen und Band hat er dabei. Dafür lässt er Damen aus dem Publikum auf der Bühne tanzen, posiert fürs Selfie mit den weiblichen Fans im Bühnengraben. Und zeigt so auch, wie ein Konzert im Jahre 2014 im Zeichen von sozialen Internetkanälen Twitter und Instagram aussehen kann. Man macht alles für das perfekte Foto. Und sagt schon mal, dass man zum Leuchten die Handys hochhalten soll. Früher waren das eben die Feuerzeuge.

Pharrell Williams Musik wirkt derweil wie eine Fangopackung mit einem anschließenden Tässchen Ingwertee mit Honig. Sie wärmt. Ist gut gegen trübe Gedanken. Wie ein Bad in Lavendelöl, und man kuschelt sich danach in den weißen Frotteebademantel. Den tragen auch die Tänzerinnen, also sie so um Pharrell Williams herum posieren, und er im Falsett den Song „Hunter“ darbietet.

Mehr Gastgeber als Sänger

Aber: Williams ist kein begnadeter Sänger, kein außergewöhnlich guter Tänzer. Sein Talent liegt im Songschreiben und im Produzieren von Hits. Für sich als Solokünstler Pharrell Williams, für seine Projekte wie N.E.R.D. oder eben für andere Künstler, die manche vielleicht gar nicht mit ihm in Verbindung bringen.

Das grundsätzliche Problem am Superstar Pharrell Williams: Er ist kein Superstar. Und eben genau so gibt er sich auf der schlichten Bühne, die gerade mal ein paar beleuchtete Treppen und Leinwände vorweisen kann. Doch meist ist Williams eben der Mann im Hintergrund, der anderen Künstlern seine Sounds und auch mal seine Stimme leiht. Das wird an einigen Stellen deutlich an diesem Abend in der Schleyerhalle, wenn da bei „Drop It‘s Like It Hot“ Snoop Doog vom Band rappt und schnalzt, bei „Holloback Girl“, das sonst Gwen Stefani singt, Williams gar den Platz der Background-Sängerin einnimmt, und sie singen lässt. Bei den krachig-lauten N.E.R.D.-Liedern kommt ein zweiter Rapper auf die Bühne, jene überlässt er auch mal seinen fünf Tänzerinnen, die kräftig mit dem Popo wackeln. Der Sound in der Schleyerhalle ist nicht immer der Beste. Das Publikum scheint‘s nicht zu stören.

Alle Frauen sind Marylin

Spätestens seit „Happy“ ist das schmale Bürschchen mit den auffallenden Kopfbedeckungen einer derzeit wohl angesagtesten Popstars. Das liegt natürlich am Gute-Laune-Liedchen. Aber auch am clever gemachten Video, das er dazu auf den virtuellen Markt schickte. Menschen, die eine Straße in Los Angeles entlang tanzen. Und das 24 Stunden lang. Ausgelöst wurde damit ein weltweites Phänomen - von Esslingen bis Tokio tanzten alle zum „Happy“-Sound und stellten die passenden Videos dazu ins Netz. Im Iran wurden Tänzer für ihre Freizügigkeit im Video festgenommen. Angesprochen auf die Gefühle, die dieser Pharrell Williams‘ Song bei den Menschen auslöst, begann der Künstler selbst bei TV-Moderatorin Oprah Winfrey zu weinen. Gerührt von all so viel „Happiness“, von so viel Freude.

Williams gibt sich gern Publikumsnah. Wenn es in der Schleyerhalle aus den Reihen kreischt, sagt er „I love you back“ ins Mikro, spricht immer von Stuttgart, während man schon andere Superstars in der Mehrzweckhalle am Neckar was von „Germany“ hat nuscheln hören. Und dann sind da die vielen, vielen Frauen. Gestylt wie für einen Disco-Abend, obwohl ja zeitgleich „Tatort“ läuft. Sie bekommen von Williams den Song „Marilyn Monroe“ gewidmet. Er besingt sie in einer verkürzten Version von „Beautiful“ und lädt ungefähr ein Dutzend aus dem Publikum zum Tanzen zu „She Likes To Move“ auf die Bühne ein. Nicht umsonst heißt sein aktuelles Album „Girl“. Er mag die Frauen, und die Frauen mögen seine Musik, die so organisch klingt. Handgemacht. Auch wenn sie das natürlich nicht ist. Die Vorbilder sind leicht ausgemacht, sie heißen Roy Ayers, Stevie Wonder und Curtis Mayfield, 1970er-Jahre-Soul trifft auf Elekrosounds der Nuller Jahre. Es geht um Friede, Freude, Leichtigkeit. Und manchmal, wenn man die Augen zusammen kneift, dann denkt man, dass hier jemand vielleicht der neue Prince sein möchte. Aber einer, der keine traurigen Lieder singt. Pharell Williams ist der Mann für die gute Laune. Für kurzweilige Unterhaltung. Denn schon nach sechzig Minuten geht er zum Zugabenteil über. Davor aber noch den Überhit „Get Lucky“ von Daft Punk, wieder so ein Glücklichmacher.

Die Marke Pharrell Williams

Pharrell Williams ist längst mehr als ein Musiker. Er ist eine Marke. Jeder möchte mit ihm zusammen arbeiten: Madonna, Britney Spears, Robin Thicke, Snoop Dogg, Justin Timberlake und so weiter und so fort. Die Musik aber ist nur eine Aktivität von vielen. Ín seinem Imperium gibt es Modelinien, unter anderen Billionaire Boys Club und die Marke Icecream. Dann designt er noch Brillen für Louis Vuitton, hat ein Parfüm mit Comme des Garçons auf den Markt gebracht. Er wird in der US-amerikanischen Ausgabe der Casting-Show „The Voice“ als Juror auftreten. Er ist nun auch Designer für Adidas. Die ersten Teile werden diesen Herbst auf den Markt kommen. Auch dafür war das Konzert in der Schleyerhalle eine gute Werbung. Die drei Streifen waren den ganzen Abend überall zu sehen.