Beate Hörz überprüft die Präsentation der Ware im Hofladen Foto: Götz Schultheiss

In einer Serie präsentieren wir landwirtschaftliche Betriebe, die sich auf den Fildern und im Schönbuch eine Nische geschaffen haben. Heute: der Gemüsehof Hörz aus Filderstadt-Bonlanden

Bonlanden - Unter einem Tunneldach aus Folie stehen Auberginensträucher, Gurken und Tomaten in Reih’ und Glied. Zur Zeit tragen sie noch Früchte. „Innerhalb der kommenden acht Wochen pflanzen wir eine andere Fruchtfolge“, sagen Beate und Jörg Hörz vom Bonländer Gemüsehof. Wenn die Auberginen, Gurken, Melonen, Tomaten oder Süßkartoffeln aus den 6000 Quadratmetern Acker unter den Folientunneln geerntet sind, werden Schösslinge von Salat, Spinat und anderen Blattgewächsen gepflanzt. „Wir produzieren das ganze Jahr über in den Tunneln und auf 22 Hektar Freiland -Gemüse“, sagt Beate Hörz. Die Folientunnel müssten auch im Winter nicht beheizt werden. „Der Schutz durch die Folie genügt, damit das Gemüse wächst.“

Das Augenmerk liegt auf der Artenvielfalt

Den Hof gibt es seit Generationen, erst im Ortskern, dann auf dem Bühlerfeld. Jörg Hörz hat ihn von seinem Vater übernommen. „Wir hatten einen typischen Mischbetrieb mit Kohl, Getreide und Milchkühen“, sagt Jörg Hörz. Vor 45 Jahren sei seine Mutter mit Gemüse auf den Bonländer Wochenmarkt gefahren. Die Nachfrage hat das Ehepaar dazu inspiriert, einen neuen Weg in der Landwirtschaft einzuschlagen: einen auf Gemüse spezialisierten Biohof mit Direktvermarktung.

Im Jahr 1995 begann das Ehepaar mit dem Bioanbau nach den Richtlinien von Bioland, einem Anbauverband, der wie Demeter oder Naturland Mitglied im Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft ist. Weil im Ökoanbau der Verzicht auf synthetische und chemische Dünger verlangt wird und der Einsatz von Pestiziden und Herbiziden tabu ist, wird das Unkraut mit der Hacke entfernt. „In einem Biobetrieb geht vieles nur mit Handarbeit“, sagt Beate Hörz.

Beim Saatgut erhalte man die Artenvielfalt durch die Auswahl alter Sorten. Indiskutabel ist auch chemisch gebeiztes Saatgut. „Dabei hat jedes Korn einen Mantel aus Chemikalien, die bis zur Ernte vor Insekten schützt“, sagt Jörg Hörz. Auch Kräuter dürfen auf dem Acker und an den Randstreifen mitwachsen. „Dadurch bleiben die Bienen erhalten, die zum Bestäuben wichtig sind“, sagt Beate Hörz. Außerdem bekommen die Ackerböden immer wieder Zeit, sich zu erholen, damit sie ihren Nährstoffgehalt behalten und nicht auslaugen. Das Ehepaar ist überzeugt, dass der Bioanbau nicht nur gesund ist, sondern dass die Produkte wegen der natürlichen Inhaltsstoffe besser schmecken. Alljährlich werde der Hof von Bioland-Kontrolleuren geprüft, ob die Richtlinien des Ökolandbaus eingehalten werden.

In Grünen Kisten kommt das Gemüse zum Kunden

50 Mitarbeiter, Gärtner, Erntehelfer und Bürokräfte arbeiten auf dem Hof. „Wir haben auch vier Azubis, einen fürs Berufsbild Kaufmann für Büromanagement und drei angehende Gemüsegärtner“, sagt Jörg Hörz. Alle zusammen kümmern sich auch um den Lieferservice, denn der Gemüsehof setzt nicht nur auf den Verkauf im Hofladen oder auf dem Wochenmarkt, er ist auch online präsent und beliefert jede Woche 900 Kunden mit grünen Kisten, die sich jeder Käufer vorher mit der von ihm gewünschten Ware zusammengestellt hat. Für die Kisten gibt es ein Pfandsystem, und in den kommenden Wochen entscheidet ein Versuch, ob man beim Verpacken gänzlich ohne Plastikfolie auskommt.

Scheune wird manchmal auch zum Konzertsaal

Die Daten der Bestellungen werden in den Computer gespeist und von einem Drei-Personen-Team in einem Lagerraum abgerufen, das die Kisten mit den gewünschten Artikeln füllt. Zuvor wird die Ware in einer großen Scheune gewaschen und geschnitten. In Kühlzellen wird Gemüse, das vor dem Frost geerntet wird, in Paletten mit Erde gelagert. Dazu zählen Möhren, Pastinaken, Rote Beete, Wurzelsellerie, Kraut oder Kürbisse. Einmal in zwei Jahren wird die Scheune zum Konzertsaal: „Wir haben irgendwann festgestellt, dass hier eine gute Akustik herrscht“, sagt Beate Hörz. „Seither präsentieren wir hier alle zwei Jahre am ersten Samstag der Sommerferien Hofkonzerte mit dem Filharmonischen Kammerorchester unter Robert Wieland, das klassische Musik spielt.“

Außerdem arbeitet der Biohof mit dem Filderstädter Verein Yirabah zusammen, der im Dorf Sikunda im westafrikanischen Staat Gambia ökologisch landwirtschaftliche Projekte betreut und außerdem dem Dorf mit solarbetriebenen Lampen Licht in die Tropennächte bringt. Die große Küche des Hofs dient dem Verein immer wieder als Versammlungsraum. „Mein Mann hat den Verein beraten, wie man die Beregnungsanlage für die Gemüsefelder in Sikunda konstruieren muss. Ökologie ist eben ein Thema, das über die Filder hinausgeht“, sagt die Landwirtin.

Obst, das ebenfalls zum Lieferumfang gehört, wird auf dem Biohof allerdings nicht angebaut. „Wir haben Patenschaften mit anderen Biohöfen in der Region. Wir beziehen von anderen Höfen auch Brot, Käse und Fleisch, um einen vollen Lieferumfang an Bio-Produkten bieten zu können“, sagt Beate Hörz.

Ausgeliefert werden die Waren im Umkreis von 30 Kilometer in fünf Lieferwagen: „Das ist allemal ökologischer, als wenn die Kunden zu uns fahren müssten, um die Ware abzuholen“, sagt Beate Hörz.