Eine Sonderlösung bei der Tarifstruktur im VVS wird es im Rems-Murr-Kreis wohl vorerst nicht geben. Foto: Gottfried Stoppel

Der Geschäftsführer des Verkehrsverbunds Stuttgart, Horst Stammler, rät den Rems-Murr-Kreisräten zunächst die geplante Tarifzonenreform abzuwarten, bevor man über eigene Wege bei der Bezuschussung von schlecht verdienenden Bürgern geht.

Waiblingen - Die Idee, im Rems-Murr-Kreis konkret über die Einführung eines Sozialtickets für den Verkehrsverbund Stuttgart (VVS) nachzudenken, ist wohl erst einmal verschoben. Die Diskussion über die Sonderlösung war im Zuge der Haushaltsberatungen aufgekommen. Zwar hat der VVS-Geschäftsführer Horst Stammler im Umwelt- und Verkehrsausschuss des Kreistags jetzt von guten Erfahrungen in der Landeshauptstadt berichtet, den Kreisräten aber dringend empfohlen, zunächst eine im gesamten System anstehende Tarifzonenreform abzuwarten.

Fast doppelt so viele Fahrscheine verkauft

Die Bilanz des Tickets liest sich zunächst wie eine Erfolgsgeschichte. Bürger mit geringem Einkommen können damit in der Landeshauptstadt seit zwei Jahren für die Hälfte des Fahrpreises mit öffentlichen Verkehrsmitteln reisen. Die Zahl der verkauften Fahrscheine sei auf mehr als 240 000 um satte 87 Prozent angestiegen, man habe lediglich mit einem Plus von 45 Prozent gerechnet, sagte Stammler. Auch der Bekanntheitsgrad und die Zufriedenheit mit der Leistung seien überdurchschnittlich gut.

Allerdings lässt sich die Stadt Stuttgart den Nachlass auch etwas kosten. 5,1 Millionen Euro pro Jahr werden dafür über die reguläre Beteiligung hinaus an den Verkehrsverbund überwiesen.

Auf Basis der Stuttgarter Erfahrungen hat der Verkehrsverbund auch eine Kalkulation für den Rems-Murr-Kreis aufgestellt. Demnach würde ein lokales Sozialticket je nach Variante zwischen 1,4 und 1,8 Millionen Euro kosten. Der höchste Preis wäre fällig, wenn die Berechtigten über alle Tarifzonen hinweg vergünstigt reisen könnten. Zusätzliche Kosten sind durch den Vertrieb zu erwarten. Während in Stuttgart auf das vorhandene System einer Bonuscard aufgesattelt werden konnte, müsste ein solches an Rems und Murr komplett neu aufgebaut werden.

Mit mindestens einem Jahr Vorlaufzeit ist laut Stammler zu rechnen, bis ein Sozialticket für den Rems-Murr-Kreis an den Start gehen könnte. Doch bevor eine Entscheidung darüber gefällt wird, sollte seiner Meinung nach sinnvollerweise abgewartet werden, mit welchen Tarifzonen man im VVS künftig zu rechnen hat. Er gehe davon aus, dass im kommenden Jahr eine wie auch immer geartete Reform beschlossen werde, die dann 2020 in Kraft treten könnte. Stammler: „Die Stadt Stuttgart setzt uns da schon unter Druck, weil sie bereit ist, dafür auch Geld zu zahlen.“

Sigel: Möglicherweise ist on Top nichts mehr drin

Und so schlossen sich die meisten Kreisräte, so auch der Großerlacher Bürgermeister Christoph Jäger, der Auffassung an, das Thema zu vertagen. Der CDU-Mann verbunden mit der „Hoffnung, dass eine einfache Tarifstruktur, die auch ohne Studium zu verstehen ist, genügend Anreize schafft.“ Andere, wie der ÖDP-Rat Thomas Bezler, äußerten die Befürchtung, dass die Reform „so teuer wird, dass wir uns das Sozialticket nicht mehr leisten können“. Dem wollte der Landrat Richard Sigel nicht widersprechen: „Es kann schon sein, dass dann on Top nichts mehr drin ist.“

Klaus Riedls Hoffnung, dass der Vorstoß eines Landkreises vielleicht eine regionsweite Lösung bewirken könnte, wie sie seine Partei, die SPD, schon seit Jahren erfolglos im Regionalverband fordert, machte hingegen Horst Stammler zunichte. Zwar war in Böblingen fast zeitgleich zum Rems-Murr-Ausschuss mit ähnlichem Tenor diskutiert worden, aber die Landkreise Esslingen und Ludwigsburg lehnten laut Stammler ein Sozialticket ab. In Göppingen hingegen wird die Einführung ähnlich gefeiert wie in Stuttgart. Allerdings kann der Landkreis zumindest in der internen Diskussion kaum zurate geführt werden – schließlich zählt er nicht zum VVS.