Trotz einer Eltern-Demonstration wurde die neue Satzung verabschiedet. Foto: Ines Rudel

Trotz wütender Proteste einer Elterninitiative beschließt der Ostfilderner Gemeinderat eine neue Satzung für die Kinderbetreuungsgebühren. Nahezu alle Fraktionen nehmen an, dass sie gerechter ist als die bisherige. Wie sie sich tatsächlich auswirkt, ist noch unklar.

Ostfildern - Selten ist eine Entscheidung des Ostfilderner Gemeinderats so im Fokus gestanden wie jene für das neue Modell der Kinderbetreuungsgebühren, welches das Gremium in seiner jüngsten Sitzung mit großer Mehrheit beschlossen hat. Eine Elterninitiative machte am Mittwochabend eine Stunde vor dem Sitzungsbeginn mit einer Demonstration vor dem Stadthaus im Scharnhauser Park ihrem Ärger darüber Luft. Denn einige Eltern befürchten, sie würden mit der neuen Gebührenordnung für die Betreuung ihres Nachwuchses künftig deutlich stärker zur Kasse gebeten. Zudem erachten sie ihre, vom Gesamtelternbeirat (GEB) erarbeiteten Vorschläge, nur unzureichend berücksichtigt.

Rund 70 Menschen – Eltern und ihre Kinder – waren der Einladung gefolgt und protestierten gegen die neue Gebührenordnung, die sie als zutiefst ungerecht empfinden. Den schon seit Wochen in den sozialen Netzwerken oder in offenen Briefen geäußerten Unmut empfanden wiederum viele Stadträte und Verwaltungsmitglieder mitunter als „emotional behaftet“, so der Oberbürgermeister Christof Bolay, oder als „verbale Entgleisungen“, wie die SPD-Stadrätin Stefanie Sekler-Dengler befand.

Mehr Gewinner als Verlierer?

Zwar gebe es durch das neue Modell, bei dem die Gebühren nach anderen Einkommensstufen berechnet werden, „Gewinner und Verlierer“, aber es sei sozial gerecht, weil „starke Schultern eine größere Last tragen“, so Sekler-Dengler. Wer sich in der höchsten Einkommensstufe befinde, müsse künftig freilich mehr bezahlen, aber es gebe auch Familien, für die die Kinderbetreuung günstiger werde. „Das ist in der Diskussion zu kurz gekommen.“

Joachim Dinkelacker von den Freien Wählern sieht künftig sogar mehr Gewinner als Verlierer. Denn selbst in der höchsten Einkommensstufe – sie wurde von 62 000 Euro auf 95 000 Euro Bruttoeinkommen heraufgesetzt – ergebe sich im Ganztagesbereich der Krippe und des Kindergartens bei Ein- und Zwei-Kind-Familien keine wesentliche Gebührenänderung. In allen anderen Stufen lägen die Gebühren sogar niedriger. Lediglich bei den verlängerten Öffnungszeiten komme es in Haushalten mit einem höheren Einkommen als 65 000 Euro „zu höheren Beiträgen“, hat Dinkelacker ausgerechnet. Auch die Grünen empfinden das neue System gerechter als das alte, da es einen einheitlichen Satz für alle Betreuungsstunden vorsieht. „Das ergibt neue und flexible Gestaltungsmöglichkeiten“, sagte der Grünen-Stadtrat Oliver Werner. Die auf einem ohnehin hohen Niveau befindlichen Betreuungskosten in Ostfildern verlangten eigentlich nach einer Gebührensenkung, so Werner. Sollten die Einnahmen mit dem neuen Modell steigen, müsse dies in Form von niedrigeren Gebühren weitergegeben werden.

Die CDU-Stadträtin Elfi Kolm ist nicht davon überzeugt, dass es mit der neuen Satzung bei den Betreuungsgebühren künftig gerechter zugeht. Denn der Stadtverwaltung sei es „nicht gelungen, ein einfaches und fair gestaltetes Gebührenmodell zu erstellen“, erklärte sie und versuchte, dies mit diversen Rechenbeispielen zu belegen. Die Einkommen der Familien steigen ihrer Ansicht nach nicht in dem Verhältnis, wie sich ihre Gebühren für die Kinderbetreuung erhöhten, kritisierte sie.

Elterninitiative will weiter kämpfen

Letztlich ist es offensichtlich schwer, die Auswirkungen der neuen Satzung im Vorfeld einzuschätzen. Es gibt einige „Unbekannte“, wie der Oberbürgermeister Christof Bolay bekannte. Die Verwaltung hat zugesagt, im kommenden Herbst zu berichten, wie sich die neue Satzung finanziell niederschlägt. „Wir werden heute nicht das letzte Mal darüber diskutiert haben“, ist Bolay überzeugt. Er hatte sich in der vergangenen Woche vom Vorhaben der Verwaltung verabschiedet, die Betreuungsgebühren generell um fünf Prozent zu erhöhen, was nicht nur von den Eltern , sondern auch von den Gemeinderatsfraktionen begrüßt worden ist. Das neue Gebührenmodell wirke sich auch auf die Betreuungskosten für seinen Sohn aus, erklärte der Oberbürgermeister, „denn die Familie Bolay wird künftig in der höchsten Stufe sein“.

Die Bürgerinitiative Kinderbetreuung Ostfildern (BKO) kann das nicht besänftigen. Sie will laut einer Stellungnahme „weiter kämpfen“ und ruft schon jetzt zu einer „Gebührendemo“ am 1. April kommenden Jahres auf. Dann werde sie „500 Menschen vor dem Stadthaus versammeln“, kündigt ihr Sprecher Andreas Hahn an.