Peter Hauk, Fraktionschef der CDU im Landtag Foto: dpa

Landes-CDU im Umfragetief: Fraktionschef Peter Hauk gibt sich im Interview kämpferisch.

Wie geht es weiter bis zur Landtagswahl? Ab heute gehen die Parteien in Klausur. In der Koalition ist die Stimmung gedrückt. CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk gibt sich im Interview dennoch kämpferisch.

Herr Hauk, der Ministerpräsident hat angekündigt, dass Gutachter Paul Kirchhof nun das Thema Stuttgart 21 nochmals prüft. Ist das die letzte Hintertür zum Projektausstieg?

Nein, im Gegenteil. Mit dem externen Blick in die Landesverfassung soll der Durchblick geschärft werden, um herauszufinden, ob ein Volksentscheid überhaupt machbar wäre. Wobei ich schon jetzt davon überzeugt bin, dass dies nicht der Fall ist.

Selbst eine Rückenstärkung von Kirchhof wird Ihnen nicht sofort helfen, die Umfragewerte für die CDU-FDP-Koalition zu heben.

Das sehe ich anders. Wir sind in der Lage, die Meinungsführerschaft beim Thema Stuttgart 21 zurückzugewinnen. Dafür gibt es einen ungebrochenen Willen und die notwendige Kampfbereitschaft. Vielleicht gelingt das nicht vollständig in Stuttgart, aber in der Fläche des Landes auf jeden Fall. Die CDU-Landtagsfraktion wackelt nicht.

Ministerpräsident Mappus setzt für das Projekt sein politisches Schicksal aufs Spiel.

Natürlich beeinflussen Projekte manchmal Wahlentscheidungen. Aber ich bin mehr denn je überzeugt, dass die guten Argumente auf unserer Seite sind. Wir schauen mit diesem Projekt ja nicht auf den nächsten Wahltag, sondern weit darüber hinaus.

Vielen Protestierenden geht es nicht mehr allein um Stuttgart 21, sondern um den Vorwurf, "die da oben, wir hier unten".

Es ist wahr, dass wir mit der Dimension des Protestes nicht gerechnet haben. Wir wollen jetzt aber alles daransetzen, dass wir diejenigen, die sich bisher nicht gut informiert fühlen, mit den nötigen Fakten versorgen.

Und die Argumente kommen nicht zu spät, um ein drohendes Ende dieser Koalition bei der Landtagswahl 2011 zu vermeiden?

Wir alle wissen, dass Wahlen immer kurzfristiger entschieden werden. Ich glaube nicht, dass das Thema Stuttgart 21 allein wahlentscheidend sein wird.

Auf Ihrer Klausurtagung beschäftigen Sie sich mit Routinethemen wie Abwassergebühren, Dienstrechtsreform und Maiswurzelbohrer. Manchen Abgeordneten ist das herzlich egal, die fürchten immer mehr um ihre Mandate.

Eine Fraktionsklausur ist zunächst mal eine Arbeitsklausur. Da spielen alle politisch relevanten Themen eine Rolle. Wahlkampf findet erst im nächsten Jahr statt. Natürlich werden wir uns bei der Klausur auch ausgiebig mit Stuttgart 21 beschäftigen. Aber es gibt auch andere Dinge auf der politischen Agenda wie das Thema Integration.

"Das ist kein Rechtsruck"

Sie sind Thilo Sarrazin also dankbar.

Warum sollte ich das sein?

Weil er Ihnen ein neues Wahlkampfthema beschert hat, mit dem die konservative Klientel mal wieder bedient wird.

Sicherlich werden wir die Dinge, die wir heute schon im Bereich Integration tun, jetzt verstärken. Und ich denke, dass wir vieles, was wir bisher schon für die Integration getan haben, was aber nicht diesen Titel trug, unter diese Überschrift setzen.

Zum Beispiel?

Die frühkindliche Bildung, mit der wir versuchen, auch Kinder aus Migrantenfamilien auf ein gemeinsames Einstiegsniveau für die Grundschule zu bringen. Wir kümmern uns also sehr wohl um Problemgruppen. Gerade im Bereich Bildung sind Migranten oft eine Problemgruppe. Unser Ziel bleibt es aber, keinen auf der Strecke zu lassen.

Viele Bürger haben das Gefühl, dass sich manche Migranten nicht integrieren lassen wollen.

Das ist wahr. Wir fühlen uns deshalb bestätigt, wenn der Bund jetzt das Elterngeld bei Hartz-IV-Empfängern kürzt. Es kann nicht sein, dass die Verkäuferin, die in Elternzeit geht und dann mit 300 Euro Elterngeld auskommen muss, am Ende weniger hat als derjenige, der den Hartz-IV-Betrag und dazu noch das Elterngeld erhält. Das zu ändern ist ein Akt der sozialen Gerechtigkeit.

Was wollen Sie inhaltlich ändern?

Darüber werden wir in den nächsten Wochen intensiv beraten. Aber sicher ist im Bereich des Verwaltungsvollzugs, also der Überprüfung von Sozialleistungen, noch einiges zu tun. Oder, ein anderes Beispiel: Wie können wir es schaffen, dass in Migrantenfamilien mehr Deutsch gesprochen wird?

Sie können keine Mutter zwingen, zum Elternabend zu kommen, wo sie bisher schon nicht war, weil sie kein Deutsch versteht.

Nein, wir werden die Mütter nicht zwingen können. Unsere Bildungsoffensive zielt darauf ab, dass wir Eltern mit Migrationshintergrund verstärkt in das schulische Leben einbeziehen. Wenn das aber alles nicht fruchtet, wird man sich überlegen müssen, ob wir die Leistungen des Staates nicht an bestimmte Pflichten der Eltern koppeln müssen. Es kann nicht sein, dass die Gelder des Staates zwar abgeschöpft werden, man aber nichts dafür tut, sich in unsere Gesellschaft einzugliedern.

Die Gefahr ist groß, dass Ihnen das vor der Landtagswahl als Rechtsruck ausgelegt wird.

Das ist kein Rechtsruck, sondern trifft das Gerechtigkeitsempfinden der Bürger und ist eine konsequente Fortsetzung unserer Politik. Wenn finanzielle Anreize nicht helfen, muss man eben härtere Bandagen anlegen.