Noch ist unklar, was die Stadt mit der Villa Galgenberg vorhat. Foto: Pascal Thiel

Der Oberbürgermeister Otmar Heirich gibt den Bewohnern bis Ende April Zeit auszuziehen. Sie wollen aber bleiben und hoffen auf Unterstützung – auch per Online-Petition.

Nürtingen - Der Konflikt spitzt sich weiter zu. Eigentlich sollte die linke Wohngemeinschaft am Galgenberg bereits verschwunden sein. Doch hat der Nürtinger Oberbürgermeister Otmar Heirich die zunächst auf Ende März gesetzte Galgenfrist für die Villa Galgenberg jetzt auf Ende April verlängert. Bis dahin sollen die Bewohner ausgezogen sein. Andernfalls will die Stadt eine Räumungsklage einreichen.

Doch keine Entspannung im Villa-Streit

Dabei hatte es in dem seit drei Jahren schwelenden Streit zuletzt nach Entspannung ausgesehen. „Wir lassen nicht räumen und suchen eine einvernehmliche Lösung. Am 11. April soll es dazu ein weiteres Gespräch mit den Bewohnern geben“, hatte das Rathaus Ende März erklärt. Ein Gespräch hat es an diesem Tag dann zwar gegeben, jedoch nicht mit den Bewohnern, sondern zwischen der Verwaltungsspitze und dem Anwalt der Stadt Nürtingen. Als Ergebnis dieses Treffens stand dann die Fristverlängerung mit der gleichzeitigen Drohung einer Räumungsklage.

Dass der Gesprächsfaden zwischen der Stadt und der WG anders als zunächst verlautbart nun doch nicht mehr aufgenommen werden soll, erklärt der Rathaussprecher Clint Metzger mit internen Kommunikationsschwierigkeiten. Zu diesem Zeitpunkt sei schon nicht mehr geplant gewesen, mit den Bewohnern zu verhandeln. Die Wohngemeinschaft indes bleibt bei ihrer Forderung: „Rücknahme der Kündigung, Verhandlungen über ein Alternativobjekt und vorerst weiteres Aufenthaltsrecht im Wohn- und Lebensprojekt Villa Galgenberg.“

Stadt gibt Kaufpreis nicht preis

Offen ausgebrochen ist der Streit vor drei Jahren, nachdem der in der Nachbarschaft wohnende Heirich die Villa als „Schandfleck“ und „Ärgernis“ bezeichnet hatte. Ruhestörungen und Hinterlassenschaften von Hunden wurden den Mitgliedern der Wohngemeinschaft zugeschrieben. Die WG, die manchen in der Stadt ein Dorn im Auge ist, weist solche Vorwürfe indessen entschieden zurück.

Die Villa liegt am Fuße des Galgenbergparks und somit im Entwicklungsgebiet westlicher Neckar. Ende 2014 kaufte Otmar Heirich für die Stadt die Villa. Das Mietverhältnis der Bewohner mit der Eigentümerin ging somit auf die Stadt über. Wie viel das Anwesen letztlich gekostet hat, gibt die Stadt nicht preis. Laut den Bewohnern, die nach eigenen Angaben zuvor selbst vergeblich versucht hatten, die Villa zu kaufen, verlangte die damalige Eigentümerin 380 000 Euro. So viel war die Villa niemals wert, meint die WG. „Es wurde ein angemessener, aber keineswegs überhöhter Preis gezahlt“, so das Rathaus.

Die Chemie zwischen dem OB und der WG stimmt nicht

Im Februar flattert der WG die Kündigung ins Haus. Die Bewohner machen daraufhin mit einem Protestcamp vor dem Rathaus und wenige Tage später auch auf dem Wochenmarkt öffentlich auf ihre Lage aufmerksam. Anfang März berichtet auch das SWR-Fernsehen in der Landesschau über den Konflikt. Für den 12. März organisiert die Villa in Nürtingen eine „Nachttanzdemo gegen geistigen und räumlichen Leerstand“.

Deutlich wird auch, dass die Chemie zwischen den ungleichen Nachbarn nicht stimmt. Bereits im vergangenen Herbst erteilt die WG dem Hausherrn Heirich ein Hausverbot. Eine Besichtigung der Villa einige Monate später durch den Oberbürgermeister beschreiben die Bewohner auf ihrer Homepage als „gefühlte Hausdurchsuchung“. Danach folgt die Kündigung. „Das Mietverhältnis ist zerrüttet. Das Vertrauensverhältnis ist zerstört. Eine Beendigung des Mietverhältnisses ist daher alternativlos“, heißt es im Kündigungsschreiben. Für die Stadt sei es daher auch „unzumutbar“, mit einem Ersatzobjekt erneut ein Vertragsverhältnis einzugehen.

Junge Leute sehen sich von Obdachlosigkeit bedroht

Was die Stadt mit der Liegenschaft vorhat, ist unklar, hat Nürtingen die Planungen für das Entwicklungsgebiet jetzt doch wegen Geldmangels auf Jahre hinaus auf Eis gelegt. Zuletzt deutete die Verwaltung an, die Villa könnte eventuell als Wohnraum für Flüchtlinge dienen.

Die meisten der circa 20 überwiegend jungen WG-Bewohner sehen sich nun von Obdachlosigkeit bedroht. Gehen wollen sie nicht, sie kämpfen auch mit einer Online-Petition gegen den drohenden Rauswurf. Alles deutet nun darauf hin, dass der Streit, der immer mehr zu einem Politikum wird, schließlich beim Amtsgericht landet.