Kommt er oder kommt er nicht? Kunden beklagen, dass Kuriere Pakete oft nur an der Haustüre abstellen. Foto: dpa

Hat der Kurier wirklich geklingelt, oder war er zu faul, das Paket die Treppen hochzutragen, fragen sich zurzeit etliche Kunden von Versandhäusern. In Stuttgart häufen sich die Klagen über nicht abgelieferte Päckchen, beschädigte Sendungen und unfreundliche Paketzusteller.

Hat der Kurier wirklich geklingelt, oder war er zu faul, das Paket die Treppen hochzutragen, fragen sich zurzeit etliche Kunden von Versandhäusern. In Stuttgart häufen sich die Klagen über nicht abgelieferte Päckchen, beschädigte Sendungen und unfreundliche Paketzusteller.

Stuttgart - Leser Oliver Bauer aus Stuttgart-Ost fasst es nicht. Offenbar ein Aushilfszusteller des Paketdienst Deutsche Post DHL hat Päckchen „wie Müll vor der Haustüre abgelegt“. Bauer hat eine Behinderung, als er einen Zustellerkollegen am nächsten Tag auf den Vorfall anspricht, „beschimpft er mich als ,Scheißbehinderter‘.“ Bei der Beschwerdestelle von DHL trifft Bauer auf wenig Verständnis. In Stuttgart-Mitte ist in einem Mehrfamilienhaus ein Kinderwagen zum Sammelpostkasten mutiert: „Mein DHL-Zusteller läutet nicht und legt sämtliche Pakete ungefragt in unseren Kinderwagen, der im Hauseingang steht“, berichtet ein Leser. Ein anderer hat erlebt, dass ein Kurier vom kleineren Konkurrenten GLS „Reiseschecks, die er persönlich aushändigen muss, in den Briefkasten geworfen hat.“

Drei Beispiele, die exemplarisch dafür stehen, was Kunden beim Versandhandel widerfahren kann. Darüber, ob die Beschwerden über Paketzusteller zugenommen haben, gehen die Meinungen von Verbraucherschützer auseinander. Weil immer häufiger im Internet eingekauft wird, boomt die Kurierdienstbranche. Nach eigenen Angaben lieferte DHL im vergangenen Jahr bundesweit 3,4 Millionen Pakete pro Tag aus, 2009 waren es noch 2,3 Millionen. DHL deckt damit 41 Prozent des deutschen Marktes ab. Konkurrenten wie der Deutsche Paketdienst (DPD), United Parcel Service (UPS), Hermes oder TNT verzeichnen ähnliche Zuwächse. Auch sie sehen sich immer wieder mit Beschwerden konfrontiert.

Die Gleichung mehr Pakete sind gleich mehr Klagen über schlampige Zusteller lässt Hugo Gimber nicht gelten. Schwarze Schafe gebe es in jeder Branche, sagt der Baden-Württemberg-Sprecher vom Marktführer Deutsche Post DHL. „Fälle wie die genannten sind Ausnahmen, unsere Zusteller müssen sauber arbeiten und haben klipp und klar Vorgaben.“ Dazu zählen die persönliche Übergabe und die Unterschrift auf dem Handscanner, die jeder Zusteller mit sich führt. Wer sich nicht an die Regeln halte, „erfährt die entsprechenden Konsequenzen“. So sei einem Mitarbeiter, über den sich Kunden aus Stuttgart-Kaltental zu Recht beschwert hätten, gekündigt worden.

Die Beschwerden über Paketdienste beschränken sich jedoch nicht auf Einzelfälle. Nach einen Aufruf unserer Zeitung gab es auf der Internetplattform Facebook mehr als 50 überwiegend kritische Einträge. Kritische Berichterstattung entfalte immer eine Sogwirkung, gibt Gimber zu bedenken. Den Vorwurf, immer weniger Mitarbeiter müssten immer größere Bezirke beackern, möchte er nicht gelten lassen. Die Postleitzahlbereiche 70 und 71 seien auf 300 Bezirke aufgeteilt – bei etwa 380 Mitarbeitern inklusive Urlaubs und Krankheitsvertretungen.

Dennoch: In der Logistik-Branche herrscht ein immenser Konkurrenz- und Kostendruckdruck. Laut der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi macht sie dieser Umstand anfällig für Dumpinglöhne, mit der Folge dass sich unter den Zustellern etliche Geringqualifizierte befinden. Indiz dafür: Von den rund 10.000 Zustellern in Baden-Württemberg stammen circa 9000 aus Subunternehmen, die meist weniger bezahlen und engagiert werden, um Kosten zu sparen. DHL zählt zu jenen Anbietern, die mit kaum Subunternehmern kooperieren. Von den bundesweit 8700 Zustellbezirken werden laut Hugo Gimber nur 990 im einvernehmen mit dem Betriebsrat nicht von direkten DHL-Angestellten bedient. DHL bezahlt als Einstiegsgehalt 1150 Euro brutto im Jahr .

Erste Ansprechpartner erreichen Geschädigte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg unter der Telefonnummer 07 11 / 66 91 10 (montags bis donnerstags von 10 bis 18, freitags bis 14 Uhr). Unter www.dhl.de bietet DHL im Internet Möglichkeiten der Reklamation an. Haben auch Sie schlechte Erfahrungen gemacht? Schreiben Sie uns: lokales@stn.zgs.de. Oder hinterlassen Sie hier einen Kommentar.