Partnerinnen in Sachen Kultur: die Tusch-Geschäftsführerin Natasa Atanackovic, die Fitz-Intendantin Katja Spiess, die Deutschlehrerin Katharina Langsch, die Tusch-Projektleiterin Ismene Schell und die Römerschule-Rektorin Ursula Franke. Foto: Petra Mostbacher-Dix

Vom kommenden Schuljahr an geht die Römerschule mit dem Fitz – Zentrum für Figurentheater drei Jahre lang eine Kultur-Partnerschaft ein. Vermittelt hat das der Verein Tusch, der seit 2012 Bildungspartnerschaften zwischen Theater und Schulen in Stuttgart sowie in der Region ermöglicht.

S-Süd - Noch wissen die Schüler der zukünftigen Klasse 3b nichts von ihrem Glück. Dass sie es als solches empfinden werden, dessen ist sich Ursula Franke sicher. Die Rektorin der Römerschule im Stuttgarter Süden betont: „Es ist eine sehr theateraffine Klasse.“

Vom kommenden Schuljahr an geht die Römerschule mit dem Fitz – Zentrum für Figurentheater drei Jahre lang eine Kultur-Partnerschaft ein. Vermittelt hat das der Verein Tusch, der seit 2012 Bildungspartnerschaften zwischen Theater und Schulen in Stuttgart sowie in der Region ermöglicht. Und die Kinder der 3b werden die Welt des Theaters durch das Ensemble Materialtheater kennenlernen, also die Figuren- und Schauspielerinnen Sigrun Kilger und Annette Scheibler sowie den Regisseur und Schauspieler Alberto García Sánchez. „Das Ensemble Materialtheater erarbeitet ein neues Stück, das am 28. November Premiere feiert: ‚Traumkreuzung‘“, erklärt die Fitz-Intendantin Katja Spiess. „Darin geht es um interkulturelles Verständnis: Zwei Kinder aus unterschiedlichen Kulturkreisen begegnen sich im Traum.“ Das gefällt der Rektorin, zumal es sich bei der 3b um eine Inklusionsklasse handelt: „Dort ist ein Kind mit geistiger, eines mit sprachlicher Behinderung sowie eines, das verhaltens-originell ist. Das Projekt ist ideal, weil hier können sich Kinder vielfach ausdrücken, nicht allein über Sprache“, sagt Franke.

Bis Weihnachten soll etwas entstehen

So sieht das auch Katja Spiess. Die Kinder hätten am Entstehungsprozess des Stückes teil, gestalteten selbst Figuren künstlerisch, schauten den Profis beim Umsetzen von Szenen über die Schulter. „Die Details ergeben sich im Laufe des Prozesses“, so Spiess. Klar ist, dass die Kinder in der Schule und im Theater am Projekt arbeiten – zunächst einmal pro Woche im Deutschunterricht, dann in zwei Intensivwochen sowie je an drei Tagen im Herbst und vor Weihnachten. Darauf freut sich Katharina Langsch. Die Deutsch- und Kunstlehrerin wird das Projekt mit der 3b umsetzen. „Das motiviert – und ich kann alle Kompetenzen fördern, die im Deutschunterricht abgedeckt werden sollen: Lesen, Schreiben, selbstständig etwas entwickeln.“ Ihr Ziel: Bis Weihnachten soll etwas entstehen, dass die Kinder aufführen können.

Rektorin Franke nickt. Bereits vor einigen Jahren habe man mit dem Fitz kooperiert, sagt sie. „Wie sich plötzlich sonst ruhige Kinder öffnen und etwas präsentieren wollen, wunderbar!“ Derlei hat Katja Spiess in den vielen Jahren, in denen das Fitz Kulturelle Bildung betreibt, oft erlebt. „Kinder entdecken neue Fähigkeiten in sich und lernen diese ausdrücken. Und die entstehende Gruppendynamik ist für den Klassenverband wichtig.“ Letztlich gehe es um den Prozess und darum, Kindern Lust auf Kultur zu machen.

Es geht auch um die nachhaltige Wirkung

Dies zu ermöglichen ist das Anliegen von Tusch. Und da Künstler und Pädagogen per se unterschiedliche Herangehensweisen hätten, sei es wichtig, sich immer wieder auszutauschen, betont die Tusch-Projektleiterin Ismene Schell. „Alles muss auf den Tisch, um die Weichen zu stellen. Beide Seiten müssen voll hinter dem Projekt und der Paarung stehen, sonst funktioniert es nicht. Das braucht Koordination – und die machen wir.“ Die Tusch-Geschäftsführerin Natasa Atanackovic fügt an, warum die Partnerschaften drei Jahre dauerten: „Es geht auch um die nachhaltige Wirkung.“

Künstler und Pädagogen sollen voneinander lernen

Im Schuljahr 2015/2016 führt das Tusch fünf bestehende Partnerschaften weiter, etwa die des Schauspiels Stuttgart mit der Werkrealschule Ostheim oder des Theaters tri-bühne mit der Ludwig-Uhland-Schule Leinfelden. Auf die Tusch-Ausschreibungen können sich alle Schulformen von der Grund- bis zur Berufsschule bewerben. Im Februar taten das zwölf Schulen, daraus wurden fünf neue Partnerschaften geschmiedet, neben der Paarung Fitz–Römerschule kooperieren unter anderem das Linden-Museum und das Figurentheater Anja Müller mit der Lerchenrainschule Stuttgart und das Theaterhaus mit dem Robert-Bosch-Gymnasium Gerlingen. Finanziert wird das vom Kunstministerium, der Robert-Bosch-Stiftung und der Bürgerstiftung. Bisher unterstützten auch die „Kulturagenten für kreative Schulen“, ein Modellprojekt des Landes, die „Matchmaker“ von Tusch. Doch dies gilt nun nicht mehr für Partnerschaften in der Landeshauptstadt: Dort entsteht das Netzwerk Kulturelle Bildung Stuttgart (Kubi-S), eine Kontakt- und Serviceplattform, die Kulturangebote mit Schulen zusammenbringen soll. Was das für die bereits in Kultureller Bildung Engagierten bedeutet, etwa auch Open Music oder Quo Vadis, ist noch unklar. „Wir wollen einen engen Austausch“, so Schnell. „Wichtig ist, ein großes Netzwerk zu schaffen, der Kompetenztransfer zwischen Kultur und Schule ist überlebensnotwendig.“

Das bestätigt die Rektorin: „Künstler müssen keinen Pädagogenschein haben. Dass sie anders arbeiten als Pädagogen, ist gut und wichtig, nur so können wir voneinander lernen“, sagt Ursula Franke.