Die CDU-Parteizentrale in Berlin sei in die laufende Aufklärungsarbeit eingebunden, heißt es aus Aalen. Foto: Caro / Sorge

Der in Aalen beheimatete CDU-Kreisverband spricht von einem Schaden von100 000 Euro. Jetzt prüft die Staatsanwaltschaft Ellwangen, wo das Geld geblieben ist.

Aalen - Erstmals sind Details zum Ausmaß der Krise beim CDU-Kreisverband Ostalb bekannt geworden. Der Kreisvorsitzende Roderich Kiesewetter, zugleich Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Aalen-Heidenheim, sprach beim Kreisparteitag am vergangenen Samstag vor Mitgliedern in Essingen (Ostalbkreis) von einem Vermögensschaden von rund 100 000 Euro, der dem Verband in der Zeit von 2006 bis 2016 zugefügt worden sei.

Kiesewetter hat den Verbandsvorsitz im September 2015 von Norbert Barthle übernommen, dem CDU-Abgeordneten des Wahlkreises Backnang-Schwäbisch Gmünd, der seit 2015 Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist. Ende des vergangenen Jahres veranlasste Kiesewetter eine zehn Jahre zurückreichende Prüfung der Rechenschaftsberichte durch die Stuttgarter Wirtschaftsprüfungskanzlei Waldmann & Partner. Die Rückmeldungen waren offenbar so alarmierend, dass der Ostalb-Verband Ende April vorsorglich Selbstanzeige beim Bundestagspräsidenten wegen möglicher Verstöße gegen das Parteienfinanzierungsgesetz stellte.

Von 360 000 Euro auf nahezu Null

Vor den Mitgliedern umriss Kiesewetter am Samstag den Umfang der Verluste: Ende 2008 habe der Kontostand noch bei 360 000 Euro gelegen, in diesem Jahr nur noch bei knapp 3000 Euro. Der Aalener Kreisgeschäftsführer Tim Bückner, der erst Ende 2015 auf seinen Posten kam und von den Vorgängen unbelastet ist, sagte am Mittwoch, der Rückgang des verfügbaren Geldes habe auch mit dem demografisch bedingten Mitgliederschwund zu tun. Doch der Verbleib von 100 000 Euro sei ungeklärt. Eine Rechtsanwalts- und Steuerkanzlei prüfe derzeit unter anderem frühere Vorstandsbeschlüsse und die Rechtmäßigkeit von Ausgaben. „Das wird noch vier bis sechs Wochen dauern. Das sind immense Datensätze“, so Bückner. Er ließ offen, ob der Verband danach möglicherweise Strafanzeigen stellen werde. Kiesewetter sprach vor Mitgliedern von zwei bis drei Personen, die besonders im Fokus der Untersuchungen stünden. Ob damit auch Norbert Barthle und Bückners Vorgänger als Kreisgeschäftsführer, Jürgen Dönninghaus, gemeint sind, will der Verband nicht sagen. Dönninghaus ging im vergangenen November nach 22 Jahren als Kreisgeschäftsführer in den Ruhestand.

Fortgeschritten ist bereits der Verfahrensabschnitt, der sich mit dem Verdacht des Spendenbetrugs auseinandersetzt. Nach und nach würden dem Bundestagspräsidenten sämtliche korrigierten Rechenschaftsberichte des Verbands zugesandt, sagte Bückner. Er arbeite dabei eng mit der CDU-Bundesgeschäftsstelle zusammen und sei zuversichtlich, Sanktionen vom Verband abwenden zu können. „Wir haben nicht einen Cent profitiert“, versichert der Geschäftsführer. Ein möglicher Spendenbetrug könnte mit dem Spesenwesen im Verband zusammenhängen.

In einer ganzen Reihe von Fällen sollen zum Beispiel Delegierte Fahrten zu Veranstaltungen im Auftrag des Verbands absolviert haben, anstatt eines Kilometergelds jedoch eine Spendenbescheinigung entgegengenommen haben. Der gemeinnützige Kreisverband darf solche Bescheinigungen ausstellen. Es haben aber wohl auch Delegierte Spendenbescheinigungen für Reisen bekommen, die sie im Auftrag des CDU-Bezirksverbands Nordwürttemberg unternommen haben. Geprüft werde zudem, ob auffällige Reisen überhaupt stattgefunden hätten. In nachgewiesenen Betrugsfällen wären die Geschädigten die Steuerzahler.

Bei der Ellwanger Justiz läuft ein Vorermittlungsverfahren

Die Staatsanwaltschaft Ellwangen besitzt seit Wochen ein Exemplar des Waldmann-Prüfberichts. Ein Sprecher sagte am Mittwoch, man habe nach der ersten Durchsicht ein Vorermittlungsverfahren eingeleitet.

Der CDU-Verband will sich aus seiner Finanzkrise unter anderem durch einen Appell an seine Mitglieder herausarbeiten, freiwillig mehr als die bundeseinheitlichen 72 Euro Jahresbeitrag zu zahlen. Bückner selber fährt in der Kreisgeschäftsstelle einen Sparkurs. „Man muss nicht alles in Farbe drucken“, sagt er zum Beispiel. Außerdem habe er durch einen vermehrten E-Mail-Versand die Portokosten reduziert. Zudem besitze der Verband für den Fall weiterer unerwarteter Verluste oder Strafen noch Immobilienvermögen: zwei vermietete Eigentumswohnungen.