Bei den Schwerpunktkontrollen bei den Stuttgarter Straßenbahnen Foto: Kraufmann

Die Strafe fürs Schwarzfahren wird am Mittwoch von 40 auf 60 Euro erhöht. Das scheint notwendig: Immer öfter werden Sünder ohne Ticket erwischt – und der Trend hält auch 2015 an.

Stuttgart - Den 49-Jährigen dürfte die höhere Strafgebühr fürs Schwarzfahren kaum abschrecken. Der Kölner Wohnsitzlose wollte jüngst gar nicht einsehen, dass er für die Zugfahrt nach Böblingen eine Fahrkarte brauchte. Es waren schon zwei Polizeistreifen nötig, um den alkoholisierten Mann zu überwältigen und dabei festzustellen, dass er von der Stuttgarter Staatsanwaltschaft wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe von 300 Euro gesucht wurde.

„Die Fälle von Leistungserschleichung spielen bei uns eine immer größere Rolle“, sagt Jonas Große, Sprecher der Bundespolizeiinspektion Stuttgart. Dabei werden die Beamten überhaupt nur bei jenen Schwarzfahrern eingeschaltet, die sich nicht ausweisen können oder Widerstand leisten. Dennoch explodieren die Zahlen geradezu: Im vergangenen Jahr waren es knapp 4800 Fälle – im Jahr davor lediglich 1800. Der Trend bleibt auch 2015 düster: Bis Mai wurden fast schon wieder die Werte des Gesamtjahrs 2013 erreicht.

Ein Phänomen, das laut Bundespolizei ganz Baden-Württemberg betrifft. Die Zahl der Anzeigen stieg von knapp 8000 auf mehr als 14 000 im vergangenen Jahr. Eine Größenordnung, die nach dem bisherigen Trend übertroffen werden könnte.

Mehr Kontrollen bedingen eine höhere Zahl Schwarzfahrer

Auch bei der Stuttgarter Polizei ist 2014 die Zahl der Schwarzfahrer-Anzeigen gestiegen – von 6900 auf über 7100. Weitaus bedenklicher scheint aber eine andere Entwicklung zu sein: Bei den Schwerpunktkontrollen von Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) und Polizei steigen die Sünder-Quoten. Im Vorjahr lagen diese im Schnitt bei 5,6 Prozent. Bei der jüngsten Aktion am 20. Juni waren es aber sieben Prozent, im Mai sogar 7,6 Prozent. Außerdem: Jeder elfte Nachtbus-Fahrgast hatte keinen gültigen Fahrausweis dabei – obwohl er vorher vorne beim Busfahrer etwas vorzeigen musste.

Freilich: Der Trend beim Schwarzfahren hängt stets davon ab, wann und wie oft Kontrolleure unterwegs sind. So wurde jüngst bekannt, dass die Bahntochter DB Regio von Juli bis Dezember 2013 nicht einmal 7000 anstatt der vereinbarten 25 500 Stunden kontrollieren ließ. Die Prüfer hatten als Zugbegleiter in der alten Baureihe ET 420 aushelfen müssen. Hintergrund waren die Probleme mit den Schiebetritten an den Türen der neuen S-Bahn-Züge. Die Bahn brauchte Personal, das als Zugbegleiter auf das richtige Schließen der Türen achtete. Die Bahn AG setzt außerdem lediglich 30 Kontrolleure für die S-Bahn und weitere 30 für die Regionalzüge in Württemberg ein – da ist der Kontrolldruck erheblich geringer als bei den SSB mit ihren 200 Prüfern.

Nach Angaben von Thomas Hachenberger, Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Stuttgart (VVS), war aber nicht der steigende Trend der Anlass, die Strafe von 40 auf 60 Euro zu erhöhen. Der VVS hatte dies laut Co-Geschäftsführer Horst Stammler vor zwei Jahren im Verband Deutscher Verkehrsunternehmen initiiert. Grund dafür, so Hachenberger, sei allein die Tatsache gewesen, dass auch die Fahrpreise alljährlich steigen. „Insofern wurden die ehrlich zahlenden Fahrgäste in den vergangenen Jahren ungleich behandelt“, sagt er.

Dass der Schwarzfahrer in der S-Bahn bis zum 1. August lediglich 40 Euro Strafe bezahlt, während in der Stadtbahn und den Bussen 60 Euro fällig werden, ist für die VVS-Chefs kein Beinbruch. Wenn die kleinen SSB die Anfang Mai vom Bundesrat beschlossene Erhöhung schneller umsetzen könnten als die bundesweit agierende Bahn, habe man Verständnis, sagt Hachenberger. „Bis die Bahn ihre Software umgestellt hat, dauert es eben ein bisschen länger“, so der kaufmännische VVS-Geschäftsführer. „Aber wenn wir nun für alle erst auf den 1. August setzen würden, hätten wir ja diejenigen begünstigt, die bei den SSB schwarzfahren wollen.“