Die Entwicklung des Staatstrojaners hat den Steuerzahler mehrere Millionen Euro gekostet. Foto: dpa

Das BKA hat drei Jahre lang für mehrere Millionen Euro an einer neuen Version des Staatstrojaners gebastelt. Nun zeigt sich: Die Spähsoftware des Innenministeriums funktioniert nur mit Windows 7.

Stuttgart - Terrorismus, Menschenhandel, organisiertes Verbrechen: Bei schweren Straftaten kann ein Richter anordnen, dass die Polizei die Online-Kommunikation eines Verdächtigen überwachen darf. Für diesen Fall hat das Bundeskriminalamt (BKA) im Auftrag des Innenministeriums drei Jahre lang den sogenannten Bundestrojaner entwickelt. Die Kosten belaufen sich auf rund fünf Millionen Euro, heißt es aus Kreisen des BKA. Im Februar hatte das Innenministerium die Schadsoftware freigegeben, seither dürfen die Strafverfolgungsbehörden mögliche Terrorpläne auf Rechnern ausspähen.

Das Problem: Der Staatstrojaner ist nahezu unbrauchbar. Nach Informationen unserer Redaktion funktioniert der Staatstrojaner lediglich auf Rechnern, die mit dem Betriebssystem Windows 7 laufen. Zwar nutzt laut den Analysten von Net Market Share jeder zweite diese Windows-Version. Doch alle anderen Betriebssysteme sind immun gegen den Trojaner. Wer also nicht überwacht werden will, muss lediglich auf die beiden neueren Windows-Versionen 8 und 10 umsteigen oder über Apple-Rechner sowie Computer mit dem Betriebssystem Linux kommunizieren.

Zuvor hatte bereits die „Welt“ berichtet, dass auch Mobil-Apps wie Telegram, Threema und Viber auf Smartphones und Tablets durchs Raster der Online-Fahnder fallen und sicher sein sollen vor Lauschangriffen der Polizei. Dazu zählt auch das Chatprogramm WhatsApp, das der Online-Konzern Facebook erst vor wenigen Tagen mit einer Ende-zu-Ende-Verschlüsselung ausgestattet hat, damit die Nachrichten wirklich nur von den Gesprächspartnern gelesen werden können und unterwegs verschlüsselt bleiben.

Das Bundesinnenministerium hält sich zu dem Thema bedeckt. Auf Anfrage heißt es, dass man „keine detaillierten Informationen zu technischen Fähigkeiten und ermittlungstaktischen Verfahrensweisen“ geben könne, da Rückschlüsse auf die Methoden der Ermittlungsbehörden gezogen werden könnten. Man verweist aber darauf, dass die Software immer weiter entwickelt werde. Außerdem werde vom Software-Konzern FinFisher aus München parallel eine weitere Überwachungssoftware entwickelt, die derzeit noch getestet werde.

„Teure Bastelaktionen helfen da nicht“

Beim Bund Deutscher Kriminalbeamter ist man erschüttert vom Ergebnis des Staatstrojaners. „Da werden Steuergelder in Millionen verbrannt“, sagt der Bundesvorsitzende André Schulz gegenüber unserer Zeitung. „Ich setze wenig Hoffnung auf den Bundestrojaner.“ Sobald sich Tatverdächtige über WhatsApp oder andere übliche Messenger unterhalten, sei man blind. „Teure Bastelaktionen wie beim Bundestrojaner helfen da nicht.“ Schulz fordert statt der Lösung mit dem Bundestrojaner eine direkte Überwachung. „Wir wollen nicht heimlich durch die Hintertür. Bei einem begründeten Verdacht fordern wir einen transparenten Zugang auf die Kommunikation.“

Auch seine Kollegen beim Landesverband in Baden-Württemberg sind enttäuscht. „Wenn mir jemand verspricht, dass eine Software funktioniert, dann erwarte ich das auch“, sagt der Landesgeschäftsführer Steffen Mayer. Das sei wie mit einem bestellten Streifenwagen, der unvollständig ankommt. „Wir dürfen rechtlich mit Blaulicht fahren, dazu muss es aber im Fahrzeug eingebaut sein und funktionieren.“

Dabei sollte dieses Mal alles besser werden mit dem Staatstrojaner, die Mängel der Vorgängersoftware sollten ausgemerzt werden. Denn bei der früheren Version des Bundestrojaners hatten IT-Spezialisten des Chaos Computer Clubs im Jahr 2011 festgestellt, dass die Ermittler die vollständige Kontrolle über befallene Rechner übernehmen konnten. Damit überschritten die Behörden allerdings deutlich die Grenzen einer Online-Überwachung, die das Bundesverfassungsgericht festgelegt hatte.