Mit einer Interimsspielstätte an der Schillerstraße wird’s nichts: Niemand kann sagen, wie lange die Bauarbeiten für Stuttgart 21 exakt dauern. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Da waren’s nur noch zwei: Im Vorfeld der Sitzung des Verwaltungsrats der Staatstheater am 17. Juli haben sich Stadt und Land offenbar darauf verständigt, nur noch die Alternativen ehemaliges Paketpostamt Ehmannstraße und ein Areal beim Mercedes-Museum für ein Opern-Übergangsquartier zu untersuchen.

Stuttgart - Bei der Untersuchung möglicher Standorte für eine Interimsoper während der auf mindestens fünf Jahre geschätzten Sanierungszeit des Großen Hauses gibt es offenbar Bewegung. Wie unsere Zeitung im Vorfeld der Sitzung des Verwaltungsrats der württembergischen Staatstheater am 17. Juli erfuhr, ist das Areal an der Ecke Willy-Brandt-/Schillerstraße aus dem Rennen. Der Grund sind die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Fertigstellung des Stuttgart-21-Tiefbahnhofs (offiziell wird nach wie vor von der Bahn das Datum 2021 angegeben) sowie technische Schwierigkeiten bei der Gründung eines Gebäudes: Unter dem Gelände werden als Folgemaßnahme von S 21 derzeit neue Stadtbahntunnel gegraben, zudem verläuft dort auch der von der Bahn neu verlegte Nesenbach-Abwasserkanal.

Zuvor war bereits ein viertes Grundstück – eine Fläche zwischen dem Planetarium und dem Innenministerium – aussortiert worden. Begründung: Die Grundfläche sei für ein Operninterim zu klein. Anderen, zwischenzeitlich lancierten Standortvarianten wie dem Akademiegarten zwischen Neuem Schloss und Charlottenplatz oder am Rand des Oberen Schlossgartens zwischen dem Hotel am Schlossgarten und dem Königin-Katharina-Stift hat die Stadt eine Absage erteilt. Damit läuft es nun auf eine Entscheidung zwischen den beiden noch verbliebenen Standorten hinaus: zum einen das ehemalige Paketpostamt an der Ehmannstraße, zum anderen eine Fläche nahe des Mercedes-Museums, auf der Daimler eigentlich Parkplätze anlegen wollte und die planungsrechtlich bisher als Sportfläche ausgewiesen ist. An beiden Stellen wäre ein wie auch immer geartetes Übergangsquartier für Oper und Ballett schneller zu realisieren als auf dem S-21-Gelände.

BDA-Vorsitzender plädiert für nachhaltige und dauerhafte Lösung

Unterdessen mehren sich Stimmen, die gegen eine reine Interimslösung sind und sich für eine nachhaltige und längerfristige Nutzung des Opern-Ausweichquartiers aussprechen. Der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Architekten (BDA), Alexander Vohl, sagte unserer Zeitung: „Wir Architekten sind für eine nachhaltige und qualitätvolle Lösung, die im jeweiligen städtebaulichen Umfeld gut verortet sein muss.“ Vohl, im Brotberuf geschäftsführender Gesellschafter des Stuttgarter Büros Wulf-Architekten, spricht sich dezidiert gegen ein reines Provisorium aus, das nach der Sanierung des alten Littmann-Baus im Stadtzentrum wieder abgerissen werden würde: „Wenn man schon einen zweistelligen Millionenbetrag im mittleren Bereich in die Hand nimmt, um zu bauen, wäre das der Öffentlichkeit schwer zu vermitteln.“

Der BDA-Chef plädiert gleichzeitig für einen Ideen- und Planungswettbewerb: „Da darf es keinen Schnellschuss geben. Wir brauchen eine mutige Lösung.“ Er persönlich könne sich am Standort Mercedes-Museum durchaus einen kulturellen Akzent vorstellen.

Opern-Intendanz präferiert das alte Paketpostamt

Diesen Standort präferiert auch die Stadt. Allerdings hatte es bisher geheißen, dass Daimler lediglich einer temporären Nutzung – also einem Provisorium, das nach Ende der Sanierung des Littmann-Baus wieder abgerissen werden müsste – zustimmen würde. Die Intendanz der Staatstheater inklusive Opern- und Ballettchef sieht dagegen im alten Paketpostamt an der Ehmannstraße das bessere Ausweichquartier, auch wegen der Nähe zu den Proberäumen am Nordbahnhof. Im Umfeld von Stadion, Sportplätzen und der Daimler-Zentrale, so fürchtet man dort, werde das Opern- und Ballettpublikum ausbleiben – Einnahmeverluste wären die Folge. Bei der international renommierten Stuttgarter Ballettkompanie hatte man für diesen Fall den Abgang von Spitzentänzern prognostiziert.

Das Paketpostamt wiederum müsste zunächst mit Millionenaufwand als Opern- und Ballettspielort ertüchtigt werden – nebst ÖPNV-Anbindung, Fußwegebeleuchtung und Parkplätzen. Falls das Gebäude nach der Zwischennutzung durch Oper und Ballett erhalten bleiben und anderweitig genutzt werden würde, stünde es zudem den Plänen für eine Erweiterung des Rosensteinparks im Weg.

Der Verwaltungsrat hat also am kommenden Montag durchaus noch ein paar harte Nüsse zu knacken.