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Verletzte Demonstranten wiederholen Rücktrittsforderung an Mappus und Rech.

Stuttgart - Drei Wochen nach einer entsprechenden Klage beim Verwaltungsgericht haben mehrere verletzte Stuttgart-21-Gegner in einem offenen Brief erneut die rückhaltlose Aufklärung des Polizeieinsatzes vom 30. September gefordert. Ministerpräsident Stefan Mappus, Innenminister Heribert Rech, Landespolizeipräsident Wolf Hammann und der Stuttgarter Polizeipräsident Siegfried Stumpf wurden zum Rücktritt aufgefordert.

Die Parkschützer, die mit der Jugendoffensive gegen Stuttgart21 als Unterstützer des offenen Briefs zeichnen, haben der Polizei in einer weiteren Pressemitteilung illegale Überwachungsmethoden vorgeworfen: "Wir haben schon länger konkrete Hinweise, dass Telefone abgehört werden", so Parkschützer-Sprecher Matthias von Herrmann. Außerdem äußert er die Vermutung, "dass die Polizei meinen Mail-Verkehr mitliest". Vorausgegangen war eine gescheiterte Aktion der Gegner gegen Innenminister Rech bei der Verleihung des Wirtschaftsfilmpreises in Ludwigsburg am Dienstag, die vorab bekanntgeworden war.

Damit erhebt der Parkschützer-Sprecher den Vorwurf, dass sich die Polizei strafbar gemacht haben könnte. Eine telefonische Überwachung ist nur bei bestimmten schweren Straftaten erlaubt und darf auch dann nur auf Antrag der Staatsanwaltschaft durch einen Richter schriftlich angeordnet werden. "Das ist ein schwerwiegender und haltloser Vorwurf", sagt der Stuttgarter Polizeisprecher Olef Petersen, "den weisen wir entschieden zurück und werden dagegen rechtliche Schritte prüfen."

In ihrem offenen Brief vom Freitag wirft eine sogenannte Versammlung der Verletzten der Landesregierung und der Polizei vor, mit einem unverhältnismäßigen Einsatz gegen das Grundgesetz verstoßen zu haben, das die Versammlungsfreiheit, das Recht auf körperliche Unversehrtheit und die Würde des Menschen garantiert.

Am 30. September war die Polizei mit Wasserwerfern, Pfefferspray und Schlagstöcken gegen Stuttgart-21-Gegner vorgegangen, um Platz für eine Baustelle für das Grundwassermanagement des Bahnprojekts zu schaffen. Mit dem Einsatz, der mindestens 184 Verletzte forderte, beschäftigt sich ein Untersuchungsausschuss des Landtags und die 5. Kammer des Stuttgarter Verwaltungsgerichts. Vier Verletzte hatten am 28. Oktober Klage erhoben, weil der Polizeieinsatz rechtswidrig gewesen sei. "Die Kammer hat am 4. November das Land, vertreten durch das Regierungspräsidium, aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben und alle Unterlagen zum Polizeieinsatz vorzulegen", sagt Ulrike Zeitler, Sprecherin des Verwaltungsgerichts. Für die Antwort hat das Land sechs Wochen Zeit.

Die Forderung der Stuttgart-21-Gegner, die Suspendierung eines kritischen Polizisten aufzuheben, erübrigt sich: "Thomas Mohr ist weder suspendiert worden noch gibt es disziplinarrechtliche Maßnahmen gegen ihn", sagt Rüdiger Seidenspinner, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP). Mohr hatte als Mitglied des geschäftsführenden GdP-Landesvorstands die politische Seite des Einsatzes kritisiert. Als Beamter eines Einsatzzugs in Mannheim hat Mohr dagegen Probleme: "Offenbar will das Landespolizeipräsidium Karlsruhe ihn nicht mehr zu auswärtigen Einsätzen mitnehmen", sagt Seidenspinner. "Das werden wir anwaltlich klären."