Ebenso farben- wie lebensfroh: Die peruanische Hauptstadt Lima putzt sich beim„National Identity Parade“ heraus, wenn die verschiedenen Regionen des südamerikanischen Landes ihre kulturelle Vielfalt zeigen. Foto: dpa

Peru ist ein Land der Gegensätze : Die Anden trennen die trockenen Wüsten im Westen von den Regenwäldern im Osten. Eine Rundreise.

Machu Picchu
Mitten im Labyrinth der Granithäuser liegt ein künstlich angelegter Pflanzengarten. Hier wachsen Avocados, Passionsfrüchte, Erdnüsse, Cocapflanzen. Cocapflanzen? Die Inka, die einst hier oben auf 2400 Metern lebten, bauten alles an, was sie für ihren täglichen Bedarf benötigten. Cocapflanzen gehörten nicht dazu. Sie wachsen nicht in Höhen über 1200 Metern. Aber weil Touristen in Peru überall Menschen erwarten, die Blätter kauen, setzt der Gärtner eben alle drei Wochen eine neue Pflanze in die Erde. Machu Picchu ist ein Geheimnis aus Stein und 3000 Stufen. Und ein bisschen auch Illusion. Dieser Mythos wird gepflegt - und das aus gutem Grund. Früher lebten hier zwischen 500 und 800 Inka. Heute kommen täglich bis zu 4000 Touristen. Sie bezahlen rund 20 Millionen Euro allein an Eintrittsgeldern, die Region rund um Machu Picchu („alter Gipfel“) erwirtschaftet 90 Prozent der Einnahmen des peruanischen Tourismus. „Machu Picchu ist unser Disneyland“, sagt Reiseführer Carlos Cisneros H., „es fehlen nur Rolltreppen.“ Und trotzdem: Eine Peru-Reise ohne Abstecher in die rätselhafte Stadt mit ihrem einmaligen Panorama ist wie ein Konzert von Simon & Garfunkel ohne das Lied „El cóndor pasa“ - unvollendet. Machu Picchu ist die einzige von einst 60 Inka-Städten, die von den spanischen Eroberern nicht entdeckt und somit auch nicht zerstört wurde. Erst 1911 fand US-Archäologe Hiram Bingham das Wunderwerk der Baukunst auf dem künstlich angelegten Hochplateau. Für ihre Gebäude bewegten die Inka 80 Tonnen schwere Steine - ohne das Rad zu kennen, nur mit Fett und schiefen Ebenen. Die Mauern errichteten sie ohne Mörtel und Fugen, die Steine sind auf intelligente Weise verzahnt. „Wenn wir heute eine Siedlung auf dem Mond bauen würden“, sagt Carlos Cisneros H., „wäre das mit der Leistung der Inka vergleichbar.“ Warum die autarke Stadt in den Bergen errichtet wurde, ist ein Rätsel. Erklärungsversuche gibt es mindestens so viele wie Regentage im Jahr - 270. Am wahrscheinlichsten ist, dass hier eine Art Universität für die Elite war. Die Oberschichtler lebten als Selbstversorger und dank ihres Ackerbaus sogar ziemlich gut. Auch ohne Cocablätter.

Cusco
Der Heimvorteil ist weg. Seit der Fußball-Weltverband Fifa Duelle in extremer Höhe verboten hat, darf das peruanische Nationalteam nicht mehr in Cusco (3416 m) spielen - weshalb der Elf auch in der Qualifikation für die WM 2014 die Luft ausgeht. Peru wird bei dem Turnier in Brasilien wohl erneut fehlen. Doch Cusco ist auch ohne Fußball sehenswert. Das Leben in Perus Tourismus-Hauptstadt spielt sich in der Altstadt mit ihren vielen kleinen Gässchen und den restaurierten Häusern ab - und auf dem wunderschönen Plaza de Armas, dem Mittelpunkt des Inkareiches. Hier steht auch die Kathedrale, in der es an jeder Ecke funkelt. „Die spanischen Eroberer“, sagt Cisneros H., „haben damals Gold und Silber im Wert von drei Milliarden Euro nach Europa verschifft - pro Monat!“ Und der Rest, so könnte man meinen, steckt in der Kathedrale von Cusco. Dazu passt die glänzende Aussicht, die sich einem in der Festungsruine Sacsayhuaman oberhalb der Stadt bietet. „Hier“, sagt der Fremdenführer und strahlt mit der Sonne um die Wette, „ist es noch viel schöner als in Machu Picchu.“

Dschungel Moises
Sanchez Perez steht am Bug des Holzbootes, einen riesigen Scheinwerfer in der Hand. Er sucht das Ufer des Madre de Dios ab. Wasserschweine tummeln sich hier mit ihren Jungen, auch die Augen eines Kaimans blitzen auf. Perez lächelt zufrieden. Er gehört zu den Rangern der Inkaterra Lodge. Die Hacienda, gut eine halbe Bootsstunde von der Universitätsstadt Puerto Maldonado entfernt, ist Teil einer neuen Idee. Rund 60 Prozent Perus bestehen aus Regenwald, hier entspringt der Amazonas. Nun sollen vermehrt Touristen in dieses Gebiet gelockt werden - verbunden mit Naturschutz- und Forschungsprojekten. So wie in der Inkaterra Lodge, zu der 20 000 Hektar Regenwald gehören und in deren Nähe Werner Herzog einst „Fitzcarraldo“ drehte. Und die Natur ist auch sehenswert, am besten auf dem Canopy Walk. Diese sieben Hochseil-Hängebrücken, insgesamt 700 Meter lang, wurden von US-Amerikanern gebaut. In 35 Meter Höhe hat man einen gigantischen Blick auf die verschiedenen Stockwerke des Regenwaldes. „Keine Angst“, sagt Moises Sanchez Perez und lacht, „oben geblieben ist noch niemand.“

