Die Pflegestufe, in die ein Mensch eingeordnet wird, richtet sich nicht nur nach der Schwere der Erkrankung, sondern auch nach der Zeit, die für die Pflege notwendig ist. Foto: Fotolia

Das können Angehörige tun, wenn sie mit der Einstufung der Pflegebedürftigen nicht einverstanden sind.

Berlin - Meist kommt der familiäre GAU ganz plötzlich: Ein Schlaganfall, ein Sturz auf der Treppe genügt, um zum Pflegefall zu werden. Studien zufolge wird die Zahl der Pflegefälle in den kommenden Jahren steigen – von derzeit 2,5 Millionen auf 3,5 Millionen Menschen im Jahr 2030. Die Bundesregierung will für diesen demografischen Wandel gut gerüstet sein – und innerhalb der nächsten drei Jahre die Pflegeversicherung grundsätzlich umstellen: Künftig sollen die Pflegebedürftigen nicht mehr drei Pflegestufen zugeteilt werden, sondern fünf Pflegegraden. Vor allem Demenzkranke sollen dadurch verstärkt Geld aus der Pflegeversicherung bekommen.

Bislang können Angehörige für die Pflege kranker Familienmitglieder Hilfen von der Kasse beantragen. Welche Unterstützung ihnen zusteht, entscheiden Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) . Sie geben an, in welcher Pflegestufe der Bedürftige eingeordnet wird. Davon hängt für Betroffene und Angehörige viel ab: Denn daraus ergibt sich, wie viel Geld zur Verfügung steht, was an einen Pflegedienst vergeben werden kann und was die Familie selbst leisten muss. Manche sind jedoch nicht einverstanden mit der Einstufung der Pflegebedürftigen. Was sie in solchen Fällen tun können, erklären Experten:

Wie oft wird die Einstufung in der Regel überprüft?
Das Gutachten nehmen meist Krankenschwestern, Altenpfleger oder Ärzte vor. Wie diese Gutachter die Einstufung neu einschätzen, lässt sich pauschal nicht sagen. Fristen dafür gibt es nicht, erklärt Christiane Grote vom Medizinischen Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen. Bei einer Verschlechterung des Gesundheitszustandes müssten Angehörige selbst aktiv werden.
Was ist für die Einstufung entscheidend?
Die Pflegestufe richtet sich nicht nur nach der Schwere der Erkrankung, sondern auch nach der Zeit, die für die Pflege notwendig ist. Hierzu wird zum einen die Hilfe bei der Körperpflege, beim Essen oder etwa beim Aufstehen und Treppensteigen gerechnet. Hinzu kommen Aufgaben im Haushalt wie beispielsweise einkaufen, Wäsche waschen oder putzen.
Was können pflegende Angehörige tun, wenn sie mit der Einstufung der Bedürftigen nicht einverstanden sind?
„Wer nicht einverstanden ist, kann auf jeden Fall Einspruch erheben“, sagt die Expertin Christiane Grote vom Bund der Krankenkassen. Allerdings sollte dieser Einspruch schnell erfolgen: Innerhalb eines Monats nach Bescheid kann der Angehörige der Einstufung widersprechen. Bei einem Widerspruch macht der MDK ein zweites Mal einen Hausbesuch, aber mit einem anderen Gutachter. Wer die Vier-Wochen-Frist versäumt, kann erst ein neues Gutachten erstellen lassen, sofern sich der Gesundheitszustand des Kranken nachweislich verschlechtert hat. Dann kann ein sogenannter Höherstufungsantrag gestellt werden, sagt die MDK-Expertin Christiane Grote. „Damit wird eine erneute Begutachtung beantragt. Diese muss dann mit der Verschlechterung der Situation des zu Pflegenden begründet werden.“
An wen kann man sich für eine erneute Überprüfung der Pflegestufe wenden?
Dazu reicht ein einfaches Schreiben an die zuständige Pflegekasse, bei der man versichert ist. Die beauftragt dann den Medizinischen Dienst, der sich um ein weiteres Gutachten kümmert.
Wie können sich Angehörige auf eine Begutachtung vorbereiten?
Entscheidend ist, bei einem Gutachterbesuch ein möglichst umfassendes Bild von der Situation zu geben. Alle Berichte von Haus- und Fachärzten sowie einzunehmende Medikamente sollten bereitgestellt werden. Auch Pflegepersonen sollten möglichst hinzugezogen werden, sagt Grote. „Das müssen keine professionellen Pfleger sein.“
Kann das Vorlegen eines Pflegetagebuchs bei der Einstufung helfen?
Die Aufschriebe in einem Pflegetagebuch können sehr hilfreich sein. „Damit können Angehörige engmaschig protokollieren, welcher Pflegeaufwand wirklich anfällt“, sagt Christiane Grote vom MDK. So wird beispielsweise genau notiert, wie lange der Pflegende in etwa braucht, um seine Mutter oder seinen Vater ins Bad zu begleiten, ihn zu waschen und anzuziehen oder ihm Essen zuzubereiten. Damit die Aufschriebe aus dem Tagebuch aber auch aussagekräftig sind, sollte dieses Tagebuch über ein bis zwei Wochen geführt werden.