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Bürgermeister Martin Schairer will Sonderfälle beim Parken im Westen nicht tolerieren.

Stuttgart - Am 5. Juli wird der Gemeinderat Stuttgart über Anträge der FDP, der Freien Wähler und der CDU zum Parken im Westen beraten. Wir haben zuvor mit Ordnungsbürgermeister Martin Schairer über die neuen Parkregeln gesprochen.

Herr Schairer, wenn Sie die bisherigen Erfahrungen mit dem Parkraummanagement im Stuttgarter Westen in einem Satz zusammenfassen, wie lautet dieser?

Tagsüber ist die Situation überaus positiv und so gut wie seit 20 Jahren nicht mehr; auch nachts haben wir nun weniger Fahrzeuge im Westen, aber gerade für diese Zeit bedarf es noch der Nachbesserung und des Lernens.

Und wenn Sie eine Schulnote für die Neuregelung vergeben sollten?

Ich würde ihr eine Zwei geben, also gut.

Hätten Sie sich an manchen Stellen trotzdem mehr erwartet?

Ich habe mir tagsüber weniger erwartet, dafür abends etwas mehr - aber nach vier Monaten kann man bei einer so großen Unternehmung, die uns in so unbekanntes Gebiet geführt hat, trotzdem zufrieden sein. Das sagt auch der Gutachter der Universität Stuttgart.

Woran hängt es des nächtens?

Da befinden wir uns noch im Bereich der Spekulationen - wir wollen uns das in den kommenden Wochen aber genauer ansehen. Am Anfang, also im März, hatten wir auch nachts einen Rückgang von etwa zwölf Prozent, im April war es dann nachts nur noch ein Rückgang von neun Prozent. Das bedeutet, dass manche zunächst doch bereit waren, ihr Auto in eine Garage zu stellen. Jetzt bedarf es einer Überprüfung, weshalb wir jetzt nachts doch wieder etwas mehr Fahrzeuge hatten.

Sie sagen zwar, dass Sie sich da noch im Bereich der Spekulation bewegen. Spekulieren Sie aber doch mal, woran das liegen könnte.

Ich nenne mal ein paar Möglichkeiten: Wir haben zum einen von März auf den April noch Parkausweise ausgegeben. Zum anderen ist ein ganz entscheidender Punkt, dass wir vielleicht bei der Verkehrsüberwachung noch nicht den richtigen Hebel gefunden haben. Die Untersuchung von Professor Markus Friedrich hat gezeigt, dass wir nach wie vor rund fünf Prozent Fremdparker in den problematischen Gebieten haben.

Politessen kontrollieren bis 22 Uhr

Sie denken also darüber nach, auch nachts, also nach 22 Uhr, Politessen rauszuschicken?

Nun, vorerst werden wir es beibehalten, dass die Politessen bis 22 Uhr durch den Westen laufen. Wir wollen aber zwischen 20 und 22 Uhr in einem Versuchsgebiet, das wir momentan aussuchen, noch einmal verstärkt Streife laufen und schauen, ob wir Anteil der Fremdparker aus diesen Gebieten reduzieren können.

Gibt es denn darüber hinaus noch Probleme oder Problemgebiete?

Es gibt Problemgebiete oberhalb der Schwabstraße, das sind die Gebiete W5 bis W8. Wir überlegen, wie wir die Lage verbessern können - denn besonders dort ist nachts noch ein großer Parkplatzbedarf.

Gibt es Lösungsansätze?

Wir versuchen, neue Wege zu finden, auch was die Grenzziehung betrifft. Aber vier Monate Parkraummanagement sind keine Zeit, wir müssen die dritte Untersuchung der Universität Stuttgart im September abwarten.

Wird auch für Sonderfälle - wie etwa Bäcker, deren Arbeitsbeginn zu einer Zeit ist, wenn noch kein öffentlicher Nahverkehr fährt - an Lösungen gearbeitet?

Wichtig ist: Wir haben nichts zu verteilen. Arbeitnehmer bekommen grundsätzlich keine Bewohnerparkausweise oder Ähnliches. Wir haben die Einzelfälle sorgfältig geprüft und müssen aus Gesichtspunkten der Gleichbehandlung sagen: Dort müssen andere Lösungen gefunden werden. Denn wenn wir zusätzliche Sonderlösungen einführen, dann gibt das ein Fass ohne Boden, und wir werden unser Parkraummanagement aushöhlen.

