Polizisten sichern nach den Schüssen auf die beiden Polizisten Kiesewetter und Arnold auf der Heilbronner Theresienwiese Spuren des Anschlags. Foto: dpa

Der NSU-Untersuchungsausschuss Baden-Württembergs lädt den früheren Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes, Ernst Uhrlau, am 2. Dezember als Zeugen vor.

Stuttgart - Ernst Uhrlau, von 2005 bis 2011 Deutschlands Chefspion, muss am Freitag, 2. Dezember, als Zeuge vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des baden-württembergischen Landtages aussagen. Die Politiker wollen von dem frühren Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) wissen, warum sein Geheimdienst 2011 ein Gesprächsangebot von US-Nachrichtendiensten ausschlug. Der amerikanische Verbindungsoffizier in Stuttgart hatte zunächst bei den Büros des Militärischen Abschirmdienstes, dann des BND in der Landeshauptstadt gemeldet und gesagt, dass zwei Agenten der US-Bundespolizei FBI in Heilbronn gewesen seien, als dort die Polizistin Michèle Kiesewetter am 25. April 2007 auf der Theresienwiese in ihrem Streifenwagen erschossen wurde. Ihr Kollege Martin Arnold wurde bei dem Anschlag schwer verletzt. Die Bluttat wird der mutmaßlichen Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zur Last gelegt. Deren Mitglieder sollen zwischen 2000 und 2007 einen griechischen und acht türkische Migranten sowie Kiesewetter ermordet, drei Sprengstoffanschläge verübt und 15 Raubüberfälle begangenen haben.

In dem Telefonat mit den deutschen Geheimdienstlern am 2. Dezember 2011 räumte der US-Verbindungsoffizier ein, er hätte „deutliche Hinweise“ darauf, dass möglicherweise zwei FBI-Polizisten zur Tatzeit in Heilbronn eingesetzt gewesen wären. Sie seien wieder in die USA gereist, als ihre Operation gescheitert sei. In einer internen E-Mail des BND heißt es drei Tage später sogar, der US-Agent habe erkennen lassen, „dass eine eigene (amerikanische – die Redaktion) Untersuchung der Ereignisse die Beteiligung von zwei Mitarbeitern des FBI ergeben habe“. Sollte der deutsche Auslandsgeheimdienst offiziell Kontakt zu den US-Diensten suchen, sichern diese zu, den BND „weiter über die Untersuchungsergebnisse auf amerikanischer Seite auf dem Laufenden zu halten“.

Bundesanwälte verfolgen die US-Spur nur zaghaft

Uhrlau informierte die ermittelnden Staatsanwälte der Bundesanwaltschaft erst eine Woche nach dem Anruf über das US-Gesprächsangebot. Den Entwurf für das Schreiben hatte er jedoch schon am 5. Dezember 2011 fertigstellen lassen. Am 9. Dezember schrieb Uhrlau Generalbundesanwalt Harald Range, man hätte „auf US-Seite Hinweise darauf, dass möglicherweise das FBI im Rahmen einer Operation auf deutschem Boden zwei Mitarbeiter nach Deutschland habe reisen lassen und diese nach dem Vorfall in Heilbronn wieder zurückbeordert habe“. Diese Spur im Mordfall Kiesewetter verfolgten die Staatsanwälte sehr zaghaft.

Der US-Verbindungsbeamte ist bis heute nicht zu seinem Telefonat vernommen worden. Stattdessen fragten Ermittler des Bundeskriminalamtes (BKA) ganz offiziell beim FBI an, ob möglicherweise zwei Mitarbeiter der US-Bundespolizei am 25. April 2007 in Heilbronn gewesen seien. Mitte Oktober 2012 antwortete der Chef des FBI-Verbindungsbüros in Deutschland, Stuart P. Wirtz: „Mit Schreiben vom 15.10.2012 teilte das FBI mit, dass es im Frühjahr 2007 keine Operation in Deutschland durchgeführt habe, insbesondere habe es am 25.04.2007 keine Observation in Heilbronn durchgeführt“ – fassen Ermittler des BKA die Antwort in einem Vermerk zusammen.

Eine Antwort, an der die Bundesanwälte aber schon nicht mehr interessiert waren. Ihr Urteil stand zu diesem Zeitpunkt schon fest: An der „amerikanischen Spur“ im Heilbronner Polizistenmord sei nichts dran. Am 13. Oktober 2012, also zwei Tage vor der Antwort des FBI, vermeldete ein Sprecher der Karlsruher Ankläger über ein online-Medium die „Spekulationen um eine FBI-Operation“ in Heilbronn seien beendet.