Patrick von Blume geht als Privatdetektiv in Bad Cannstatt auf Verbrecherjagd Foto: Lichtgut/Clara Ketterer

Patrick von Blume spielt den Privatdetektiv Huck, der gerne am Klavier sitzt und singt. Die Leidenschaft zur Musik teilt von Blume mit der Filmfigur – denn der Schauspieler wäre auch gerne Musiker geworden.

Stuttgart - Herr von Blume, wären Sie manchmal gern jemand anders?

Nö. Ich betrachte mich als viele, wie jeder Mensch aus vielen Anteilen besteht. Nur habe ich als Schauspieler das große Glück, dass ich sie alle kennenlernen kann: Ob es unangenehme Typen sind oder voll nette. Ich kann sie alle sein. Nein, ich bin gern ich selbst.
Sie haben aber zunächst einen ganz anderen Weg eingeschlagen.
Es hat lange gedauert, bis ich Schauspieler wurde. Als Jugendlicher habe ich Musik gemacht, aber das Selbstbewusstsein, Musiker zu sein, hatte ich nicht. Ich wurde Klavierbauer, um der Musik wenigstens nahe zu sein und machte das mehrere Jahre lang. Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich auf der falschen Seite stehe. Das war eine große Krise. Durch Zufall geriet ich in einen neunmonatigen Schauspielerworkshop – das hat mir die Augen geöffnet. Ich habe in Berlin am Theater angefangen, habe in Kurzfilmen gespielt, kam zum Fernsehen und konnte bald davon leben. Und wenn nicht, habe ich eben wieder Klaviere gemacht.
Seit Sie beim Fernsehen sind, haben Sie in vielen Krimis gespielt. In der neuen ARD-Serie Huck übernehmen Sie nun die Hauptrolle. Was hat Sie an dem Charakter gereizt?
Ich habe durch die Serie die Seiten gewechselt, also vom Abseitigen, Verdächtigen, Obskuren zu einer positiven Figur. Huck kennt aber die andere Seite sehr gut und weiß genau: Es braucht nicht viel, dass ein Guter böse wird, oder ein Böser gut. Das liegt sehr nah beieinander. Schließlich kann es die Guten nur geben, weil es auch die Bösen gibt.
Die Rolle scheint naheliegend: Immerhin spielt die Serie in Bad Cannstatt und Sie sind in Ravensburg geboren. Haben Sie als Schwabe Gemeinsamkeiten mit Huck?
Wir sprechen den gleichen Dialekt, haben beide Verwandtschaft in Stuttgart und stehen der Kehrwoche skeptisch gegenüber.
Und welche Gemeinsamkeiten gibt es sonst noch?
Wir lassen uns auf Situationen und Personen ein, egal wie andere darüber denken. Huck kann es sich leisten, darin sehr weit zu gehen - er ist eine Filmfigur. Das ist so einfach! Ich dagegen muss meinen Kindern immer wieder beibringen, was gut und was schlecht ist, obwohl ich das eigentlich ablehne. Außerdem ist Huck locker, gelassen und steht immer ein bisschen neben sich. Dadurch kommt er oft ziemlich in Stress – das geht mir auch so. Ich muss manchmal zu vielen Bedürfnissen gerecht werden und versage dabei kläglich. Genau wie Huck.
Im Titelsong „Mit Herz und Fauscht“ bezeichnen Sie Huck als einen Verwandten des legendären Rosaroten Panther. Ist er genauso tollpatschig wie Inspektor Clouseau?
Nein, der ist nicht tollpatschig. Die Serie ist natürlich auch lustig, aber keine Slapstick-Komödie.
Im Trailer zur Serie nehmen Sie es mit einer Rockerbande auf – was erwartet die Zuschauer sonst noch an Action?
Die Rocker-Folge hat die meiste Action der Serie. Huck kriegt manchmal richtig eins auf die Fresse, aber er schlägt auch zu – „mit Herz und Fauscht“ eben. Aber die eigentliche Action ist die Komik zwischen den Figuren, die Absurdität der Situationen, die komischen Aufgabenstellungen, die sich Huck aufhalst. Dann gibt es noch die erstaunliche Freundschaft zwischen Cem und Huck: Der Türke, der schwäbischer ist, als alle Schwaben, und Huck, der Schwabe ist, es aber nicht sein will.
