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Anbaufläche von Ölpalmen hat sich seit 1990 verdoppelt, in Indonesien sogar verzehnfacht.

Krabi - Palmöl steckt in Biodiesel und in vielen Lebensmitteln, in denen es niemand vermutet. Doch der Rohstoff hat ein schlechtes Image, weil für Ölpalmplantagen wertvolle Tropenwälder niedergemacht werden. Deshalb setzen Firmen nun auf nachhaltiges Palmöl.

Der rote Pick-up ist übervoll beladen. Die Gitter an der Seite können die Fracht gerade noch halten. Samdet Jinda stört das wenig. Er steuert das Fahrzeug an die großen Haufen von Büscheln mit Ölpalmfrüchten, die sich vor der Ölmühle von Univanich in Ao Luek, 60 Kilometer nördlich des südthailändischen Urlaubsorts Krabi, aufgetürmt haben. "Das ist gute Ware", sagt Prapat Thepnarin, Einkaufschef bei Univanich. Knapp 2,8 Tonnen Früchte liefert Jinda an diesem Tag ab. Sechs Baht pro Kilo und damit rund 17000 Baht, etwa 395 Euro, zahlt die Mühle bar dafür. Damit ist Jinda zufrieden - wie insgesamt mit dem Ertrag seiner etwa 20 Hektar großen Kleinplantage in Baan Kaokane, die rund 20 Kilometer von Ao Luek entfernt liegt und auf der vor allem Ölpalmen stehen.

Den Kleinbauern in der Region Krabi, die vor allem auf Ölpalmen setzen, geht es nicht schlecht, betont auch Daniel May von der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Auf 9000 Euro schätzt er das durchschnittliche Jahreseinkommen. Haus, Auto, Motorrad, Fernseher, Handy zählen zu den Statussymbolen der Kleinbauern. Ihre Geschäftsaussichten sind gut: Der Bedarf an Palmöl wächst weltweit rapide, vor allem wegen des steigenden Wohlstands in Ländern wie China und den damit sich ändernden Ess- und Konsumgewohnheiten. Auch Klimaschutz und die Suche nach Alternativen zu Rohöl sprechen für Palmöl. In Thailand ist es längst der wichtigste Rohstoff für Biodiesel.

Palmöl ist allgegenwärtig

In Deutschland ist Palmöl, ohne dass es viele Verbraucher wissen, in Supermärkten allgegenwärtig. Palmöl und Palmkernöl stecken in Margarine, Pizza, Schokolade, Schokoriegeln, Gummibärchen, Keksen, in Eiscreme, in Cremes, Kosmetika, Lippenstift, in Wasch- und Reinigungsmitteln. "Die Hälfte aller im Supermarkt erhältlichen Produkte enthalten Palmöl", sagt May. Grund: Im Vergleich zu Raps, Sonnenblumen oder Soja sind Ölpalmen mit rund 3,5 bis vier Tonnen pro Hektar um den Faktor zehn ertragreicher und benötigen dabei nur zehn Prozent der Fläche.

Trotzdem hat Palmöl ein schlechtes Image. Seit 1990 hat sich die Anbaufläche verdoppelt, in Indonesien sogar verzehnfacht. Dort und in Malaysia werden für riesige Ölpalmplantagen wertvolle Tropenwälder niedergemacht. Auf Borneo werden Torfmoore trockengelegt und damit das dort in großen Mengen gespeicherte, klimaschädliche Kohlendioxid freigesetzt, klagt Martina Fleckenstein vom World Wide Fund for Nature (WWF). 2010 wurden weltweit rund 51,2 Millionen Palmöl und Palmkernöl verbraucht, davon gut 1,3 Millionen Tonnen in Deutschland. Allerdings waren nur etwa fünf Millionen Tonnen als nachhaltig zertifiziert, sagt der WWF. Größte Produzentenländer sind Malaysia und Indonesien vor Papua-Neuguinea und Kolumbien. Thailand spielt mit einem Anteil von drei Prozent eine untergeordnete Rolle.

"An sich", sagt Fleckenstein, "ist Palmöl kein schlechtes Öl." In der Region Krabi, aber auch in Indonesien und Malaysia sichert es auf kleinen Plantagen vielen Kleinbauern und ihren Familien ein verlässliches Einkommen. Dennoch stehen Hersteller von Reinigungs- und Nahrungsmitteln, von Kosmetika und Cremes wegen der durch Palmöl verursachten Umweltschäden seit Jahren massiv unter Druck.

