Im November sollen die ersten beiden Senioren-WGs bezugsfertig sein. Foto: dpa

Im November werden zwei Wohnungen fertig gestellt, die in Zukunft 16 Menschen einen Platz in einer Senioren-WG bieten werden. Eine Wohngemeinschaft in Rot richtet sich speziell an türkischstämmige Menschen.

Zuffenhausen - Für das Jahr 2020 wird ein erheblicher Mangel an Pflegeplätzen in Stuttgart prognostiziert. Allein in den fünf nördlichen Bezirken geht das Sozialamt von mehr als 200 fehlenden Betten aus (wir berichteten). Neben dem Ausbau der stationären Pflege soll diesem Mangel mit Wohngemeinschaften (WGs) für Senioren und Pflegebedürftige begegnet werden. „Dieses Angebot kommt der Versorgung in der eigenen Wohnung am nächsten“, sagt Ina Friedmann vom Sozialamt.

Im November sollen zwei Wohnungen fertig werden

Auf dem Schoch-Areal in Feuerbach beispielsweise seien zwei solche WGs mit je acht oder neun Pflegeplätzen geplant. Wann sie bezogen werden können, ist allerdings noch unklar, die Abrissarbeiten auf dem ehemaligen Industriegelände haben erst jüngst begonnen. In Zuffenhausen bietet die Else-Heydlauf-Stiftung bereits seit einigen Jahren acht Pflegeplätze in einer WG an der Schozacher Straße an. Und an der Olnhauser und der Auricher Straße baut derzeit die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) insgesamt 90 neue Wohnungen – in zwei davon sollen selbstverwaltete Pflege-Wohngemeinschaften unterkommen. Die beiden rund 230 Quadratmeter großen Wohnungen sollen im November dieses Jahres fertiggestellt werden und insgesamt 16 pflegebedürftigen Menschen Platz bieten.

Wie auch an der Schozacher Straße sollen in den beiden WGs Alltagsbegleiter den Tagesablauf organisieren und die Bewohner je nach Fähigkeiten in das Alltagsgeschehen integrieren. So entscheiden die Bewohner gemeinsam über das Essen und helfen, soweit sie können, bei Alltagsaufgaben mit, auch um sich fit zu halten. Gleichzeitig bietet das WG-Leben viel Raum für Individualität. Die Bewohner stehen auf, wenn sie ausgeschlafen haben, und gehen ins Bett, wenn sie müde sind – nicht dann, wenn der Pflegeplan das vorsieht. Dank der Organisationsform bestimmt die Wohngemeinschaft auch selbst über einen Pflegedienst, der sich um die Bewohner kümmert. Für alle Entscheidungen sind also die Bewohner oder, wenn sie das nicht mehr können, die Angehörigen zuständig.

Eine WG speziell für türkischstämmige Menschen

Eine der WGs ist speziell für türkischstämmige Menschen gedacht. In der türkischen Kultur sei es eher unüblich, pflegebedürftige Familienangehörige in Einrichtungen zu geben, heißt es von Seiten der SWSG. Vor allem die Töchter und Schwiegertöchter würden die Eltern zu Hause pflegen, was aber immer seltener gelinge. Dank der Senioren-WG, bei der die Mithilfe der Angehörigen Teil des Konzepts ist, könnten Kinder ihre tief empfundene Pflicht zur Hilfe gegenüber pflegebedürftigen Eltern erfüllen, ohne durch den Spagat zwischen dem Beruf und den Pflegeaufgaben zu Hause überfordert zu sein.

Diese „kultursensible Pflege“ komme aber auch den künftigen Bewohnern entgegen, sagt Ina Friedmann: „Generell entwickeln Zugezogene im Alter wieder eine größere Heimatbezogenheit.“ Deswegen sollen etwa die muslimischen Fest- und Feiertage entsprechend begangen werden. Häufig gehe es dabei aber eher um Kleinigkeiten. Beispielsweise darum, dass die Schuhe vor der Haustüre ausgezogen werden, oder dass Tee angeboten werde.

Überhaupt soll in den Wohngemeinschaften viel türkisch gekocht werden, sagt die Sozialplanerin: „Die Küche und die Sprache sind Dinge, die im Alter wichtiger werden.“ Vor allem bei Demenz gehe häufig die zweite Sprache, die erlernt wurde, wieder verloren, erklärt Ina Friedmann. Deswegen werde auch darauf geachtet, dass die Mitarbeiter in den Wohngemeinschaften türkisch sprechen können.

Weitere Informationen:

Infoabend
: Aysel Özdemir, interkulturelle Beraterin mit türkischen Vorfahren, stellt das Konzept am Freitag, 24. Juli, um 17 Uhr in der Feuerbacher Yeni Camii Moschee an der Mauserstraße 19 vor. Vertreter der SWSG und der Stadt Stuttgart beantworten Fragen.