Für die Spiele in Berlin: Box-Weltmeister Arthur Abraham Foto: dpa

Welche deutsche Stadt könnte Gastgeber der Sommerspiele 2024 oder 2028 sein? Berlin tut sich schwer, die Bevölkerung für Olympia zu begeistern. Bekommt Hamburg deshalb den Zuschlag?

Berlin - Berlin oder Hamburg? Die arme, pulsierende Hauptstadt oder die feine, nüchterne Hansestadt? Der Wettstreit der deutschen Metropolen hat eine lange Tradition. Doch diesmal geht es nicht darum, welche der beiden Städte schöner für Bewohner und Touristen oder attraktiver für Unternehmen ist. Es geht um die Frage: Mit welcher Stadt soll sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) um die Olympischen und Paralympischen Sommerspiele 2024 oder 2028 bewerben? Die Mitglieder der Dachorganisation entscheiden darüber auf einer außerordentlichen Versammlung am 21. März in der Frankfurter Paulskirche.

Seit den Sommerspielen 1972 in München hat der DOSB viermal versucht, das Ringe-Spektakel wieder nach Deutschland zu holen – ohne Erfolg. Die Bewerbungen von Berchtesgaden 1992 und München 2018 für die Winterspiele scheiterten ebenso wie die Versuche von Berlin 2000 und Leipzig 2012 für die Sommerveranstaltungen. Im fünften Anlauf soll es nun klappen. Die DOSB-Funktionäre wollen deshalb nichts dem Zufall überlassen. Am Dienstag besuchten Präsident Alfons Hörmann und Generalsekretär Michael Vesper eine Sitzung des Berliner Senats im Olympiastadion. Das dort vorgestellte Konzept überzeugte die beiden. Allerdings sagte Hörmann: „Der alles entscheidende Punkt wird sein, ob der Funke auch auf die Berliner übergesprungen ist.“

In diesen Tagen läuft sowohl in Hamburg als auch in Berlin eine repräsentative Telefonumfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa. 1500 Bewohner je Stadt werden befragt, ob sie für oder gegen die Ausrichtung der Sommerspiele sind. Doch welche Rolle spielt das Ergebnis für den Entscheid des DOSB? Generalsekretär Vesper betonte zuletzt zwar, die Zustimmung der Bevölkerung sei „nicht allein“ entscheidend. Die Regeln des Bewerbungswettrennens bleiben aber nach wie vor undurchsichtig.

Nur eines ist klar: Erst ein Bürgervotum im Herbst dieses Jahres bringt Gewissheit, ob sich der DOSB überhaupt mit seiner Kandidatenstadt beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) bewerben kann. Um das Risiko eines Neins möglichst gering zu halten, ist der derzeit laufende Meinungstest nach menschlichem Ermessen ein wichtiger Faktor beim Entscheid. Und so bemühen sich Größen aus Politik, Wirtschaft und Sport in beiden Städten seit Wochen, möglichst viele Bürger für die größte Sportveranstaltung der Welt zu mobilisieren.

In Hamburg klappt das gut. Die Kampagne („Feuer und Flamme für Olympia in Hamburg“) läuft seit Monaten, die Zahl der Befürworter liegt einer Umfrage zufolge bei mehr als 60 Prozent. Am Wochenende kamen über 20 000 Menschen ans Ufer der Binnenalster, um mit Laternen, Kerzen und Fackeln zu zeigen, dass sie für die Spiele in ihrer Heimat sind. Auch internationale Sport-Größen wie Franz Beckenbauer, Felix Magath und Wladimir Klitschko sprachen sich zuletzt für Hamburg als Austragungsort aus.

Die Berliner tun sich indes schwer mit den Spielen. Bei der neuesten Umfrage stimmten nur 52 Prozent der Einwohner für eine Olympia-Bewerbung. Der Senat verpasste lange, die Bürger in die Planungen einzubeziehen. Auch die Werbekampagne („Wir wollen die Spiele“) kam erst im Januar, nachdem Michael Müller das Amt des Regierenden Bürgermeisters von Klaus Wowereit (beide SPD) übernommen hatte, in Gang – womöglich zu spät. Zwar haben die Befürworter 100 000 Pro-Olympia-Unterschriften gesammelt, die breite Masse nimmt Veranstaltungen und Mitmachangebote wie ein Bürgerforum und eine Ideenwerkstatt kaum an. Zudem fehlt ein weltweit bekanntes Gesicht, das sich klar zu den Spielen bekennt.

Doch woran liegt es, dass viele Berliner einer Bewerbung verhalten oder ablehnend gegenüberstehen? Vielleicht an den unzähligen Partys und Kulturveranstaltungen, die ihnen eigentlich genug Spektakel bieten. Vielleicht macht sich eine Übersättigung wegen vieler hochkarätiger Sportereignisse bemerkbar – allein in diesem Jahr gibt es hier die Endspiele des DFB-Pokals und der Champions League im Fußball, das Final Four der Champions League im Volleyball, das Final Four des DHB-Pokals im Handball und die Vorrunde der Basketball-EM zu sehen. Am wahrscheinlichsten ist aber, dass sie Investitionen in Bildung, Sozialwohnungen und Kitas für wichtiger und dringender halten. Auch Karl Brenke vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) ist der Ansicht, dass sich das mit rund 60 Milliarden Euro verschuldete Berlin die Spiele nicht leisten könne.

50 Millionen Euro kostet allein die Olympia-Bewerbung, der Senat rechnet mit weiteren 2,5 Milliarden Euro für die Ausrichtung der Spiele. Im Gegenzug bekäme Berlin nach dem Zuschlag allerdings auch eine Milliarde Euro vom IOC. Wie viel Geld sonst investiert werden müsste – etwa in die Infrastruktur –, ist kaum vorherzusagen. Bürgermeister Müller kündigte bereits an, er wolle keine „gigantomanischen Spiele“ zulassen.

Einen großen Vorteil sieht Berlins Innen- und Sportsenator Frank Henkel (CDU) in den bestehenden Sportstätten. „Wir haben bereits ein Olympiastadion. Das ist unser Anker“, sagt er. Die Frage ist nur: Was bringt ein Anker, wenn das Schiff brüchig und die Besatzung träge ist?