Warum kamen die Akten so spät? Der NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart zeigt sich empört. Foto: dpa

Zum Mord an der Polizistin Kiesewetter gibt es viele Spekulationen. Das BKA hält die Beamtin aber nach wie vor für ein Zufallsopfer des NSU. Unzufrieden ist der NSU-Ausschuss mit einem ganz anderen Thema.

Stuttgart - Empörung im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags: Der Landesverfassungsschutz hat dem Gremium nach den Worten von Ausschusschef Wolfgang Drexler (SPD) zunächst nicht alle nötigen Akten zum Thema Ku Klux Klan vorgelegt.

Als Konsequenz daraus will der Ausschuss Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube und Ex-Präsident Helmut Rannacher als Zeugen laden. Mittlerweile liegen die insgesamt sieben Akten dem Ausschuss aber vor.

Hinweise auf Ku Klux Klan schon früher bekannt

Aus ihnen geht nach Drexlers Angaben hervor, dass der Landesverfassungsschutz bereits 1994 - sehr viel früher als bislang bekannt - Hinweise auf einen Ku Klux Klan (KKK) in Baden-Württemberg gehabt hat.

Keine sensationellen neuen Erkenntnisse gab es am Freitag bei der Befragung von Ermittlern zur Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn. Ein Beamter des Bundeskriminalamtes (BKA) bekräftigte, dass Kiesewetter keine direkten oder indirekten Kontakte zur rechten Szene gehabt habe.

Es sei am wahrscheinlichsten, dass der NSU Kiesewetter und ihren Streifenpartner Martin A. zufällig ausgewählt habe. „Für Gegenteiliges haben wir keine Anhaltspunkte.“ In Heilbronn habe sich vielleicht eine ideale Gelegenheit gegeben, um wehrlose Polizisten, die sich in einer Pause befanden, anzugreifen.

Zweifel an der These, dass Kiesewetter Zufallsopfer war

Der Ausschuss untersucht die Bezüge des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zum Südwesten. Dem NSU werden zehn Morde zugerechnet - an neun Migranten und an Kiesewetter. Es gibt aber Zweifel an der Annahme der Bundesanwaltschaft, dass Kiesewetter ein Zufallsopfer der Rechtsterroristen war und der NSU keine Mittäter hatte. Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts und des BKA zu dem Themenkomplex laufen noch gegen unbekannt.

Nach den bisherigen Erkenntnissen hatte das NSU-Trio im Südwesten aber keine Unterstützer, so der BKA-Beamte. Zwar hätten Mitglieder des NSU in Stuttgart mögliche Tatorte ausgespäht und bis Anfang 2001 auch Menschen in Ludwigsburg besucht. Allerdings habe es sich dabei nur um Kontaktpersonen und nicht um Helfer bei Straftaten gehandelt, sagte der Beamte. Zu dem gleichen Ergebnis war eine von Innenminister Reinhold Gall (SPD) eingesetzte Ermittlungsgruppe gekommen.

CDU hält Ladung von Minister Gall vor das Gremium offen

Die vom Verfassungsschutz zunächst nicht gelieferten Akten zum Ku Klux Klan sorgten für Empörung bei den Obleuten aller vier Fraktionen. Die CDU hält sich auch eine Ladung von Minister Gall vor das Gremium offen. Denn auch der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags hatte darüber geklagt, dass Akten aus Baden-Württemberg fehlten. Zudem soll der vom Stuttgarter Ausschuss eingesetzte Sachverständige, Bernd von Heintschel-Heinegg, nun selbst ungeschwärzte Akten im Landesamt sichten und entscheiden, ob diese relevant für das Gremium sind.

Dass insgesamt sieben Akten fehlten, sei Heintschel-Heinegg zufällig bei der Sichtung von Unterlagen im Bundesamt für Verfassungsschutz aufgefallen, sagte Drexler. Das Landesamt habe erklärt, die Akten seien nicht relevant für den Untersuchungsauftrag des Landtagsgremiums.

„Das halte ich für nicht stichhaltig“, meinte Drexler. Da müsse man schon Zweifel an der Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes haben. Zwei baden-württembergische Polizisten waren 2001/2002 zeitweise Mitglieder in dem rassistischen Geheimbund.