Ex-Ministerpräsident verteidigt Bahnprojekt: S 21 gehört nicht Stuttgartern allein.

Stuttgart - EU-Energiekommissar Günther Oettinger wirft den Demonstranten gegen Stuttgart 21 vor, die überragende Bedeutung des Projekts für ganz Baden-Württemberg zu ignorieren.

Der geplante Tiefbahnhof und die Schnellbahnstrecke von Wendlingen nach Ulm seien für ganz Baden-Württemberg, nicht nur für Stuttgart wichtig, sagte der ehemalige Ministerpräsident des Landes, Günther Oettinger, am Montag als Gast unserer Redaktion. Deshalb müsse man den Protest gegen Stuttgart 21 kritisch hinterfragen, der auf das Stadtgebiet der Landeshauptstadt und Teile der Metropolregion beschränkt sei. "In Städten wie Ulm oder in Regionen wie der Schwäbischen Alb gibt es eine breite Akzeptanz", sagte Oettinger, der seit Februar EU-Kommissar ist . In anderen Landesteilen würde Stuttgart um das Projekt beneidet.

"Die Dimension des Protests habe ich nicht vorausgesehen", sagte er. Gleichwohl komme er zu dem Schluss, dass Stuttgart 21 "nach wie vor richtig" sei. Mit Blick auf die Diskussion um eine stärkere Beteiligung der Bürger, etwa in Form eines Volksentscheids, sagte der 56-Jährige: "Wer soll das denn entscheiden? Wie kommt man auf die Idee, dass allein die Stuttgarter über ein Projekt bestimmen sollen, dass das ganze Land betrifft". Die Bevölkerung in anderen Kommunen entlang der Trasse müsste dann ebenfalls gefragt werden. Im Übrigen hätten die Stuttgarter beim Bau der neuen Landesmesse auch keinen Volksentscheid verlangt. Damals sei aber auch klar gewesen, dass die Messe die Attraktivität der Stadt steigere, ohne dass es in Stuttgart zu lästigen Bauarbeiten komme. "Hätte man damals also die Bürger von Leinfelden-Echterdingen abstimmen lassen sollen?", fragte Oettinger.

Die Umsetzung von Großprojekten wird nach Meinung Oettingers immer schwieriger. "Es stellt sich die Frage, ob man in einem demokratischen Rechtsstaat Großprojekte überhaupt noch durchsetzen kann".