Die Reinigung öffentlicher Plätze ist eine teure Angelegenheit. In unserer Bildergalerie zeigen wir die Plätze, die am häufigsten vermüllt zurückgelassen werden. Foto: Peter-Michael Petsch

Mitarbeiter der Abfallwirtschaft müssen von Jahr zu Jahr mehr Kehricht aufsammeln.

Stuttgart - Seit mehr als zehn Jahren betreut Hans-Christian Wieder ehrenamtlich als Obmann den Bismarckturm auf dem Killesberg. Er öffnet ihn am Wochenende für Besucher und schaut regelmäßig nach dem Rechten. Am vergangenen Sonntag traute er seinen Augen nicht. Unmengen von Flaschen, Pappbecher und Getränkekartons lagen verstreut herum. An den Müll hat er sich fast schon gewöhnt. Viel schlimmer war: „Mit Brachialgewalt wurde ein Bodenstrahler, der den Turm nachts anleuchten soll, zerschlagen.“ Der Sachschaden beträgt rund 10 000 Euro. Wieder hat Anzeige bei der Polizei erstattet – freilich ohne Hoffnung, dass die Täter dingfest gemacht werden können. „In dieser Form und Heftigkeit hat es so was noch nie gegeben“, sagt er.

Dabei gilt der Bismarckturm, was Vermüllung und Zerstörungen angeht, aus Sicht der zuständigen Behörden noch nicht einmal als Schwerpunkt in Stuttgart. Spielplätze wie die Elisabethenanlage im Westen oder die Anlagen am Max-Eyth-See haben viel mehr zu leiden. Gerade im Sommer sind Freiluftpartys beliebt – und immer öfter bleiben dabei Müll und zerstörte Spielgeräte und Sitzbänke zurück. „Die Wertschätzung der Einrichtungen nimmt ab, der Abfall nimmt zu“, bestätigt Walter Wagner vom Garten- und Friedhofsamt der Stadt, das für die Sauberhaltung der Spielplätze verantwortlich ist. Als Beispiele verweist er etwa auf Einweg-Grills aus dem Supermarkt, die auf Parkbänken benutzt werden und verbranntes Holz hinterlassen. Genaue Zahlen kann er nicht nennen, weiß aber aus seiner langjährigen Erfahrung. „Der Vandalismus kostet uns sehr viel Geld.“

Regelmäßig im Sommer steigt die Zahl der Gelben Karten, mit denen sich die Bürger bei der Stadt beschweren können, deutlich an. „Dann bekommen wir auch viele Hinweise auf vermüllte Spielplätze und Aussichtspunkte“, sagt eine Sprecherin der Stadt. Auch die Mitarbeiter der Abfallwirtschaft Stuttgart (AWS), die für die Grünflächen zuständig sind, beobachten einen schwindenden Sinn für Sauberkeit bei den Bürgern.

Die Kosten für die Müllbeseitigung sind enorm

Ein Indikator dafür ist die Menge des Straßenkehrichts, den das Personal aufsammelt. Darunter fällt der weggeworfene Müll auf Straßen, Plätzen und Anlagen sowie in Mülleimern. Dieser hat in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Waren es im Jahr 2009 noch 4980 Tonnen, so stieg die Menge 2010 auf 5518, 2011 sogar auf 5754 Tonnen. Im ersten Quartal 2012 waren es über 1000 Tonnen. Da erfahrungsgemäß in den Sommermonaten die Müllberge am größten sind, lassen sich daraus noch keine Prognosen für das ganze Jahr ableiten. Die Kosten sind enorm. Allein die sonntägliche Reinigung der großen Naherholungsgebiete wie Max-Eyth-See, Egelseer Heide, Uhlands- oder Karlshöhe, schlägt beim AWS mit 30 000 bis 40 000 Euro pro Jahr zu Buche. Weit über zehn Kubikmeter Müll fallen hier allwöchentlich an.

Obwohl die Müllberge jedes Jahr wachsen, bleibt das Budget der Abfallwirtschaft für die Reinigung gleich. Es liegt seit Jahren bei etwa 14,5 Millionen Euro. „Noch schaffen wir das irgendwie, aber wir können mit dem vorhandenen Personal kaum neue Schichten dazwischenschieben“, sagt Ulla Allgaier, Sprecherin der AWS. Zurückgelassen wird fast alles: Getränkekartons,, Flaschen, Papier und sonstiger Hausmüll. Aber auch Grills oder Stühle. „Inzwischen finden wir im Frühjahr und Herbst immer wieder Fahrzeugreifen“, sagt Ulla Allgaier. Ein besonderes Problem sind zerbrochene Flaschen, die für andere Besucher zur Gefahr werden. „Das passiert meist dann, wenn viel Wodka geflossen ist“, sagt Walter Wagner vom Gartenamt. Dann müssen die Mitarbeiter den Spielplatz mühsam mit Handschuhen durchforsten und gegebenenfalls den Sand reinigen.

Doch was tun, um das Problem in den Griff zu bekommen? „Wir wollen keine Verhältnisse wie in Frankreich“, sagt Walter Wagner. Dort seien in vielen Großstädten die Spielplätze von einem hohen Zaun umgeben und nur zu bestimmten Zeiten zugänglich. Auch Verbotsschilder, fürchtet er, hätten wohl nur geringe Auswirkungen. Die Polizei kann bei ausufernden Partys nur einschreiten, wenn wie im Fall des Bismarckturms Anzeige erstattet wird. „Natürlich gehen unsere Streifen auch gezielt auf solche Gruppen zu und sprechen sie an“, sagt Polizei-Sprecher Olef Petersen. Doch mehr als der Aufruf, den produzierten Müll auch wieder mitzunehmen, ist nicht drin.

Für Walter Wagner vom Garten- und Friedhofsamt geht es darum, dass wieder mehr Bürgersinn einkehrt und die Leute sich die Frage stellen, in welcher Gesellschaft sie leben wollen. Auch für Hans-Christian Wieder, der sich um den Bismarckturm kümmert, bleibt letztlich nur der Appell an die Vernunft der Menschen. „Die Leute müssen begreifen, dass es auch ihre Stadt und damit ihr Bismarckturm ist.“