Nachts Ski fahren: Bei Flutlicht herrscht während der Fahrt mit dem Sessellift eine völlig andere Stimmung als am Tag. Foto: Skiwelt Wilder Kaiser

Man kann in der Skiwelt Wilder Kaiser in Tirol den Ehrgeiz entwickeln, keinen Lift zweimal zu fahren und trotzdem Kilometer zu machen. Oder möglichst viele Hütten besuchen und das Skifahren auf den Abend verschieben.

Söll - Ausstemmen, anziehen - und ab geht’s. Allerdings nicht die Piste hinunter. Wer in der Gipfelalm Hohen Salve einen Damenski bestellt, kommt nicht mit Schnee in Kontakt, sondern mit Schnaps. Auf dem Damenski sind drei Gläser montiert. Erst wird der Ski mit den Händen weggestemmt, dann angezogen und dann gekippt. Nach Luft schnappen gilt nicht, schließlich hängen noch andere Damen am Tropf. Beziehungsweise am Ski. Am besten, man steht nach so einem Damenski nicht gleich wieder auf die Bretter, sondern schaut sich noch um, bis die Fahne verweht ist. Die Hohe Salve ist ein wunderbarer Aussichtspunkt auf die Gipfel Tirols. Auch der Wilde Kaiser ist darunter, der dem Skigebiet seinen Namen gegeben hat. Direkt neben der Gipfelalm steht die höchstgelegene Wallfahrtskirche Österreichs. Die Kirche ist nicht der einzige Superlativ der Gegend.

Die Skiwelt Wilder Kaiser rühmt sich, mit 280 Pistenkilometern und 90 Liften und Gondeln das größte zusammenhängende Skigebiet Österreichs zu sein. Und was ist mit der Skiwelt amadé im Salzburger Land mit den über 700 Kilometer Abfahrt? Skiguide Christian Kapfinger hält dagegen: „Bei uns muss man nicht abschnallen, um von Söll nach Scheffau oder Westendorf zu kommen. Woanders braucht man das Auto, um alle Abfahrten zu machen.“ Der leicht anzügliche Charme von Christian ist vermutlich eine Art Skilehrer-Berufskrankheit. Wenn es ihm zu langsam geht auf dem Ziehweg, schiebt er die Vorderdame in voller Fahrt vorwärts. Wenn die Gondel voll ist, zieht er seine Kollegin trotzdem noch rein und nimmt sie auf den Schoss. An der Hohen Salve mag er die Toiletten besonders gern. Die haben Panoramafenster, das Glas ist jedoch von außen nicht einsichtig.

Schneekanonen so weit das Auge reicht

„Aber was glaubst du, was da drinnen los ist, wenn die Damen auf dem Topf sitzen und man im Vorbeigehen von außen winkt“, feixt er. Christian, der Skiguide, ist aber auch Marketingexperte der Skiwelt Wilder Kaiser und hat seine Zahlen parat. Beim Einkehrschwung in der Kaiser Lounge Ellmau legt er los: 245 der 280 Pistenkilometer sind mit Schneekanonen und Schneelanzen bestückt, über 1500 insgesamt. Sollte es der Himmel einmal nicht gut mit dem Wilden Kaiser meinen, könnten 87 Prozent der Pisten mit technischem Schnee präpariert werden. 64 Pistenraupen seien in der Nacht unterwegs, um jeden Morgen perfekt gewalzte Abfahrten vorzuhalten. Es ist viel Geld im Spiel, damit die Skifahrer nirgends lange warten müssen. Allein in dieser Saison werden 23 Millionen Euro investiert. Das hört sich nach Masse an. Von der ist weder auf den Pisten noch beim Einkehrschwung in der Kaiser Lounge, die modernes Design mit Hüttenfeeling verbindet, etwas zu spüren. 77 ist noch so eine Zahl, die Christian wie aus der Pistole geschossen parat hat: So viele Hütten und Restaurants gibt es im Skigebiet.

