Im Abenteuerland ist der Teufel los - um Kinder zu begeistern, lässt sich Galtür viel einfallen. Foto: Schoenherr

Der kleine Tiroler Skiort Galtür, der 1999 traurige Berühmtheit durch eine Lawinenkatastrophe erlangte, macht heute vor allem Kindern Lust aufs Skifahren.

Zehn Kilometer weiter unten ist der Bär los. In Ischgl, dem berühmtem Party-Skiort, lassen sie es fast täglich krachen. Wer es ruhiger haben möchte, der fährt bis ans Ende des Paznaun-Tals - nach Galtür. Zwar kann das Skigebiet dort von der Größe her nicht mit dem in Ischgl mithalten, aber wer kleinere Kinder hat oder in Ruhe langlaufen möchte, ist in Galtür besser aufgehoben. Im großen Ischgl hat es gerade mal einen Ski-Kindergarten. Das kleine Galtür hingegen ist voll auf Kinder eingestellt. Manche Eltern kombinieren auch beide Welten: Während die Kleinen in Galtür betreut werden, fahren Mama und Papa Ski in Ischgl - der kostenlose Skibus, der durchs Paznaun-Tal fährt, erleichtert einen solchen Spagat. Galtür ist ein Ort der kurzen Wege. Wer diese besonders kurz halten möchte, der sucht sich am besten eine Unterkunft im kleinen Weiler Wirl direkt am Fuße des Skigebiets. Dort kann man zu den Liften und der Skischule laufen, zum Supermarkt im zwei Kilometer entfernten Galtür benötigt man dann allerdings den Skibus oder ein Auto. Galtür tut alles, damit Kinder Lust aufs Skifahren bekommen. Am Fuße des Skigebiets gibt es für die ganz Kleinen ein Bambiniland mit Förderbändern, Karussell und Rutsche. Oben auf dem Berg, den man vom Weiler Wirl aus recht schnell mit Gondel oder Sesselbahn erreicht, wartet auf die etwas größeren Kinder ein Abenteuerland. Man kann dort durch einen Märchenwald fahren, mit den Skiern durch ein Hexenhäuschen brettern - und sich dabei das gruslige Gelächter aus Michael Jacksons Hit „Thriller“ anhören.

Das Skigebiet von Galtür

Skifahren ist kein Hexenwerk, sondern macht Spaß - so lautet die Botschaft des Skigebiets, das für Jugendliche auch noch einen Funpark, eine Speedstrecke und eine Buckelpiste bereithält. Sogar das Fahren abseits der Pisten, also im Tiefschnee, kann man mal testen - auf einem gesonderten Hang namens „Heldenreich“. Das Ganze setzt natürlich immer voraus, dass es Frau Holle ausreichend schneien lässt. Wobei Galtür in dieser Hinsicht im Vergleich mit anderen Skigebieten relativ gut dasteht. Das Skigebiet ist nicht nur relativ sturmsicher, sondern auch vergleichsweise hoch gelegen (1600 bis 2297 Meter über dem Meeresspiegel). 75 Prozent der Pisten werden zudem künstlich beschneit, wie dies inzwischen in fast allen Skigebieten üblich ist. In Galtür kümmern sich allein fünf Mitarbeiter um die Schneekanonen und Schneelanzen. Sechs Pistenraupen sind täglich im Einsatz. „Wir treiben heute viel mehr Aufwand als früher“, sagt ein Mitarbeiter. Die Personal- und Stromkosten summieren sich und machen auch den Betrieb eines kleinen Skigebiets wie das von Galtür teuer. Eine Tageskarte kostet in der Hauptsaison 37,50 Euro - für Familien und in der Nebensaison sind die Preise günstiger. Fast ganz Galtür lebt vom Tourismus - und das funktioniert ganz gut. Den 795 Einwohnern stehen knapp 4300 Gästebetten gegenüber. 60 Prozent der Gäste kommen im Winter, 40 Prozent sommers - zum Wandern, Klettern oder Mountainbiken.

Der Urlaub im Sommer ist günstiger. Jeder Gast erhält dann von seinem Vermieter eine Silvretta Card, mit der man sämtliche Seil- und Sesselbahnen, Busse sowie Frei- und Hallenbäder kostenlos nutzen kann. Finanziert werden diese Vergünstigungen zum Teil durch die Winterurlauber - mit den Einnahmen aus der Kurtaxe wird die Silvretta Card subventioniert. Die positive Entwicklung des Ortes ist nicht selbstverständlich, wenn man bedenkt, welche Bürde Galtür zu tragen hat. Der Ortsname steht noch immer für eine der größten Lawinenkatastrophen in den Alpen. 31 Menschen starben, als in einem extrem schneereichen Winter am 23. Februar 1999 gegen 16 Uhr am Ortsrand von Galtür an völlig unerwarteter Stelle eine riesige Lawine abging. Unter anderem sei ein 400 Jahre altes Bauernhaus zerstört worden, erzählt einer, der damals dabei war. Dies allein zeige schon, wie einzigartig das Ereignis gewesen sei. Keiner der überlebenden Einwohner sei damals jedoch weggezogen, erzählt der Zeitzeuge, alle hätten an die Zukunft von Galtür geglaubt. Zugleich tat Galtür alles, um sich noch besser vor Lawinen zu schützen. „Wir haben uns geschworen: So etwas darf sich niemals wiederholen“, sagt er. Andernfalls wäre Galtür das Image als Katastrophenort wohl nicht mehr losgeworden. Eine große Schutzmauer sowie eine Gedenkstätte erinnern im Ort heute an das Unglück. Ansonsten schaut man lieber nach vorn. Und die Zukunft, das sind hoffentlich auch weiterhin glückliche Kinder im Schnee - nicht nur im Touristenort Galtür.