Die Fassaden der neuen Klinikneubauten Foto: Leif Piechowski

Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren: Am 23. November zieht das Olgäle ins neue Quartier. Kurz zuvor ist die Frauenklinik dran.

Stuttgart - Hinter dem Katharinenhospital wachsen die Gebäude der neuen Frauenklinik und des neuen Olgahospitals in die Höhe. Ursprünglich sollte die Einweihung noch Ende 2012 gefeiert werden, doch schon zu Beginn des Bauprojekts gab es Verzögerungen durch Einsprüche bei der Auftragsvergabe und den schwierigen Baugrund. Aus 270 Millionen Euro projektierter Kosten wurden zuletzt 330 Millionen Euro Baukosten, doch das soll am 26. Oktober Geschichte sein, wenn der Neubau offiziell eingeweiht wird. Noch ist man im Zeitplan.

Die Terminfrage: Neben dem Volksfest auf dem Cannstatter Wasen feiert Baden-Württemberg am 2. und 3. Oktober mit Festveranstaltungen und einem Umzug in Stuttgart den Tag der Deutschen Einheit. An allen Wochenenden können zudem Fußballspiele in der Mercedes-Benz Arena stattfinden. Damit wären nicht nur Wege blockiert, sondern auch Rettungskräfte ausgebucht. So kam die Einigung auf den 9. November, die Woche von 11. bis 22. November und den letzten Umzugstag, den 23. November, zustande. Selbst wenn es Katzen hagelt – „verschieben kann man den nicht mehr“, sagt Harald Schäfer, der Leiter des Servicecenter Bau und Engeneering im Klinikum.

Die Planer: Seit mehr als einem Jahr tüfteln Harald Schäfer, Konrad Restle, der Leiter des Umzugsprojekts, Dr. Martin Kroll, Oberarzt der Neugeborenenabteilung, und Eike Grosse, die Pflegedienstleiterin, am Konzept für den Großeinsatz. Eine Umzugsfirma musste gefunden werden, zahllose Konferenzen mit dem Roten Kreuz, der Feuerwehr, den SSB, Hilfsorganisationen und der Straßenverkehrsbehörde sind ins Land gegangen.

Die Möbelpacker: Ein bis zwei Wochen vorm Bezug der neuen Kliniken müssen Computer und Möbel, die nicht dringend gebraucht werden, im Neubau aufgestellt sein. Das erledigt eine Umzugsfirma. Dort, wo neue medizinische Geräte angeschafft wurden, sorgen Techniker und medizinisches Personal dafür, dass sie pünktlich zum Bezug eingebaut und betriebsbereit sind. „Wir brauchen während des Umzugs in allen Häusern zeitgleich OPs, einen Kreißsaal, Intensivstationen und eine normale Neugeborenenstation“, sagt Dr. Martin Kroll.
Das Training: „Mit den Mitarbeitern haben wir im Neubau schon mehrfach Begehungen veranstaltet“, sagt Konrad Restle. In kleinen Gruppen wurden sie geschult, damit sie unter den neuen Gegebenheiten ihre Abläufe planen können – und damit sie sich zurechtfinden, wenn die ersten Patienten kommen. Bei 2500 Räumen im Neubau ist das gar nicht so einfach
Die Vorbereitung: Einen Tag vorm Umzug werden die Ambulanzen geschlossen und jene Patienten entlassen, deren Gesundheitszustand es erlaubt. Entbindende werden an den neuen Standort der Frauenklinik verwiesen. Der Leitende Notarzt stoppt für die Umzugstage die Routineaufnahmen am alten Standort.

Das Kofferpacken: Die Krankenschwestern und das Pflegepersonal haben alle Hände voll zu tun. „Wir stellen jedem Patienten eine Begleitperson zur Seite“, sagt Kroll. Das werden Schülerinnen aus dem Bildungszentrum sein, die beim Packen der persönlichen Sachen helfen.

Die Abreise: Um 8 Uhr geht es los: Die Patienten werden auf Tragetücher gelegt und auf fahrbare Liegen umgebettet. Auf den Liegen geht es dann in die Aufzüge, die von Mitarbeitern der Verwaltung frei gehalten werden. Die Fahrt geht dorthin, wo die Krankenwagen warten.

Die Route: Damit keine Zeit verloren geht, insbesondere nicht beim Transport von Neugeborenen, wird während des Umzugs der Parkraum hinter der Bad Cannstatter Frauenklinik gesperrt. Dort stehen die Krankenfahrzeuge bereit, die nach einem ausgetüftelten Plan so an- und abfahren, dass sie sich nicht gegenseitig behindern. Beim Olgäle wird aus diesem Grund das Parken in der Hasenbergstraße und der Breitscheidstraße verboten sein, die Rechtsabbiegerspur auf der Schlossstraße ist gesperrt. Die Ampelanlagen sind so geschaltet, dass die Transporter fließend zum neuen Standort durchkommen.
Der Takt: Erstmals am 9. November wird sich eine Krankenwagenkarawane durch die Stadt bewegen. An Bord die Patientinnen aus drei Stationen der Frauenklinik. 40 Fahrten sind dafür nötig. Für den Weg hin und zurück, das Ein- und Ausladen der Patientinnen brauchen die Fahrer 58 Minuten. Zwischen 11. und 22. November ziehen schließlich Tag für Tag die Neugeborenen um, auch die kleinen Patienten von der Intensivstation. Die Säuglinge und ihre Mütter sollen schneller am Ziel sein, schon nach 29 bis 30 Minuten. Deshalb fahren die Chauffeure mit Lichtsignal. In dieser Zeitspanne müssen die Krankenwagen nochmals 35-mal zwischen Alt- und Neubau pendeln.

Der Kinderbus: Am Olgahospital müssen 60 der 150 kleinen Patienten nicht liegend transportiert werden. „Wer gehen kann, fährt mit einem Bus der SSB“, so Kroll. Kein Problem, selbst wenn es regnet: Es wurden 60 Regenschirme angeschafft, und Streckenposten sowie Begleiter sind mit Warnwesten ausgestattet. Außerdem schafft die Klinik eine große Zahl von Babytragen an. Für den Tag des Umzugs gilt ein Besuchsverbot, allerdings darf ein Elternteil bei der Abreise und bei der Ankunft dabei sein. Im Bus oder in den Krankenwagen dürfen Mütter und Väter aber nicht mitfahren.
Die Ankunft: „Im neuen Gebäude muss geklärt sein, wo die Patienten hingebracht werden müssen. Deshalb bekommt jeder einen Begleitschein mit Namen, Stations- und Zimmernummer sowie dem Zielort“, sagt Kroll. In den Altgebäuden und den neuen Häusern ist jeweils eine zentrale Ansprechperson im Einsatz, in der Einsatzzentrale muss eine Person als Ansprechpartner für alle Dienst tun. Und natürlich wird jeder Aus- und Einzug dokumentiert. Der reguläre Dienstplan der Ärzte ist an diesen Tagen aufgehoben, „da müssen alle ran“, so Kroll.

Das Unwägbare: Dr. Martin Krolls größte Sorgen sind, dass der Umzug nicht zu den gesetzten Terminen stattfindet oder jemand zu Schaden kommt. Beides liegt außerhalb dessen, worauf die vier Regisseure letztlich Einfluss haben. Ein gelungenes Beispiel gibt es aber: In Ulm ist die große Uniklinik komplett umgezogen. An der Donau hat alles gut geklappt.