Für die Einführung der Neuregelung, also für Parkscheinautomaten und Beschilderung, wurden 2,7 Millionen Euro ausgegeben. Wie sieht denn die Einnahmesituation aus?

Wir haben von den Bewohnerparkausweisen Stand heute 13195 ausgegeben. Das sind Einnahmen von 264.000 Euro.

18.600 Verwarnungen im Mai

Aber die Jahresgebühr von 30,70 Euro soll doch eine reine Verwaltungsgebühr sein. . .

Ja, das ist sie, aber diese fließt natürlich auch in die Stadtkasse.

Liegen Sie mit diesen Einnahmen im Bereich dessen, was Sie erwartet haben?

Wir haben Mitte des Jahres - wir lagen mit unseren Prognosen richtig.

Dann kommen noch die Einnahmen aus den Parkscheinautomaten hinzu . . .

Aus den Parkscheinautomaten haben wir von März bis Mai Einnahmen von 530.000 Euro erzielt, auf das ganze Jahr haben wir mit 1,6 Millionen gerechnet, und diese Hochrechnung erscheint uns auch nach wie vor realistisch.

Wie sieht es mit den Verwarnungen aus?

Wir haben im März etwa 8300 Verwarnungen verteilt, im April waren es dann 18.000 und im Mai 18.600. Die konkreten Einnahmen können wir nicht nennen, denn diese werden erst stark zeitversetzt ermittelt, da manche Betroffene Einspruch erheben und einige Verfahren eingestellt werden. Wir hatten etwa mit 20.000 Beanstandungen im Monat gerechnet - auch da können wir sagen, dass wir auf dieses Level kommen, wenn unsere Verkehrsüberwacher endgültig eingearbeitet sind. Die werden vom 1. Juli an, nachdem sie bisher geschult und von erfahrenen Politessen begleitet wurden, voll einsatzbereit sein.

Man kann also nicht sagen, dass die Bewohner sich an das System gewöhnt haben und die Zahl der Verwarnungen rückläufig ist.

Nein, im Moment haben wir noch steigende Zahlen, weil wir bei der Verkehrsüberwachung erst nach und nach anziehen. Das Konzept der Universität Stuttgart geht davon aus, dass man im Schnitt etwa dreimal am Tag durch die Straßen geht und kontrolliert.

Ist als nächstes der Stuttgarter Norden dran?

Warum?

Es darf bei den Parkenden nicht die Kalkulation geben: Wenn ich den ganzen Tag im Stuttgarter Westen parke, kostet das sechs Euro, wenn ich keine Parkgebühr zahle und eine Verwarnung kassiere, dann kostet es fünf Euro. Darum haben wir eine Steigerung bei den Verwarnungsgeldern: Beim ersten Mal, wenn man an einem Tag erwischt wird, kostet es fünf Euro, beim zweiten Mal 15 Euro und beim dritten Mal 25 Euro.

Man könnte insgesamt also sagen, die 2,7 Millionen Euro, die für das Parkraummanagement ausgegeben wurden, sind recht schnell wieder drin . . .

Ja.

. . . aber man muss ja anders rechnen, weil die Gelder auch in die Parkraumrücklage fließen und dafür verwendet werden sollen, neuen Parkraum zu schaffen . . .

Ja, das ist unser Ziel.

Wie habe ich mir das konkret vorzustellen?

Nach einem Beschluss des Gemeinderats werden die Gelder einer Parkraumrücklage zugeführt, zumindest große Teile davon. Diese dient zur Schaffung öffentlicher Parkplätze, etwa Tiefgaragen wie die im Rossbollengässle, zudem gibt es Planungen für eine weitere beim Friedrich-Eugens-Gymnasium. Schon heute gibt es zudem die Möglichkeit, dass private Bauherren einen zusätzlichen Zuschuss bekommen, wenn sie Parkraum schaffen und sich verpflichten, diesen den Bewohnern zur Verfügung zu stellen.

Ist angedacht, das System auch in anderen Stadtteilen anzuwenden?

Dort, wo ein ähnlicher Parkdruck herrscht, halte ich das für vernünftig. Es gibt die Idee, ob man nicht über den Herdweg rüberspringt und Teile des Stuttgarter Nordens mit einbindet. Diesen politischen Willen hat der Gemeinderat schon bekundet.