Blumen am Ackerrand sind nicht nur schön, sondern helfen auch Insekten. Foto: factum/Granville

Bauern verzichten auf Ertrag, auf dass Biene und Co natürlichen Lebensraum bekommen. Das ist aber kein Ausgleich für das Zubauen von Landschaft – der erfolgt an vielen anderen Stellen.

Korntal-Münchingen - Die Streifen sind zwischen einem halben und einem Meter breit und zusammen drei Kilometer lang. Darauf wachsen Korn- und Ringelblumen, Rittersporn, Löwenmäulchen oder Calendula – bis zu 16 verschiedene Wildblumen stehen an vielen Äckern in Münchingen gerade in voller Blüte. Sie sind Teil eines Projekts, das Bienen, Wespen und Konsorten Lebensraum bieten und damit dem Insektensterben entgegenwirken soll. Die Stadt Korntal-Münchingen und neun Landwirte aus Münchingen haben sich dafür zusammengetan. Diese Ackerblühstreifen seien nicht als Kompensation für zugebaute Landschaft anerkannt, sagt Angelika Lugibihl von der Umweltstelle der Stadt. Ausgleich dafür schafft die Stadt anders – vom Regenwassermanagement bis zur Ackerboden-Verlagerung.

Die Stadt bezahlt zehn Kilogramm Samen

Die Blumenstreifen am Ackerrand verminderten die Anbauflächen, erklärt Herbert Schmalzridt, einer der Projektpartner. „Jeder Landwirt verzichtet damit auf 100 bis 150 Euro Ertrag.“ Ende April wurden die Samen am Ackerrand ausgebracht. Die Rechnung für zehn Kilogramm Samenmischung mit 600 Euro übernahm die Stadt. Wer im nächsten Sommer in seinem Garten auch ein paar Quadratmeter Wildblumenwiese haben wolle, könne sich im Frühjahr bei ihm melden, meint Schmalzridt. Auf die Idee mit den Blühstreifen sei man beim Anlegen der Ackerlehrpfade vor einigen Jahren gekommen. Der Stadt sei dies „superwichtig“ als Beitrag zum Klima- und Insektenschutz, betont Angelika Lugibihl – auch wenn es freiwillig sei.

Nicht freiwillig, sondern Pflicht ist ein Ausgleich für bauliche Eingriffe in die Landschaft. Diese muss die Stadt leisten für das Baugebiet Korntal-West; für die Bebauung am Spitalhof in Münchingen ist es geschehen. Am Nordrand des Seewalds habe man dafür mehrere Hektar aufgeforstet, erklärt Lugibihl – gleichzeitig für mehrere Maßnahmen, auch für private Investitionen. Dazu gehörten die Erweiterung eines Firmengeländes in Kallenberg oder der Bau einer Discounterfiliale in Münchingen. Für zwei mögliche Baugebiete in Münchingen habe man Ausgleich im Blick.

Wasserreservoir bleibt unsichtbar

Für das Koroneo in Korntal wurde nebenan ein Ausgleich geschaffen: Eine Überschwemmungsfläche für Starkregen. Zu erkennen ist diese am Geländeeinschnitt entlang der Sporthalle, in dem ein Kinderspielplatz angelegt wurde. Zusätzlich ist darunter eine sogenannte Retentionsfläche, also ein nicht sichtbares Wasserreservoir. „Ein Becken mit einem Zaun drumherum wäre in der neuen Stadtmitte kontraproduktiv gewesen“, meint Lugibihl.

Für Korntal-West wird sich die Stadt an einem Ausgleich auf der Baar beteiligen. Dort wird eine Fläche hergerichtet für die Ansiedlung mehrerer Kiebitzpaare. Auch im Stadtgebiet selbst ist Ausgleich vorgesehen. So wird es unter anderem im Baugebiet selbst eine Regenwasserstaufläche geben. Dach- und Fassadenbegrünung ist ebenso vorgesehen wie ein Spielplatz mit Wiese, ein mehrere Hundert Meter langer Schutzstreifen für Eidechsen nördlich der Bahnlinie, zehn Gemüsegärten zum Verpachten oder das Wiederherstellen eines kleinen Waldstücks.

Ebenfalls dazu gehört die Verlagerung von Mutterboden, der beim Bau von Erschließungsstraßen abgegraben wird. Die Erde wird südlich der Bahnlinie auf etwa 20 000 Quadratmeter Acker eingearbeitet. Dies soll von August 2018 an geschehen. All dies, so Lugibihl, stehe im Entwurf des Grünordnungsplans, dieser wird im Herbst dem Gemeinderat vorgestellt.