Der psychiatrische Gutachter sagt, dass der mutmaßliche Parkplatzmörder schuldfähig ist.

Stuttgart - Er lässt keinen an sich heran. Mit seinem Verteidiger Peter Mende spricht er kaum, im Prozess vor dem Landgericht Stuttgart schweigt er, und auch den psychiatrischen Gutachter Dr. Peter Winckler straft er mit Nichtachtung: Detlef S., angeklagt des Doppelmordes und des Mordversuchs, ist für Winckler wie eine "Blackbox". Der erfahrene forensische Psychiater hat nicht ein einziges Wort mit dem Mann gewechselt, der zwei Männer auf Parkplätzen bei Magstadt (Kreis Böblingen) und in Südhessen von hinten in den Kopf geschossen haben soll. Der Angeklagte sei ihm unheimlich, weil er absolut nichts von sich preisgebe, so Winckler.

Trotzdem kommt Winckler zu dem Schluss, dass der 57 Jahre alte frühpensionierte Postbeamte, der bundesweit als sogenannter mutmaßlicher Parkplatzmörder bezeichnet wird, voll schuldfähig sei. Es gebe keinerlei Hinweise auf eine psychische Erkrankung. Winckler bescheinigt dem Angeklagten darüber hinaus eine "geradezu unheimliche Gefährlichkeit". Detlef S. sei, sofern er tatsächlich schuldig ist, ein Hangtäter, gegen den die Sicherungsverwahrung angezeigt sei. Denn er habe kaltblütig und funktional getötet, die beiden Morde müssten als Serientaten begriffen werden.

"Über dem Fall schwebt ein Begriff: Geheimnis", sagt Winckler. Detlef S. hatte laut den Finanzermittlern in den letzten Jahren mehrere Hunderttausend Euro, zum Teil aus dem Verkauf des geerbten Hauses seiner zweiten Frau, durchgebracht. Wie die zuvor stabile finanzielle Situation des Ehepaares so aus dem Ruder laufen konnte? "Ein Geheimnis, das auch die Ehefrau nicht aufklären konnte", so Winckler.

Motiv ist weiter unklar

Der gebürtige Niedersachse, der mit seiner Frau zuletzt 15 Jahre in Esslingen gelebt hatte, verkehrte in einigen Schwulenclubs und war laut Zeugen Stammgast in einem Schwulenpornokino sowie in Homosexuellen-Internetforen, wo er sich unter anderem "geile Eva" nannte. Dort schrieb er auch über Vergewaltigungsfantasien - wohlgemerkt mit sich als "Opfer" mehrerer Männer. Seiner ersten Frau beichtete Detlef S. auf dem Weg zur kirchlichen Trauung, dass er bisexuell sei. "Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen", so Peter Winckler. Ob der 57-Jährige aber tatsächlich sexuellen Kontakt mit Männern hatte, weiß man nicht. "Ein weiteres Geheimnis", sagt der Gutachter.

Ebenso unklar ist das Motiv für die beiden Morde an dem 30-jährigen Heiko S. und dem 70-jährigen Friedrich L. im Mai und im Juli 2010 auf Parkplätzen, die als Schwulentreffs bekannt sind. Hass auf Schwule, weil er sich mit dem HI-Virus angesteckt hatte? "Das ist wenig überzeugend", sagt Winckler. Er sieht bei Detlef S. eher eine "Lust am Töten" und einen "Hass auf das Leben und die Welt". Winckler bescheinigt dem Täter eine omnipotente Anmaßung, eine narzisstische Daseinsüberhöhung, aus der er sich zum Herr über Leben und Tod aufgeschwungen habe. In einem Brief schreibt der Angeklagte: "Kann man sich selbst Absolution erteilen, kann man sich selbst vergeben? Ich schon." Das spreche für seinen Narzissmus, meint der Gutachter.

Tatsächlich sei dies jedoch alles Spekulation, da Detlef S. nichts von sich preisgebe. "Ein Geheimnis", wiederholt Winckler. Der Prozess wird am 26. Januar fortgesetzt.