Wenn auch die beste Medizin nicht mehr hilft, ist das neue Palliativteam für die jungen Patienten da Foto: Avanti

Das neue Kinder-Palliativteam des Olgahospitals versorgt ab sofort schwerstkranke Patienten ambulant und ermöglicht es ihnen, im Kreise ihrer Familie zu sterben.

Stuttgart - Krankenhausaufenthalte hatten das kurze Leben von Hamida (Name von der Redaktion geändert) bestimmt. Zunächst, weil die Selbstreinigung der Atemwege bei ihr nicht funktionierte. Und später, als bei ihr im Alter von sechs Jahren Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert wurde. Dabei stellten die Ärzte fest, dass Hamida einen angeborenen, seltenen Immundefekt hat. Sie konnten das Mädchen nicht heilen. Im Sommer 2015 verstarb sie in der Nacht zu ihrem siebten Geburtstag im Kreise ihrer Familie. „Meine Tochter wollte nicht mehr im Krankenhaus, sondern zu Hause bei ihren Geschwistern und ihren Eltern sein. Das war ihr größter Wunsch“, sagt ihre Mutter, die nicht namentlich genannt werden möchte.

Der letzte Wunsch des sterbenskranken Mädchens konnte erfüllt werden, auch dank des ambulanten Spezialteams um Dr. Claudia Blattmann vom Olgahospital. Doch bisher war es nur in Einzelfällen möglich, dass Kinder zu Hause sterben durften, etwa wenn die Finanzierung der ambulanten Versorgung durch Spenden ermöglicht wurde.

Kinder- Palliativ-Care-Team ist im Januar in Stuttgart gestartet

Von 2016 an gilt das Angebot des Olgahospitals aber auch für alle anderen schwerstkranken Kinder. Das sogenannte Kinder- Palliativ-Care-Team startet ab sofort seine Arbeit in Stuttgart und der Region. „Wir merken schon jetzt, dass der Bedarf größer ist als gedacht“, sagt Blattmann, die das Team mit insgesamt fünf Ärzten, sieben Pflegekräften und einer Sozialarbeiterin leitet. Sechs Jahre lang hatten die Kliniken in Baden-Württemberg mit den Krankenkassen verhandelt, um die Teams zu finanzieren. „In anderen Bundesländern gibt es bereits Palliativ-Teams für Kinder, doch sie sind alle unterfinanziert“, sagt die Ärztin. Dies wollten die Kliniken in Baden-Württemberg nicht mitmachen, denn die spezialisierte ambulante Palliativversorgung für Kinder ist seit 2007 gesetzlich verankert.

„Die Not und der Bedarf sind da, das hatte auch die Politik erkannt“, sagt Blattmann. Doch nun sei endlich auch die Finanzierung einer flächendeckenden, ambulanten Versorgung geregelt. Das Team steht den kleinen Patienten und ihren Angehörigen 24 Stunden am Tag an 365 Tagen im Jahr zur Verfügung. Blattmann will das Angebot jedoch keinesfalls als Konkurrenz für Kinderhospize, sondern als sinnvolle Ergänzung verstanden wissen: „Hospize sind wichtig, wenn sich Eltern zwischendurch von der belastenden Situation erholen müssen“, sagt Blattmann. Denn anders als bei sterbenskranken Erwachsenen, müssen Kinder oft über viele Jahre hinweg palliativ behandelt werden. „Wir behandeln auch Kinder, bei denen von Geburt an feststeht, dass sie nicht alt werden“, sagt Blattmann. Diese Patienten könnten oft über Jahre hinweg in ihren Familien sein, teilweise sogar zur Schule gehen. „Doch sie haben gesundheitliche Krisen, in denen wir sie unterstützen können“, sagt Blattmann. Für die Kinder bedeutet das, dass sie nicht ständig in die Klinik müssen und in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können. Auch dann, wenn das Lebensende nahe ist. „Alle Kinder wollen in dieser Situation bei ihrer Familie sein“, sagt Blattmann. In enger Zusammenarbeit mit Pflegediensten, niedergelassenen Ärzten und ambulanten Hospizdiensten beraten, begleiten und unterstützen Blattmann und ihre Kollegen die betroffenen Familien in dieser schweren Zeit.

Für Hamidas Mutter waren die letzten Monate mit ihrer Tochter zu Hause eine kostbare Zeit: „Ich bin so dankbar, dass uns das ermöglicht wurde.“ Die Ärzte und Pfleger hätten sie unermüdlich unterstützt, ihr sogar Rezepte zur Apotheke gebracht. „Ich konnte mich ganz auf meine Tochter konzentrieren.“ Es sei wichtig, dass dies nun auch anderen Kindern und ihren Familien ermöglicht werde.