Huck sitzt auch gerne mal am Klavier und singt dazu. Eine Leidenschaft, die er mit Ihnen teilt. Wie kam die Musik in die Serie?
Es war meine erste Assoziation zur Rolle – bevor ich auch nur eines der Drehbücher gelesen hatte. Komischerweise stellte ich mir Huck sofort als einen vor, der alte Tom-Waits-Titel auf Schwäbisch an einem verstimmten Klavier zum Besten gibt. Das habe ich später dann den Produzenten vorgeschlagen und sie fanden die Idee gut. Tom Waits gefiel es auch und damit war alles klar.
Warum Tom Waits?
Ich mag seine Poesie. Er kennt die Abgründe und liebt die Zwischenwelten, dennoch verankert er sich im Hier und Jetzt. Er besingt Liebe und Milieus, genauso wie den Alltag auf warmherzige Weise.
Können Sie Beispiele nennen?
In „Time“ – bei mir „Höchschte Zeit“ – und „In the neighborhood“ (Die Nachbarschaft) spricht er über amerikanische Wohnviertel und deren Bewohner. Ich konnte das gut auf Stuttgart und Bad Cannstatt übersetzen: Der Benzfahrer, der seine Karre mal wieder auf dem Fahrradweg parkt, der Nachbarjunge, der zum Bund muss, weil er eine Wette verloren hat, und die Freundin, die Dresche kriegt, weil der VfB verloren hat.
Zeitgleich mit dem Serienstart erscheint das Album „Huck“ von Ihnen mit Songs aus der Serie. Sind darauf nur Tom-Waits-Stücke?
Nein, es sind auch viele eigene Songs. Die gab es teils schon vorher, passen aber inhaltlich einfach zu Huck. Ich würde sagen, etwa die Hälfte ist komplett von mir.
Sie schreiben die Lieder also selbst?
Ja, ich schreibe und komponiere selbst – bis auf die Tom-Waits-Nummern, bei denen ich die Texte adaptiert habe, und die Filmmusik, die in Zusammenarbeit mit den Filmkomponisten Biber Gullaz und Andreas Schäfer entstanden ist. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass ich ihnen mit meinen Texten reinpfuschen durfte.
Wie kam es zur CD?
Das ergab sich einfach. Ich sagte mir, wenn ich schon Musik für Huck mache, bringe ich auch so etwas wie einen Soundtrack raus. Letztlich ist es aber auch mein Beitrag, die Serie bekannter zu machen und im gnadenlosen Quotenkampf dafür einzutreten, dass die schwäbische Serie erfolgreich wird. Schließlich war es immer mein Traum, meine Musik zu veröffentlichen. Durch Huck bin ich nun endlich dazu gekommen.
Planen Sie eine zweite Karriere als Musiker?
Ich bin sehr gerne Schauspieler und ich freue mich, dass ich die Gelegenheit habe, jetzt als Musiker unterwegs zu sein. Das hat sich so ergeben und so möchte ich es auch weiterhin handhaben. Wenn sich Räume öffnen, etwas zu tun, ob ganz neu oder schon gehabt, dann betrete ich diese und folge der Spur.
 
Zur Person
Patrick von Blume

Patrick von Blume wird im Oktober 1969 in Ravensburg geboren und macht dort auch sein Abitur.

1994 beendet er seine Ausbildung zum Klavierbauer.

1994 bis 1995 reist von Blume als Klavierbauer durch England und Irland und bleibt – zurück in Deutschland – in Berlin hängen.

1996 nimmt er an einem neunmonatigen Theaterworkshop teil.

1996 bis 2008 erhält er verschiedene Engagements an Theatern in Berlin und Zürich.

2001: Filmdebüt im Polit-Thriller „Operation Rubikon“, es folgen Rollen unter anderem in „Polizeiruf 110“, „Tatort“ und „Der Baader-Meinhof-Komplex“.

2002 folgt die erste Regiearbeit im Dokumentartheater Speeches zu den Anschlägen des 11. September.

2005 und 2006: Hauptrollen in den Kinofilmen „Futschicato“ und „Beautiful Bitch“

Von Dienstag, 15. September, an geht von Blume in der ARD als Privatdetektiv Huck auf Verbrecherjagd. (bs)