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Grüne nominieren OB-Kandidaten – Stuttgart 21 und soziale Gerechtigkeit als Themen.

Stuttgart - Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Fritz Kuhn geht mit starkem Rückenwind in die OB-Wahl in Stuttgart. Die Kreismitgliederversammlung der Grünen nominierte den früheren Stuttgarter Landtagsabgeordneten am Donnerstag um 22.10 Uhr mit großer Mehrheit. 148 der 151 Stimmberechtigten und damit 98 Prozent votierten für Kuhn, nur einer war gegen dessen Kandidatur, zwei Mitglieder der Öko-Partei enthielten sich bei der Abstimmung im Kulturwerk Ost. Die Findungskommission der Partei hatte sich bereits Anfang Februar einstimmig für den 56-jährigen Sprachwissenschaftler ausgesprochen.

Kuhn war vor zwölf Jahren von Stuttgart als Bundesvorsitzender der Partei nach Berlin gewechselt, heute vertritt er in der Hauptstadt den Wahlkreis Heidelberg. In der ihm eigenen, sachlichen und wenig emotionalen Art rief er die Grünen in Stuttgart am Donnerstag zum Zusammenhalt auf. „Wir können es schaffen“, sagte er mit Blick auf die OB-Wahl im Oktober. Nicht immer werde aber der politische Gegner Steilvorlagen liefern wie in dieser Woche ein Umfrageergebnis, welches ihn vorn sieht.

Der Kreisverband der Grünen will 80 000 Euro für den Wahlkampf bereit stellen, Kuhn selbst, der seinen Posten als stellvertretender Vorsitzender der Bundestagsfraktion mit Blick auf die Herausforderung in Stuttgart am 28. Februar abgegeben hatte, muss Spenden einwerben. Am Mittwoch bezog er in Stuttgart in einer kleinen Wohnung in der Urbanstraße Quartier.

Er werde seinen Wahlkampf nicht auf das Thema Stuttgart 21 reduzieren, reagierte Kuhn auf Vorwürfe, die Grünen verhielten sich nach der Volksabstimmung passiv und enttäuschten so die Gegner des Bahnprojekts. Er selbst kämpfe bereits seit 1996 gegen den Tiefbahnhof, erinnerte Kuhn an eine damalige Landtagsdebatte. Er könne aber selbst als OB nicht versprechen, das Projekt zu stoppen. Dagegen stünden bindende Verträge und der aus Sicht der Grünen verlorener Volksentscheid. Er wolle aber alles für eine kritische Begleitung tun, der Bahn also „auf die Finger schauen“. Wer Stuttgart 21 noch zu Fall bringen könne, sei die Bahn selbst, und zwar „durch Unfähigkeit“.

Kuhn stellte noch kein Wahlprogramm vor, sprach aber davon, die Stadt in mehrfachem Sinn grüner werden zu lassen. Zum Beispiel könne die Kommune „innerhalb von acht Jahren 10 000 neue Bäume pflanzen“. Die Stadtverwaltung müsse sich „weniger um Parkplätze als um Menschen kümmern“.

Eine Lehre aus Stuttgart 21 müsse sein, die Bürger vor großen städtischen Strukturentscheidungen zu befragen oder Bürgerentscheide abzuhalten. Zeitdruck dürfe es dabei nicht geben.

Im Wahlkampf will Kuhn, der verheiratet ist und zwei Kinder im Alter von 15 und 20 Jahren hat, auch das Thema soziale Gerechtigkeit debattieren. „Armut geht alle an“, sagte er. Eine Aufteilung von Themen nach dem Motto, Ökologie für die Grünen, das Soziale für die SPD, werde er nicht zulassen. Zu den Stuttgarter Sozialdemokraten, die noch keinen OB-Kandidaten ausgerufen haben, wolle er „eigentlich nichts sagen“, Streitigkeiten aus früheren OB-Wahlen sollten aber nun Vergangenheit sein.

Der CDU warf Kuhn einen „stillosen Wahlkampf“ vor, hinter dem „ungelöste Machtkämpfe“ stünden. Die CDU suche mit der OB-Wahl die „finale Abrechnung" mit Grün-Rot. Kuhn: „Ich weiß, dass ich hier in ein Minenfeld gehe.“