Palmöl soll nachhaltiger werden

Greenpeace etwa hat 2010 Kosmetika von Unilever und Schokoriegel von Nestlé gebrandmarkt. Allerdings wurde schon 2004 auf Initiative des WWF der Runde Tisch Palmöl (RSPO) gegründet. Der freiwillige Zusammenschluss von Organisationen und Firmen hat Kriterien für eine nachhaltige Produktion entwickelt und bietet eine entsprechende Zertifizierung an. 24 Plantagen und fast 100 Ölmühlen erfüllen mittlerweile die Vorgaben. Allerdings umfasst das nur sieben Prozent der Weltproduktion von etwa 51 Millionen Tonnen pro Jahr, so der WWF. Deutsche Firmen haben die Bedeutung des RSPO erkannt, 44 sind mittlerweile dabei, unter anderem Aachener Printen, Bahlsen, Bayer Crop Science, Beiersdorf, Griesson de Beukelaer, Haribo, Henkel und Rewe. Ein jetzt gegründetes "Forum für nachhaltiges Palmöl" soll die Umstellung forcieren.

Hier setzt das Pilotprojekt an, das Daniel May seit 2009 für die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit im Auftrag des Bundesumweltministers in Bangkok verantwortet. Es soll ähnliche Anstrengungen in anderen Ländern anstoßen. Längst ist Bauern wie Jinda und Univanich-Geschäftsführer John Clendon klar, dass sie ihre Zukunft ohne eine nachhaltige Produktion von Palmöl aufs Spiel setzen. Das an der Börse in Bangkok gelistete Unternehmen gilt heute als Vorzeigebetrieb. "Dabei bezieht sich Nachhaltigkeit nicht nur auf Betriebswirtschaft und Umwelt, sondern auch auf Sozialstandards", sagt Clendon. Die eigenen Plantagen werden nur auf stillgelegten, nicht benötigten Reisfeldern ausgeweitet, das Unternehmen unterhält eine eigene Forschungsstation für ertragreicheres Saatgut. Es wird mittlerweile in zehn Ländern verkauft. Und das bei der Produktion des Palmöls entstehende Methangas wird zur Produktion von Strom genutzt, der in das öffentliche Netz fließt. "Im vergangenen Jahr haben wir 2000 Haushalte versorgt und den Ausstoß von 90000 Tonnen Kohlendioxid vermieden", sagt Clendon. Nicht zuletzt hilft Univanich den Bauern in der Region bei der Umstellung.

Umstellung auf nachhaltiges Palmöl bis 2015

Wie etwa Akapir Kamnoo, der auf zwölf Hektar Ölpalmen anbaut. Kamnoo weiß um die kritischen Palmöldiskussionen in Europa. Er weiß vor allem, dass seine Chancen ohne den Nachweis einer nachhaltigen Produktion schwinden. Shell Thailand etwa wird ab Anfang 2012 nur noch zertifiziertes Palmöl aufkaufen, thailändische Lebensmittelkonzerne ab 2015.

Den Mehrpreis würden auch deutsche Unternehmen entrichten. Henkel hat bereits 2008 begonnen, für die Tenside-Produktion für Wasch- und Reinigungsmittel auf nachhaltiges Palmöl zu setzen. Bis 2015 soll dies komplett umgesetzt sein, sagt Mareike Klein, beim Düsseldorfer Konzern für Nachhaltigkeit zuständig. Der Bonner Gummibärchen-Hersteller Haribo verfolgt eine ähnliche Strategie, Rewe will seine Eigenmarken ab Ende 2012 ausschließlich mit "sauberem" Palmöl produzieren. Die pro Jahr benötigten 15000 Tonnen sollen in separaten Tanks angeliefert werden, die Kette von der Palme bis zur Anlieferung komplett als nachhaltig geschlossen sein. "Wir wollen zum Vorreiter werden", sagt Rewe-Einkaufsleiter Ludger Breloh. "Und wir wollen Nachahmer." Schließlich geht es den Firmen auch um den guten Ruf.

Zertifiziertes Palmöl kommt tatsächlich derzeit kaum in Deutschland an. Wenn, dann allenfalls als Beiladung in geringen Mengen. Henkel setzt deshalb auf Zertifikate für nachhaltiges Palmöl und damit auf den indirekten Kauf des sauberen Öls. "Je größer die Nachfrage nach Zertifikaten wird, desto mehr nachhaltiges Palmöl wird es auf dem Markt geben", sagt Henkel-Managerin Klein.

Davon möchte auch Kamnoo profitieren. "An der Zertifizierung geht kein Weg vorbei. Aber dann müsste der Preis auch steigen, auf mehr als sechs Baht (etwa 14 Euro-Cent) pro Kilo. Fünf bis zehn Prozent mehr sollten es schon sein", sagt der 36-Jährige. Spätestens Mitte 2012 will er die Zertifizierungsurkunde in der Hand halten. Kamnoo und die anderen 500 Kleinbauern sollen, so GIZ-Projektleiter May, zum Vorbild für die rund eine Million Ölpalmpflanzer in Thailand werden.