Finanzminister Wolfgang Schäuble hält die Abgeltungsteuer bald für verzichtbar. Foto: dpa

25 Prozent von x ist besser als 45 Prozent von nix. Dieser Slogan, mit dem der damalige Finanzminister Peer Steinbrück für die Abgeltungsteuer warb, hat sich bald überlebt.

Berlin - Neulich in Berlin: Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) machte eine seiner legendären Nebenbemerkungen. Eigentlich ging es um die Steuerschätzung, um die finanzpolitischen Perspektiven der nächsten Jahre. Doch dann ließ er mal eben durchblicken, was er von einem Steuerprivileg hält. Ein Privileg, von dem diejenigen profitieren, in großem Stil Kapitalanlagen besitzen, viele Aktien, Fonds , oder über nennenswerte Zinseinnahmen verfügen.

Schäuble sprach von der Abgeltungsteuer. Der 2009 von seinem Vorgänger Peer Steinbrück (SPD) eingeführten pauschalen Besteuerung von Kapitalerträgen in Höhe von 25 Prozent zuzüglich Solidarzuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer. Schäuble ist ein nüchterner Denker. Ein SPD-Politiker hätte vielleicht argumentiert, wie ungerecht es sei, Kapitalerträge deutlich niedriger zu besteuern als Einkünfte aus Erwerbsarbeit. Vom Lohn gehen ja bis zu 45 Prozent an Steuern ab. Nein, der CDU-Politiker gab zu bedenken, dass er die Abgeltungsteuer bald für entbehrlich halte. Der Bundestag wird in diesen Wochen das Gesetz für den automatischen Steuerdatenaustausch mit einer Vielzahl von Ländern, darunter auch ehemalige klassische Steuerparadiese – beschließen. Und dann, so die Argumentation Schäubles, sei die Abgeltungsteuer, diese Flat tax auf Zinsen, Dividenden und Veräußerungserlöse, überflüssig. Denn dann sei völlig transparent, wo ein deutscher Anleger sein Kapital parkt und welche Erträge er daraus kassiert. Dann kann das heimische Finanzamt mit einfachen Mitteln nachvollziehen, ob die Angaben des Steuerpflichtigen zu Zinsen und Dividenden stimmt.

Damit hat sich dann die Argumentation erledigt, die seinerzeit die Einführung der Abgeltungsteuer gerechtfertigt hat: Damals hieß es stets, das Kapital sei flüchtig wie ein scheues Reh. Vermögende würden ihre Depots und Bankkonten in Niedrigsteuerländer transferieren, also einen Bogen um das Hochsteuerland Deutschland machen. Steinbrück hatte seinerzeit seinen empörten Genossen die Abgeltungsteuer mit dem Slogan schmackhaft machen wollen: „25 Prozent von X ist besser als 45 Prozent von nix!“

Datenaustausch kommt 2017

Ernst wird es mit dem Datenaustausch schon 2016. Die Daten für das Steuerjahr 2016 sollen, so der Plan, Mitte 2017 überspielt werden. Ganz so schnell wir Schäuble die Steuer aber nicht abschaffen. Er peilt es für die nächste Wahlperiode an, also irgendwann nach Herbst 2017.

Dass es Schäuble nicht so eilig hat, hat Gründe. Kaum jemand in der Unions-SPD-Regierung nimmt das Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von 2013 an die Wähler – keine Steuererhöhungen bis 2017 – so ernst wie Schäuble. Nicht einmal die Tabaksteuer will er erhöhen, obwohl die Lobbyisten der Industrie immer wieder im Finanzministerium auf der Matte stehen und darauf drängen, weil sie im Geleitzug einer Mini-Steuererhöhung auch die Packungspreise anpassen wollen.

Dennoch hat Schäuble umgehend scharfen Widerspruch im eigenen Lager bekommen: Der bayerische Finanzminister Markus Söder warnte vor der Abschaffung der Abgeltungsteuer. So ein Schritt würde „dem Finanzplatz Deutschland Schaden zufügen“. Außerdem, so Söder weiter, seien 25 Prozent Abgeltungsteuer im internationalen Vergleich doch „üppig“.

Beifall bei der SPD

Die Finanzpolitiker der Unionsfraktion im Bundestag halten sich in der Frage auffallend zurück. Vermutlich würden sie die Abschaffung der Abgeltungsteuer aber mittragen, solange die Operation nicht noch in dieser Wahlperiode stattfinden soll. Der Beifall bei Grünen und Linken wäre ihm sicher. Auch von Seiten der SPD, mit der die Union im Bund koaliert, kamen Solidaritätsadressen. NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. ließ mitteilen: Er sei sich leit langem mit Schäuble einig, „dass die Abgeltungsteuer nur eine Nothilfe ist, um Bezieher hoher Zinseinkünfte überhaupt zum Steuerzahlen zu bewegen.“