Fritz Kuhn kurz vor seinem ersten Einsatz fürs Regionalparlament Foto: Kovalenko

Das neu gewählte Regionalparlament nimmt am Mittwoch die Arbeit auf – auch der neue Regionalrat Fritz Kuhn. Stuttgarts Oberbürgermeister verspricht im StN-Interview großen Einsatz.

Das neu gewählte Regionalparlament nimmt am Mittwoch die Arbeit auf – auch der neue Regionalrat Fritz Kuhn. Stuttgarts Oberbürgermeister verspricht im StN-Interview großen Einsatz.

Stuttgart - Herr Kuhn, als Regionaut im Geiste gelten Sie schon länger. Nun werden Sie ganz förmlich Regionalrat. Finden Sie das prickelnd?
Es ist jedenfalls kein Routinevorgang. Neu in ein Parlament gewählt zu werden ist immer etwas ganz Besonderes.
Sie kämpfen mit oberbürgermeisterlichem Terminstress. Geht da überhaupt noch was zusätzlich bei Ihnen?
Das war mir ja bewusst. Die Sitzungen der Verbandsvollversammlung, der Ausschüsse und der Fraktion werden wir gut unterbringen. Wichtig ist, dass man die Themen und die Arbeit klug bündelt und dem Wichtigen Vorrang gibt. Aber es ergibt sich auch Entlastung. Wenn ich zum Beispiel im verkehrspolitischen Diskurs bei der Region gut drin bin, bereitet sich so manche Lenkungskreissitzung im Rathaus und Aufsichtsratssitzung beim Verkehrsverbund oder den Stuttgarter Straßenbahnen leichter vor.
Es gibt ja eine Art Notausgang. Den Ausschüssen, in denen die Arbeit stattfindet, gehören Sie nur als Ersatzmitglied an. Regionalrat Kuhn kann sich also rauspicken, was er will, kommen und gehen, wie er will?
Das müssen Sie anders herum betrachten: Das ist die Tür, durch die ich überall Zugang habe, um im Rahmen meiner zeitlichen Möglichkeiten mitzumischen, wo es wichtig ist. Nur reinzusitzen und geistig doch nicht da zu sein, kann man bleiben lassen. Das Signal ist: Der Kuhn wollte nicht nur auf den Stimmzettel, der will sich auch einbringen.
Mit welcher Grundhaltung treten Sie an?
Ich sage: Wenn es der Region gutgeht, geht es auch der Landeshauptstadt gut. Diese Region ist ein wirtschaftlicher Hotspot in Europa. Die Unternehmen unterscheiden nicht nach Stadt Stuttgart und dem Rest der Region. Die betrachten diesen Ballungsraum als Ganzes. Ich will mich daher partnerschaftlich in die Region einbringen, kooperativ und fair mitarbeiten. Wobei schon klar ist, dass es auch schwierige Themen gibt wie etwa die unterschiedlichen Gewerbesteuer-Hebesätze.
Was wird Ihnen bei den Themenfeldern besonders wichtig sein?
Als einen großen Schwerpunkt betrachte ich die Umsetzung des ÖPNV-Pakts, den Landesregierung, Verband Region Stuttgart, Landeshauptstadt und die Landkreise geschlossen haben. Da wollen wir bis 2025 ein Fünftel mehr Fahrgäste in Bussen und Bahnen haben. Die Aufgaben, die man dem Verband zuwies, sind sehr wichtig: dass die S-Bahnen endlich wieder pünktlich fahren und dass wir Express-Buslinien schaffen, die tangential schnellen Verkehr ermöglichen, ohne dass es über die Stuttgarter City geht.
Was ist mit den P+R-Plätzen, den Umsteigerparkplätzen? Da fehlt doch manches, und die bestehenden Plätze müssen einheitlich gestaltet und bewirtschaftet werden.
Dafür wird im ÖPNV-Pakt dem Verband die Zuständigkeit übertragen. Es ist ganz wichtig, dass ein einheitliches Konzept schnell, aber auch gut entwickelt wird. Schließlich wollen wir mit einem attraktiven P+R-Angebot Autos, die heute noch nach Stuttgart reinfahren, aus der Stadt raushalten.
Wenn es dafür zusätzliches Geld braucht, leistet Stuttgart dann einen Sonderbeitrag?
Das ist nicht das Thema. Stuttgart ist maßgeblicher Finanzier des Verbands und gibt etwa 30 Prozent dessen, was der Verband sich via Verbandsumlage von seinen Mitgliedern holt. Bei der Verkehrsumlage, die der Verband auch erhebt, ist es etwas weniger. In Summe überweist Stuttgart gut 20 Millionen Euro pro Jahr. Das ist sehr viel Geld. In dieser Finanzstruktur müssen wir uns bewegen.
Sie wollen den Autostrom nach Stuttgart rein drosseln, Staus und Feinstaub abbauen. Aber Sie haben nicht den Mut zu sagen, wir räumen viel Durchgangsverkehr weg, indem wir einen Autobahnring um Stuttgart schaffen.
Ich kenne kaum Straßenbauten, die zu weniger Verkehr geführt haben. Neue Straßenfläche erzeugt weiteren Verkehr. Außerdem: Wie lange würde der Bau eines Autobahnrings dauern, und was würde das kosten? Der Feinstaub bedroht jetzt unsere Gesundheit. Und den Euro kann man nur einmal ausgeben. Mich reizt viel stärker, mehr Menschen auf die Schienen oder in Busse zu bringen und Teile des Verkehrs möglichst zu vermeiden. Das fängt schon im Kleinen an.