Die Verzückung ihrer Kunden ist der Konditorin Tomomi Sugimoto größter Ansporn. Foto: Kathrin Wesely

Zu „Meister Lampe“ kommen Menschen, die sich gern verführen lassen. Die Pâtisserie von Tomomi Sugimoto im Vogelsang ist zum süßen Geheimtipp avanciert.

S-West - Zu Meister Lampe kommen Menschen, die sich gern verführen lassen, die Überraschungen lieben, die bemerken, dass die hauchdünnen Schnitze im Apfelkuchen akkurat geschichtet sind und Menschen, die schon das Wort „Hefeplunder“ mit Trauer erfüllt. Die Pâtisserie im Vogelsang hat sich binnen zweier Jahre zum Geheimtipp gemausert. Die bunten Macarons und fantasievollen Törtchen, die Tartes und Éclairs, aber auch Croissants und Baguettes sind „so wunderbar, ich könnte mich reinlegen“, schwärmt eine Kundin. Die kleinen Baguettes schaffe sie kaum heil nach Hause: „Meist habe ich auf dem Rückweg schon die Hälfte aufgegessen.“ Tomomi Sugimoto lächelt verlegen ob des überschwänglichen Lobes. Die Meisterin ist von zurückhaltender Art und lässt am liebsten ihre Törtchen sprechen. Aber sie genießt es, ab Mittag in ihrem Laden zu stehen. Denn dann erntet sie gewissermaßen, was sie seit den frühen Morgenstunden in ihrer Backstube gesät hat: die Freude und Begeisterung ihrer Kunden.

Alle Rezepturen stets im Kopf

Mit dem köstlichen und filigranen Backwerken in der Auslage ist es ein bisschen wie mit einer Ballettaufführung, von deren Mühen der Zuschauer hinterher nichts bemerkt. Und mindestens so hart wie die körperliche, ist die gedankliche Arbeit in der Küche, sagt Sugimoto. Morgens um vier Uhr betritt sie ihre Backstube und backt bis zum Mittag zehn verschiedene Törtchen, fünf Kuchen, zwei Brotsorten, vier verschiedene Kleingebäcke wie Croissants und mindestens drei Sorten Macarons. Am Wochenende ist es meist noch mehr, denn auch an Samstagen und Sonntagen hat die Konditorei „Meister Lampe“ an der Bebel-straße 67 geöffnet. Alle Rezepturen stets im Kopf und die einzelnen Schritte im Auge zu behalten, während man alle Handgriffe mit größtmöglicher Akkuratesse ausführt, ist eine logistischer Höchstleistung.

Mit der eigenen Pâtisserie hat sich die Konditormeisterin einen Traum erfüllt, sei er auch noch so arbeitsintensiv. Die Wahl des Namens „ Meister Lampe“ ist eine Reminiszenz an Sugimotos Anfangszeit in Deutschland: „Ich habe mit Kinderbüchern Deutsch gelernt, die sind einfach geschrieben, die konnte ich gut lesen. Die Geschichten mit Tieren, die wie Menschen handeln, haben mir am besten gefallen, und den Hasen habe ich gleich ins Herz geschlossen.“ So schien ihr „Meister Lampe“ ein fabelhafter Name für das eigene Geschäft.

Sie lernte in den besten Häusern

Ihre Leidenschaft für das süße Handwerk entfachte, während Sugimoto als Schülerin in der französischen Feinbäckerei „Rêve de Chef“ im Kobe jobbte. Die Menschen in der japanischen Millionenmetropole „lieben die französische Pâtisserie“, sagt Sugimoto. Nach vier Jahren will sie 1998 auf den Kontinent, wo all die feine Schokolade herkommt und insbesondere ins Kernland des Feingebäcks – nach Frankreich. Mit 22 Jahren fliegt Sugimoto nach Paris . Sie ist verzaubert.

Aus einer langfristigen Aufenthaltsgenehmigung in Frankreich wird nichts, dafür wird sie in ein Ausbildungsprogramm zwischen Japan und Deutschland der Carl-Duisberg-Gesellschaft aufgenommen und beginnt eine Lehre als Konditorin. Der Plan ist zunächst, zwei Jahre zu bleiben und anschließend wieder nach Japan zurückzukehren. Die begabte junge Frau kommt während ihrer Lehrzeit herum, arbeitet in den besten Häusern, macht ihren Meister. Im Hotel Bareiss in Baiersbronn wird sie stellvertretende Chefin-Pâtissière, im berühmten Frankfurter Café Siesmayer Backstubenleiterin und zuletzt ist sie in der Confiserie Breuninger in Stuttgart mit der Entwicklung neuer Kreationen betraut. Nach der Babypause 2012 merkt sie, dass sie nicht mehr in den Betrieb zurück möchte: „Mir fehlte der Kundenkontakt, und es war an der Zeit, etwas Eigenes zu machen.“

Aus den zwei Jahren Europa sind inzwischen 16 Jahre Deutschland geworden. Tomomi Sugimoto ist mit einem Deutschen verheirat, und der Stuttgarter Westen ist ihr Zuhause. „Ich kenne hier jetzt schon einige Leute.“ Viele Stammkunden kommen aus der Nachbarschaft; am Wochenende reisen die Leute auch von weiter an. Selbst ein neutraler und garantiert unbestechlicher Journalist muss einräumen, dass schon ein einzelner „Mont Blanc“ aus gekringelter Maronencrème über kandierten Früchten auf Mürbeteig die Anreise lohnt.