Prozess um die sogenannten Parkplatzmorde nähert sich dem Ende - Gericht vernimmt Zeugen in Belgien.

Stuttgart - Am Donnerstag hatte Detlef S. Geburtstag. Der gebürtige Niedersachse wurde 57 Jahre alt. Zum Feiern war dem Mann nicht zumute. Er nahm an Händen und Füßen gefesselt auf der Anklagebank Platz. Denn Detlef S. soll die zwei sogenannten Parkplatzmorde an einem 30 Jahre alten Mann in Magstadt und an einem 70-jährigen Rentner in Mörfelden in Hessen begangen haben. Er schweigt nach wie vor eisern zu den Vorwürfen.

Der Rentner, der 1997 von der Post wegen psychischer Probleme in die frühe Beamtenpension geschickt worden war, gibt sich vor Gericht meist völlig unbeteiligt. Einmal dreht er sich in Richtung Wand und pfeift. Dann sinkt er wieder in sich zusammen und scheint abwesend. Auch als sein Stiefsohn, der Sohn seiner zweiten Frau, in den Zeugenstand tritt.

Der 45-jährige Zeuge beschreibt seinen Stiefvater als unnahbar, verschlossen und schweigsam, räumt aber ein, ihn kaum kennengelernt zu haben. Seit 20 Jahren habe er keinen Kontakt mehr zu Detlef S. und zu seiner Mutter gehabt. Detlef S. sei daran schuld, er habe das Verhältnis zwischen ihm, dem Sohn, und der Mutter hintertrieben und ihn bei der Mutter schlechtgemacht. Der Zeuge will auch nicht so recht glauben, dass seine Mutter nichts von dem Doppelleben ihres Ehemanns gemerkt haben soll.

Detlef S. hat sich jahrelang in Schwulenkreisen bewegt. Das hat die Beweisaufnahme der 1a. Strafkammer des Landgerichts ergeben. Die Ehefrau, deren gesamtes Vermögen - rund 360000 Euro - Detlef S. durchgebracht haben soll, tingelte einige Zeit durch die Presse mit der Geschichte, sie habe nichts bemerkt, ihre 20 Jahre währende Ehe sei eine große Lüge gewesen. Ihr Sohn sagt dagegen vor Gericht, seine Mutter sei sehr eifersüchtig, ein richtiger Kontrollmensch. "Deshalb wundert's mich schon, dass sie nichts bemerkt haben will über so viele Jahre hinweg."

Es geht aber nicht um die Ehefrau, es geht um Detlef S. Er ist des Doppelmordes und des Mordversuchs angeklagt. Und er schweigt.

Vergangene Woche waren die Richterinnen und Richter sowie Staatsanwalt und Verteidiger nach Belgien gereist, um den Mann zu vernehmen, den Detlef S. im Juni 2010 in seinem Auto mitten in Freudenstadt mit einem Messer attackiert hatte. Der Ankläger wertet das als Mordversuch. Der Belgier hatte sich hartnäckig geweigert, als Zeuge nach Deutschland zu kommen, weil er sich damals von der deutschen Polizei schlecht behandelt gefühlt habe. Die Vernehmung hat laut Prozessbeteiligten keine Überraschung gebracht. Interessant ist aber, dass dem Belgier offenbar kein Foto des Angeklagten vorgelegt wurde.

Viel weiß man nicht von Detlef S. Er wurde in Niedersachsen nahe Diepholz geboren. Dort wurde er 1971 Jungpostbote, 1974 wechselte er zur Post nach Stuttgart. 1975 heiratete er seine erste Frau, der er zwischen kirchlicher und standesamtlicher Trauung gestanden haben soll, dass er bisexuell sei. Später heiratete er seine zweite Frau, zuletzt war er Posthauptsekretär - und er lebte ein Doppelleben. Vor mehr als zehn Jahren hat er sich in Afrika mit dem HI-Virus infiziert. Aus Hass auf Schwule soll er seine beiden Opfer erschossen haben. Gesichert ist dieses Motiv indes nicht. Der Prozess wird am 22. Dezember fortgesetzt.