Der mutmaßliche Parkplatz-Doppelmörder Detlef S. bezeichnet Verhandlung als Farce.

Stuttgart - Der wegen zweier Morde bei Schwulentreff-Parkplätzen und einem Mordversuch in Freudenstadt angeklagte Detlef S. hat am Donnerstag nach vielen Verhandlungstagen erstmals mit den Richtern gesprochen. Er beantragte, der Verhandlung fernbleiben zu dürfen. "Ich möchte nicht mehr an dieser Farce teilnehmen", brach der mutmaßliche Doppelmörder sein langes Schweigen. Zuvor hatte das Gericht einen Befangenheitsantrag des Angeklagten gegen den Sachverständigen Dr. Peter Winckler zurückgewiesen.

Detlef S. wirft dem Psychiater Befangenheit vor, weil der bei der Vernehmung einer Zeugin in der Verhandlung vom 19. Oktober die Bemerkung machte, sie habe da wohl ihren "Traumprinzen" getroffen, als die Frau über ihre Liebesaffäre mit dem Angeklagten erzählte. In dem schriftlichen Befangenheitsantrag heißt es, bei Dr. Winckler habe hier der Zynismus wohl die Oberhand behalten. Eine zynische Komponente sei darin für einen objektiven Zuhörer nicht wahrnehmbar, begründete das Gericht seine Ablehnung des Antrags.

Im Anschluss warnte die Vorsitzende Richterin Ute Baisch den Angeklagten, sie werde seinen Briefverkehr aus der Haft unterbinden, falls seine Schreiben noch weiter ins Pornografische abglitten. Vermutlich richten sich die Briefe an die Traumprinz-Zeugin. Über seinen Verteidiger Peter Mende ließ Detlef S. danach einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht stellen. Wegen teils von weit her angereister Zeugen stellte das Gericht eine Entscheidung darüber zurück und setzte die Hauptverhandlung fort. Daraufhin äußerte der 56-Jährige den Wunsch, nicht mehr am Prozess teilnehmen zu müssen. "Es besteht Anwesenheitspflicht", wies Baisch dieses Ersuchen zurück. "Ich brauche dann nicht kommentarlos hier zu sitzen, oder?", fragte S. selbstbewusst zurück, störte die folgenden Zeugenvernehmungen allerdings nicht.

"Ich danke ihnen!", sagte der Angeklagte mit einem kurzen Strahlen übers ganze Gesicht lediglich noch beim Auftritt seines Esslinger Hausarztes. Wie viele Zeugen zuvor schilderte auch der Internist seinen ehemaligen Patienten als sehr höflichen Menschen von teils geradezu bezwingender Freundlichkeit.

Auch nach dem Auftritt des Arztes verliert das eigentliche Motiv für die Morde am 8. Mai 2010 bei einem Parkplatz am Hölzersee in Magstadt (Kreis Böblingen) am 30-jährigen Heiko S. und zwei Monate später am 2. Juli bei einem ebenfalls einschlägigen Schwulentreff-Parkplatz an der A 5 in Hessen an einem Rentner nichts von seiner Rätselhaftigkeit. Die Anklage unterstellt Detlef S. Rache an Schwulen, weil er sich in Afrika mit dem HI-Virus infizierte.

Aber warum erst im Jahr 2010? Der Arzt sagte aus, bereits vor zehn Jahren sei Aids beim Angeklagten diagnostiziert worden. Eine in München vorgenommene Therapie sei indes erfolgreich verlaufen. Offenbar aber hatten die HIV-Medikamente Nebenwirkungen. Der Münchner Arzt leitete im Frühjahr 2009 die Behandlung einer depressiven Verstimmung ein, die noch im September 2010 intensiviert werden sollte. Bereits im Jahr 1999 hatte ein Arzt den später frühpensionierten Postbeamten Detlef S. für dienstunfähig erklärt wegen einer schweren Depression. Der Prozess wird fortgesetzt.