Noch ist der Hang unterhalb des Rohbaus eine große Baustelle und wird mit Containern gesichert. Foto: Horst Rudel

Die Anwohner des am 8. Juni im Nürtinger Stadtteil Zizishausen abgerutschten Hangs werden ungeduldig. Weil noch Gutachten ausstehen, sind Fragen zur Verantwortlichkeit und zur langfristigen Sicherung des Geländes weiter unbeantwortet.

Nürtingen - Für die von einem Erdrutsch betroffenen Anwohner im Nürtinger Stadtteil Zizishausen ist noch immer unklar, wie es mit der Begleichung ihrer Schäden und mit der langfristigen Sicherung des Hangs weiter geht. Die Polizei hat ihre Ermittlungen wegen Baugefährdung abgeschlossen und diese laut eines Sprechers des Polizeipräsidiums Reutlingen in der vergangenen Woche „in Berichtsform“ an die Staatsanwaltschaft Stuttgart weitergeleitet. Doch die genaue Ursache und die Verantwortlichkeiten für die Hangrutschung in der Nacht zum 8. Juni sind nach wie vor ungeklärt. Die Ergebnisse diverser Gutachten stehen noch aus.

Wie berichtet, war damals eine regelrechte Erd- und Gerölllawine auf die Panoramastraße gerollt. Eine abgesackte Terrasse vor einem Rohbau oberhalb des ehemaligen Steinbruchs war der Auslöser. Daraufhin waren aus Sicherheitsgründen 14 Häuser im Einzugsgebiet des Unglücksorts evakuiert worden, verletzt wurde niemand. Der Hang wurde schnellstmöglich abgetragen, um weitere Gefährdungen zu vermeiden. Noch vor Ort hatte ein Geologe des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau vermutet, die Terrasse sei „nicht anständig gegründet“ worden. Zumal das Gelände als „gefährdeter Rutschhang“ bekannt sei.

Noch immer sichert ein Container den Hang ab

Noch immer steht ein roter Container auf der Panoramastraße. Er soll herabrollendes Geröll aufhalten. Laut der Nürtinger Stadtverwaltung bleibt er dort so lange stehen, „bis die endgültige Hangsicherung durchgeführt worden ist“. Dafür habe der Bauherr, von dessen Grundstück die Rutschung ausgegangen ist, zwar einen Maßnahmenplan vorgelegt. Doch bei dessen Prüfung durch ein externes Büro hätten sich „offene Fragen“ ergeben, die eine Umsetzung „derzeit nicht ermöglichen“. Es seien weitere Untersuchungen zum „genauen Umfang und der Tiefe der gerutschten Hangmasse notwendig“, teilt die Verwaltung auf Anfrage mit. Zudem müssten „technische Einzelheiten“ geklärt werden, sowie die Frage, wie die Maßnahmen angegangen werden müssen und ob sie eine ausreichende Standsicherheit gewährleisten.

Die mit dem Fall befasste Vereinigte Hannoversche Versicherung (VHV) gibt an, die Ursache für den Schadensfall sei „noch nicht geklärt“. Die Ergebnisse der von ihr in Auftrag gegebenen Gutachten „liegen uns noch nicht vor“, wie ein Sprecher der VHV erklärt.

Der Bauherr des markanten Neubaus bestätigt das. Auch er warte auf die Ergebnisse mehrerer Gutachten der diversen in den Fall eingebundenen Versicherungen, um Klarheit über die Ursache des Erdrutschs und die damit verbundenen Verantwortlichkeiten zu erhalten. Davon hänge auch ab, wer für den Schaden aufkomme, erklärt er auf Anfrage unserer Zeitung. Dessen Höhe könne er noch nicht benennen. Dem Versicherer und den Gutachtern lägen „alle Schadensmeldungen der Nachbarn zur Überprüfung vor“. Die langfristige Hangsicherung befinde sich zurzeit in der „Planungsphase“. Die verschiedenen Maßnahmen würden „in enger Abstimmung“ mit dem städtischen Bauamt und dessen externen Spezialisten „vorangetrieben“.

Ein Anwohner kann „nachts nicht mehr schlafen“

Die Stadtverwaltung hatte früh schon eine Verantwortung zurückgewiesen. Sie sei zwar zuvor von Anwohnern darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sich unter anderem Risse in einem Garten gebildet hätten. Doch sie habe sich auf die Einschätzung des zuständigen Bauleiters und eines vom Bauherrn beauftragten Geologen verlassen, der „keine akute Gefahr“ erkannt habe. Mit Maßnahmen zur Entlastung des Hangs war jedoch offensichtlich zu spät begonnen worden. Denn in der Nacht darauf war das Erdreich auf die Panoramastraße gerutscht.

Für einen Anwohner, der nicht namentlich genannt werden will, ist die momentane Situation sehr belastend. Er könne „nachts nicht mehr schlafen“, weil er fürchte auf seinem Schaden von „mindestens 240 000 Euro“ sitzen zu bleiben, „obwohl ich gar nichts dafür kann“. Anderen Nachbarn gehe es nicht anders. Zudem machen sich viele Sorgen, „was mit dem Hang passiert, wenn es wieder stärker regnet oder der Winter kommt“. Bisher sei keinerlei Geld zur Schadensregulierung geflossen, „uns das dauert alles viel zu lange“. Abgesehen davon hätten er und andere Anwohner noch immer eine Baustelle vor der Tür, und nach wie vor komme vom Hang „viel Wasser runter“. Verbessert habe sich seit dem Unglück nicht viel. Die Straße sei kaputt „und die Container stehen immer noch da“. Einige Anwohner hätten sich nun darauf verständigt, noch einmal beim städtischen Bauamt vorstellig zu werden.

Für die Polizei sind die Ermittlungen abgeschlossen. Der Bericht liege bei der Staatsanwaltschaft. Diese entscheide einem Polizeisprecher zufolge, „ob überhaupt ein Verfahren wegen Baugefährdung eingeleitet oder eine Anzeige erstattet wird“. Bisher habe sich kein konkreter Verdacht gegen eine Person ergeben. Die Polizei untersuche hier allerdings in erster Linie, ob Menschen gefährdet worden sind.