Lima
Es ist noch nicht lange her, da wollten Peruaner nur eines: weg aus ihrem Land. In den vergangenen zehn Jahren hat sich dieser Trend umgekehrt. Die politische Lage ist stabil, die Wirtschaft wächst jährlich um rund sieben Prozent. Vor allem Lima ist attraktiv. In der Hauptstadt wohnt ein Drittel der rund 27 Millionen Peruaner. Natürlich sind nicht alle 43 Stadtviertel gleichermaßen beliebt, doch der Trend ist eindeutig: Lima putzt sich heraus. Überall reinigen Straßenkehrer Plätze und Parks, am Meer befindet sich eine Großbaustelle - dem Pazifik wird ein breiter Sandstrand abgerungen. Ansonsten sind die Peruaner für ihr Glück selbst verantwortlich: Es gibt weder Sozialhilfe noch Arbeitslosengeld, dafür ist jede Ampel ein Arbeitsplatz. 30 Sekunden haben die Straßenhändler während der Rotphasen Zeit, Getränke und Zeitungen zu verkaufen oder die Scheiben zu putzen. Überwacht wird alles von den vielen Polizisten auf den Straßen, die meisten von ihnen Frauen. Warum? Weil Männer sich leichter bestechen lassen, vertraut der Staat vor allem auf Polizistinnen.

Titicacasee
Der Titicacasee zieht auch deshalb so viele Touristen an, weil er ein See der Superlative ist: Mehr als 15-mal so groß wie der Bodensee, 66 Inseln, auf 3810 Metern gelegen, umrahmt von den Gipfeln der Anden. Allerdings gibt es ähnliche Probleme wie bei vielen anderen Seen: Der Wasserstand nimmt ab, die Verschmutzung zu, der Lebensraum vieler Menschen und Tiere ist bedroht. Zum Beispiel in der Bucht von Puno. Rund 120 000 Einwohner hat die Stadt, aber keine Kläranlage. Und auch die Abwässer aus den Silberminen fließen ungefiltert in den See. Der größte Trinkwasserspeicher Südamerikas wurde deshalb zum „Bedrohten See 2012“ ernannt. Ob sich nun etwas ändert? Die Uros hoffen es. Sie leben auf rund 80 schwimmenden Inseln in der Nähe von Puno . Ihre Inseln, die Hütten darauf und ihre Boote sind aus Schilf gebaut. Sie nehmen, was der See ihnen gibt. „Ein anderes Leben“, sagt Pablo, Chef auf der Schilfinsel Apuinti, „wäre für uns kein Leben.“ Deshalb haben sie sich geöffnet, führen nun vor, was sie sich erschaffen haben. Auch wegen der Uros kommen die Touristen zum See, und alle sehen: Es ist Zeit, gegen die Verschmutzung anzukämpfen. Höchste Zeit.

Infos zu Peru

Anreise
Flüge von Stuttgart, Frankfurt oder München nach Lima haben etliche Fluggesellschaften im Angebot, allerdings nicht als Direktflug, Air France zum Beispiel fliegt via Paris. ( www.airfrance.de ), LAN via Madrid. Auch innerhalb des Landes empfiehlt sich die peruanische Fluggesellschaft ( www.lan.com ).

Rundreise
Wer Peru nicht auf eigene Faust mit dem Rucksack erkunden will (Spanischkenntnisse sehr hilfreich!), kann bei vielen Veranstaltern pauschale Flug-/Busreisen buchen, zum Beispiel 16 Tage „Peru - Versunkenes Reich der Inka“ bei Meier’s Weltreisen ab 3403 Euro ( www.meiers-weltreisen.de ). Peru-Rundreisen haben auch viele weitere Reiseveranstalter im Programm, Infos zum Beispiel unter www.studiosus.com , www.rundreisen.de oder www.viventura.de

Tipps
Nur zwei Wege führen nach Machu Picchu. Entweder vier Tage zu Fuß über den 43 Kilometer langen Inka-Pfad, was zumindest ein halbes Jahr vorher gebucht werden sollte (www.perutreks.com ). Oder per Zug ab Ollantaytambo, ab rund 80 Euro ( www.perurail.com ). Wer es nobel mag, bucht den Zug Hiram Bingham - mit zwei Menüs, Cocktails, Live-Musik, Panorama-Waggon und Reiseführer (ca. 500 Euro pro Person). In Lima unbedingt das Museum Rafael Larco Herrera mit seinem wunderschönen Garten besuchen. Es beherbergt die weltweit größte Privatsammlung präkolumbianischer Kunst aus Peru ( www.museolarco.org ).

Was Sie tun und lassen sollten
Auf jeden Fall Inca Kola trinken. Von dem goldenen Getränk, das 1935 vom Deutschen Isaac Lindley erfunden wurde und nach Kaugummi schmeckt, wird in Peru mehr verkauft als von Coca-Cola. Hergestellt wird es inzwischen von der Coca-Cola-Company.

Auf keinen Fall versuchen, in Cusco ein Haus zu bauen - der Quadratmeter Bauland kostet bis zu 3000 Euro. Allein das frisch renovierte Hotel Maritim im Herzen von Cusco verschlang rund 40 Millionen Euro.

Allgemeine Informationen
PromPerú Repräsentanz Deutschland, Tel. 069 / 24 24 66 42, www.peru.travel .

Reiseinfos zu Peru beim Auswärtigen Amt, www.auswaertiges-amt.de