Dort einen Damenski, da einen Kaiserschmarrn und auf der Stoagrub’n Hütten dann eine Eisenpfannen-Schlemmerei. In der einen dampft Blunzengröstl, in der anderen verteilen sich Spinatknödel, in der dritten sind Kässpätzle geschichtet. Vielleicht hat es mit der Völlerei zu tun: Der Wilde Kaiser fordert seinen Tribut. Die Abfahrt nach Brixen im Thale ist eine im Sitzen. Die Gondel nimmt auch talwärts Passagiere mit. Lukas Krösslhuber ist Geschäftsführer des Tourismusverbands Wilder Kaiser, wie vermutlich fast alle Österreicher ein sehr guter Skifahrer und auch ein galanter Helfer in der Not. Mit seinem Stock hilft er der Gefallenen auf. Allerdings: „Wenn du fünfmal am Tag einen 100-Kilo-Engländer wieder aufrichten musst, geht das ins Kreuz. Denen habe ich gesagt, erst abschnallen, dann aufstehen“, erinnert er sich an seine Zeiten als Skilehrer. Von den 77 Hütten sind manche auch nach Liftschluss noch offen.

Fürchterlich finden oder mitfeiern

Die Moonlightbar an der Talstation Söll zum Beispiel. In ihr tobt ein alkoholgeschwängertes Inferno. Heiseres Gegröle zu Versen wie „Geh mal Bier holen, du bist schon wieder so hässlich“, Discofox in Skistiefeln. Man kann das fürchterlich finden oder mitfeiern. Letzteres fällt leichter, wenn man den Tag mit einem Damenski begonnen hat. Wundern muss man sich aber trotzdem noch. Nicht nur über die Schlichtheit des zeitgenössischen Liedguts, auch über die männliche Dorfjugend. Junge Frauen in Flirtlaune sind nur wenige Meter entfernt, die jungen Männer halten sich aber verkrampft am Bierglas fest und starren vor sich hin. Beim Nachtskifahren würden sie vermutlich eine bessere Figur machen.

In der zweiten Wochenhälfte sind zehn Pistenkilometer im Söller Skigebiet flutlichtbestrahlt. Bis zu 700 Skifahrer sind dann auf den frisch präparierten Pisten unterwegs. An diesem Abend vergnügen sich auf den weißen Flächen vor schwarzer Kulisse viele Familien. Der Nachwuchs pest auch um halb neun noch voller Energie die Hänge herunter. Man kann aber auch ohne Ski am Abend den Berg hinaufgondeln, dort oben essen und mit dem Schlitten „obi“ fahren. Die Strecke ist schanzen- und fast haarnadelkurvenfrei und führt vier gemütliche Kilometer lang nach unten. Bis zwei Uhr in der Früh ist die „Mondscheinbahn“ beleuchtet. Warum in aller Welt so lange? „Na, es sperrt kein Wirt die Hütte zu, wenn der Laden voll ist“, weiß der Rodelverleiher an der Talstation. Und Schlittenfahren kann man schließlich auch mit dem Damenski.

Infos zu Tirol

Anreise
Mit dem Auto auf der A 8 über München in Richtung Salzburg und Brenner auf die Inntal-Autobahn, ab der Ausfahrt Wörgl-Ost geht es weiter nach Söll, ab Stuttgart ca. 350 Kilometer. Mit dem Zug: ab Stuttgart über München und Wörgl, dann weiter mit dem Bus nach Söll, Fahrtzeit rund viereinhalb Stunden.

Unterkunft
Hotel Alpenschlössl, großzügiges Haus mit Schwimmbad und Saunalandschaft, etwas abseits vom Dorf gelegen in schöner Aussichtslage. DZ im Winter ab 120 Euro pro Person inkl. Dreiviertel-Pension, Reit 15, A-6306 Söll, www.hotel-alpenschloessl.com‎

Landhotel Hochfilzer, kleines, aber feines Hotel mit ansprechendem, modernem Design und sehr guter regionaler Küche, DZ im Winter ab 84 Euro pro Person inkl. Halbpension, Reit 1, A-6306 Söll, www.hochfilzer.info

Weitere Unterkünfte, auch Ferienwohnungen und Hütten, in Ellmau, Going, Scheffau und Söll über den Tourismusverband Wilder Kaiser, www.wilderkaiser.info

Skiwelt
Wilder Kaiser Skipass Wilder Kaiser-Brixental: Die Tageskarte kostet in der Nebensaison (14. 3. bis 12. 4.) 40,50 Euro für Erwachsene, für Kinder 20,50 Euro. Der Sechs-Tage-Skipass kostet in der Nebensaison 191,50 Euro, für Kinder 95,50 Euro.

Mehr Informationen unter www.skiwelt.at

Familienwochen: Zum Saisonende gehen die Preise runter: Wenn ein Elternteil einen Skipass für mindestens drei Tage kauft, können Kinder bis zu 15 Jahren umsonst die Lifte und Gondeln nutzen. Das Angebot gilt vom 14. 3. bis 12. 4.

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