Die Bewässerung der städtischen Grünanlagen in Wohngebieten und gehört zu den kommunalen Aufgaben. Es fehlt an Personal. Foto: Sägesser, Lichtgut/Piechowski

Viele städtische Ämter ächzen unter der Arbeitsverdichtung und können ihre Pflichtaufgaben kaum noch erfüllen. Der Personlaratschef kritisiert mit markigen Worten den Sparkurs.

Stuttgart - Wenn ein Stadtrat die Gießkanne schwenken muss, damit das städtische Grün vor seinem Haus die sommerliche Hitze einigermaßen übersteht, dann muss Not am Mann sein. Matthias Oechnser (FDP) hat am Mittwoch im Verwaltungsausschuss in der Debatte um die Finanzlage der Landeshauptstadt am eigenen Beispiel demonstriert, wo es klemmt: In der Stadtverwaltung mit ihren rund 14 000 Beschäftigten, die sich auf gut 11 000 Stellen verteilen, fehlt es an Personal. Allein das Garten- und Friedhofsamt hat Bedarf für 20 weitere Personalstellen angemeldet, um bei der Pflege der städtischen Grünanlagen, Spielplätze und dem Rückschnitt der rund 185 000 Bäume (wohlgemerkt ohne den Stadtwald) einigermaßen hinterherzukommen.

Amtsleiter Volker Schirner ist bei weitem nicht der Einzige, der mit Personallücken zu kämpfen hat. Auch im Hochbauamt, unter anderem zuständig für die Planung und Genehmigung der beschlossenen Schul- und Sporthallensanierungen, für die jährlich 50 Millionen Euro zur Verfügung stehen, gibt es einen Fehlbedarf von mindestens 21 Stellen. Die Folge: die Sanierungen verzögern sich um Jahre. Klagen über massive Arbeitsverdichtung kommen auch aus der Ausländerbehörde und dem Tiefbauamt oder der Straßenverkehrsbehörde. Auch die Personalgewinnung wird laut Freitag zunehmend schwierig, und das nicht nur, weil die Arbeitsbedingungen bei der Stadt vielen unattraktiv erscheinen: Es gibt in der für Personalrekrutierung zuständigen Abteilung des Hauptamts zu wenig Personal.

1800 Stellen weniger als noch vor sieben Jahren

Insgesamt circa 350 neue Stellen haben die Fachämter bisher bei der Rathausspitze für die kommenden Haushaltsberatungen angemeldet. Für Markus Freitag, den Vorsitzenden des städtischen Gesamtpersonalrats, wäre das allenfalls ein Signal, „dass man umsteuern will“, wie er sagt. Freitag beziffert den realen Mehrbedarf deutlich höher, allein schon deshalb, weil in den kommenden sechs Jahren altersbedingt bis zu 3000 Mitarbeiter aus den Diensten der Stadt ausscheiden. Gemessen am Stellenbestand und Haushaltsvolumen, so rechnet der Gesamtpersonalratsvorsitzende vor, gebe es heute rund 1800 Stellen weniger bei der Stadt als noch 2010 – und das trotz des Ausbaus der Kindertageseinrichtungen mit 750 neuen Erzieherstellen im gleichen Zeitraum.

Weil die Stadt gleichzeitig Jahr für Jahr wegen der guten Konjunktur enorme Überschüsseerwirtschaftet, wächst auch im Rat der Druck auf OB Fritz Kuhn (Grüne) und Kämmerer Michael Föll (CDU), im Haushaltsplanentwurf mehr Geld für Personal zur Verfügung zu stellen. Dass Föll nicht müde wird, vor möglichen konjunkturellen Einbrüchen in der Zukunft zu warnen und vorsichtshalber erneut jährliche Einsparmaßnahmen zur strukturellen Verbesserung des Stadthaushalts in Höhe von rund 26 Millionen Euro pro Jahr inklusive Personalkürzungen ins Spiel bringt, nennt der Personalratschef „Suizid aus Angst vor dem Tod“.

Gemeinderat sieht mehrheitlich Bedarf für Aufstockung des Personals

Dass die Rathausspitze – gleich welcher Couleur – stets zur Vorsicht mahnt und die Einnahmeerwartungen in der mittelfristigen Finanzplanung immer geringer werden, ist ein Ritual. Unter den CDU-Rathauschefs Manfred Rommel und Wolfgang Schuster war in den vergangenen Jahrzehnten der Schuldenabbau oberstes Prinzip der Haushaltsführung, in mehreren Konsolidierungsrunden wurden mit Zustimmung der Stadträte Stellen in der Verwaltung abgebaut.

Der Effekt: Die Schulden wurden um mehr als eine Milliarde Euro reduziert. Heute steht statistisch jeder Einwohner nur noch mit 94 Euro in der Kreide. Investiert wurde insbesondere in millionenschwere Prestigeobjekte wie etwa das Kunstmuseum oder die neue Stadtbibliothek und in die Kinderbetreuung. Die Unterhaltung von Schulen, Straßen, Sportplätzen und Bädern kam zu kurz: Viele Bürger ärgern sich über zugewachsene Wege, stillgelegte Brunnen, zugemüllte Spielplätze oder Schlaglöcher im Straßennetz.

Fritz Kuhn setzt andere Prioritäten als seine Vorgänger: Millionenschwere Investitionen in den ÖPNV, in Radwege, intelligente Mobilitätskonzepte, Parkraumanagement und mehr Grün in der Stadt sind aber auch personalintensiv. Der OB, der immer wieder die hohe Lebensqualität in Stuttgart preist, wird im Haushaltsplanentwurf nicht umhin können, neue Stellen auszuweisen, um den Sanierungsstau bei den Schulen abzubauen und Straßen, Parks, Brunnen und Sportplätze in Schuss halten zu können. Ansonsten, so der Tenor der Fraktionen im Verwaltungsausschuss, werde ihm der Gemeinderat während der Haushaltsberatungen im Herbst mit eigenen Initiativen das Heft des Handelns aus der Hand nehmen.