Heiko Liebhart präsentiert die Ergebnisse über die steigenden Mieten. Foto: Sybille Neth

Seit die Wohnungsgesellschaft Patrizia Eigentümerin ist, hat sich die Situation der Bewohner verschlechtert. Die Mieten steigen, die Renovierungen stocken.

S-Nord - Die Stimmung ist unter dem Nullpunkt bei den Mietern der Patrizia-Wohnungen im Nordbahnhofvierte. Wie berichtet. bekommen sie wieder einen neuen Vermieter, die Deutsche Annington, die sich jetzt Vonovia nennt und die größte Wohnungsgesellschaft in Deutschland ist. Am Freitag hatte die Mieterinitiative LBBW Patrizia zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Gut 50 Betroffene waren ins Haus 49 gekommen, auch Mieter aus Stammheim waren darunter. Die Hälfte der insgesamt 3700  Vonovia-Wohnungen liegt im Nordbahnhofviertel. Seit dem ersten Besitzerwechsel im Jahr 2012 hat sich die Lage der Mieter verschlechtert, stellt die Initiative fest und blickt skeptisch in die Zukunft, zumal die Sozialklausel für die Wohnungen Ende kommenden Jahres ausläuft.

Wie sich die Mietpreise seit der Übernahme der Wohnungen der früheren LBBW-Immobilien GmbH durch die Patrizia nach oben entwickelt haben, zeigt eine Umfrage der Initiative. Die Erhebung beruht zwar nur auf den Angaben von 32 langjährigen und 14 neuen Mietern, gebe aber den Trend wieder, folgert Heiko Liebhart, der die Erhebung ausgewertet hat: „Die Mieten gehen stetig nach oben.“

Vor fünf Jahren war das Wohnen noch günstiger

In den sogenannten Bestandswohnungen liegen sie derzeit zwischen sechs und elf Euro pro Quadratmeter, bei den Neuvermietungen zwischen neun und 12 Euro. Vor fünf Jahren war das Wohnen im Nordbahnhofviertel noch günstiger, wie die von Liebhart ermittelte Tabelle zu den Mieterhöhungen zeigt. Die Preissteigerungen liegen zwischen einem und 14 Prozent. Während der Anstieg in den Jahren 2010/11 bei 5,9 Prozent lag, kletterte er aktuell auf 7, 7 Prozent in die Höhe. Im Abstand von 15 Monaten erhalten die Mieter von der Hausverwaltung, der Süddeutschen Wohnen GmbH (Südewo), Mieterhöhungsforderungen. „Der gesetzliche Rahmen wird voll ausgereizt“, sagt Hans Georg Glaser von der Initiative. „Die Gesetze sind mieterfeindlich und sollten dringend überdacht werden, damit börsendotierte Unternehmen gebremst werden“. fordert er.

Glaser berichtete von gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Mietern und der Südewo. Diese argumentiert, dass es sich im Nordbahnhofviertel um „Wohnungen mit Vorteilen“ handle, einmal sei gar auf den „besonders hohen Erholungswert des Gebiets“ hingewiesen worden, wie Brigitte Schulz von der Initiative berichtete. Das Amtsgericht sei zu dem Ergebnis gekommen, dass die Mieten im Nordbahnhofviertel im Vergleich zum Stuttgarter Mietspiegel zu hoch angesetzt seien, referierte Glaser. In einem weiteren Verfahren, in dem eine Bewohnerin auf Mietminderung wegen des Lärms durch einen Gebäudeabriss und durch die S-21 -Baustelle geklagt habe und Recht bekommen hatte, habe die Südewo angekündigt, in Berufung zu gehen. Eine der Zuhörerinnen, die vor zwei Jahren eine renovierte Wohnung in der Mittnachtstraße bezogen hatte, berichtete, dass in ihrem Mietvertrag die Klausel enthalten sei, dass eine Mietminderung wegen Baulärms nicht möglich sei.

Schönheitsreparaturen laufen schleppend

Besonders auf die Palme treibt die Mieter die Tatsache, dass sie zwar laufend mehr fürs Wohnen bezahlen sollen, gleichzeitig aber die turnusmäßig fälligen Schönheitsreparaturen nur schleppend ausgeführt werden. In der Miete enthalten ist eine Pauschale für diese Instandhaltungsarbeiten, aber in 70 Prozent der Bestandswohnungen wurden sie in dem fraglichen Zeitraum seit dem Verkauf an die Patrizia nicht ausführt. Glaser appellierte an die Mieter, die Schönheitsreparaturen einzufordern und nicht die damit vorhandenen Mühen zu scheuen. „Sie müssen keine schweren Schränke von den Wänden rücken. Das machen die Handwerker“, sagte er. Darauf berichtete eine ältere Dame, dass die Maler in ihrer Wohnung kurzerhand um die Schränke herum gestrichen haben.

Ein weiteres Ärgernis ist die Abschaffung der Hausmeisterstellen. „Alle Arbeiten werden an Fremdfirmen vergeben und die Zeche zahlt der Mieter“, kritisiere Ursel Beck von der Mieterinitiative SWSG. Mit Hausmeister könnten Kosten gesenkt und Reparaturen schneller erledigt werden.