LEO wurde durch BB ersetzt, ES hat NT eingemeindet Foto: StN

Kehren alte Kennzeichen wie LEO, SHA oder TT bald zurück? Studie lotet Interesse aus.

Stuttgart - Zahlreiche Städte haben in den vergangenen Jahrzehnten ihre Funktion als Kreisstadt und damit ihr Autokennzeichen verloren - ein Identitätsmerkmal. Mit den Ergebnissen einer aktuellen Studie könnte sich das bald wieder ändern.

Das Auto ist des Deutschen liebstes Kind. Da verwundert es auch nicht, dass es einen besonderen Namen bekommen soll. Dieser Meinung sind nicht nur die Besitzer von Wunschkennzeichen, die für ihre Traumkombination freiwillig rund 20 Euro extra bei der Zulassungsstelle löhnen. Auch viele Landkreise und kreisfreie Städte hängen an ihrem eigenen Kürzel, mit dem jedes Nummernschild der Region beginnt.

Zahlreiche Kommunen haben im Zug der Kreisreform 1973 jedoch ihr eigenes Ortskennzeichen verloren. Bei der Zusammenlegung der kommunalen Verwaltungen wurden meist auch gleich die Kennzeichen einkassiert und durch jene der neuen, größeren Landkreise ersetzt.

So etwa in Leonberg. Hier musste bereits in den 70er Jahren das LEO dem Kreiskennzeichen BB (Böblingen) weichen. Schon damals gab es eine Initiative zum Erhalt des alten Nummernschildes: "LEO muss bleiben" war das Motto, so Undine Binder, Sprecherin der Stadt Leonberg. Doch LEO blieb nicht, sondern wurde ersetzt. Ebenso wie seine Artgenossen in rund 30 weiteren Städten im Südwesten.

"Damit verzichten die Städte auf ein wichtiges Identitätsmerkmal", sagt Ralf Bochert, Professor und Tourismus- und Marketingexperte an der Hochschule Heilbronn.

Kennzeichen als Aushängeschild für die Kommune

Warum? Neben anderen Faktoren, wie ortsansässigen Firmen oder kulturellen Veranstaltungen, die mit der Stadt verbunden werden, ist das Ortskürzel auf dem Kennzeichen ein Aushängeschild für die Kommune. Zum einen nach außen, denn diese Werbung fährt durchs ganze Land - und das kostenlos. "Die Städte verlieren damit ein Stück ihrer Außenwirkung", so der Marketingexperte. Zum anderen ist das eigene Nummernschild auch ein Identifikationsmerkmal nach innen, denn "es ermöglicht ein kleinräumiges Zusammengehörigkeitsgefühl, auch in großen Kreiszuschnitten", sagt Borchert.

Diese Einschätzung teilt auch Binder: Die Schließung der Leonberger Bausparkasse und die anschließende Sprengung des Gebäudes sei ein Beispiel für den Verlust von lokalen Imageträgern. LEO sei ein "interessantes Marketingobjekt" und diene zugleich der Identifikation der Bürger mit der Stadt.

Ein Hinweis auf die Bedeutung der lokalen Ortskürzel für die Menschen im Land könnten die 225 LEO-Kennzeichen sein, die noch auf den Straßen unterwegs sind. Denn das sind nach rund 40 Jahren immerhin noch 0,7 Prozent der in Leonberg zugelassenen Fahrzeuge.

Doch nun scheint eine Lösung in Sicht, Bochert nennt sie den "Königsweg". Die Stadt Hanau hat es vorgemacht: Hier erhält man bei der Zulassung eines Autos nicht mehr das im Landkreis übliche Kennzeichen mit der Ortskennung MKK (Main-Kinzig-Kreis), sondern eines mit den Anfangsbuchstaben HU - für Hanau. Die Idee dieses Modells ist es, die Verwaltungseinheit im Landkreis unangetastet zu lassen. Zugleich erhalten interessierte Städte aber eine weitere Möglichkeit an die Hand, sich durch das Kennzeichen in Bezug auf Identitätsbildung, Bekanntheit und Marketing stärker eigenständig zu profilieren.

Damit schafft das "Hanauer Modell" ein Vorbild, das auf großes Interesse stößt. Über 130 Städte bundesweit haben gegenüber Bochert ihr Interesse an einer Studie bekundet. Diese soll klären, wie die Bürger zur Reaktivierung der alten Kennzeichen stehen, und damit eine fundierte Entscheidungsgrundlage für interessierte Städte bieten.

Resonanz bei jungen Mensch positiv

Ein positives Bürgervotum wird bei den Beteiligten allgemein als Voraussetzung für weitere Überlegungen in Richtung Kennzeichenliberalisierung in den Landkreisen gesehen, denn nur mit dem entsprechenden Rückhalt und Interesse bei den Einwohnern verspricht die Umstellung zum Imageerfolg zu werden. Von den 13 Interessenten aus Baden-Württemberg wurden Crailsheim, Schwäbisch Gmünd, Nürtingen, Tettnang und Leonberg für Bürgerbefragungen ausgewählt. Die Ergebnisse werden am Mittwoch in Heilbronn vorgestellt.

Rudolf Michl ist Oberbürgermeister von Crailsheim und hat das Hanauer Modell bereits genau verfolgt, denn er stammt aus dem betroffenen Main-Kinzig-Kreis. Auch für Crailsheim könnte die Rückkehr vom Landkreiskennzeichen SHA (Schwäbisch Hall) zum ehemaligen Ortskennzeichen CR eine "sinnvolle Alternative" sein, so Michl. Die Resonanz bei Bürgergesprächen - besonders mit jungen Menschen - sei durchaus positiv.

Entscheidend seien aber die objektiven Zahlen der Studie, so der Oberbürgermeister. Er selbst sei gespannt auf die Ergebnisse. Mehrkosten für die Ausgabe zweier Kennzeichen in einem Landkreis gäbe es nicht, das habe das Hanauer Modell gezeigt. Lediglich bei der Einführung fielen Verwaltungskosten an, denn sowohl auf Kommunal-, Landes- als auch Bundesebene sei eine Zustimmung nötig, so der Crailsheimer Oberbürgermeister weiter.

Auch in Leonberg sind die Kosten ein mitentscheidendes Kriterium: Für die Stadt alleine wäre der Verwaltungsaufwand zu personalintensiv. Aufgrund der derzeitigen Finanzlage müsse das Vorhaben zumindest kostenneutral sein. Daher mache Leonberg eine Kennzeichenliberalisierung auch von den Studienergebnissen und der Entscheidung anderer Städte abhängig. Einen Leonberger Alleingang werde es nicht geben, so Binder.

Rund ein Jahr - das entsprechende Bürgervotum und die Initiative der jeweiligen Stadt vorausgesetzt - dürfte dieser Prozess dauern, schätzt der Crailsheimer Oberbürgermeister Michl. Dann aber könnten Städte mit dem ortseigenen Kennzeichen ihr Profil schärfen, und der Deutschen liebste Kinder bekämen wieder ihren besonderen Namen.