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Nach 32 Verhandlungstagen geht der NSU-Prozess in die Sommerpause. Für Beate Zschäpe hätte die Sache bislang durchaus schlechter laufen können. Doch die akribische Beweisaufnahme steht erst am Anfang.

München - Braune lockige Haare, rundes Gesicht, wache Augen. Wie eine sportliche, junge Frau - so schaut Darlene Conner aus, die Tochter von "Roseanne" aus der gleichnamigen US-TV-Serie. Am 9. Juni 2005 erkennt eine Nürnbergerin Darlene in einem Supermarkt in ihrer Heimatstadt. Sieben Jahre später ist sich die Frau sicher: Darlene ist Beate Zschäpe.

Nach 32 Verhandlungstagen geht der NSU-Prozess in die Sommerpause. Doch die akribische Beweisaufnahme steht erst am Anfang. Denn stimmt diese Beobachtung, wäre sie bahnbrechend: Dann wäre der Mord an Ismail Yasar der einzige, an dem eine Zeugin Zschäpe nur wenige Meter vom Tatort entfernt beobachtet hat. Zur Tatzeit.

Etwa 20 Minuten vor der Hinrichtung des Türken beobachtet die Zeugin auf einem Spielplatz zwei Fahrradfahrer. Sie sitzen auf einer Bank nur 200 Meter entfernt von einem Edeka-Markt, auf dessen Parkplatz Yasar in seinem Imbissstand Döner vom Spieß säbelt. Die Zeugin erkennt unter mehr als 20 Lichtbildern Uwe Mundlos an seiner schmalen Gesichtspartie und den wenigen Haaren wieder. Mundlos und Uwe Böhnhard hatten sich 2011 selbst getötet, um der Festnahme zu entgehen. Zschäpe ist als in München als Mittäterin angeklagt. Sie ist die einzige Überlebende des Neonazi-Trios .

Der „böse Blick“ aus braunen Augen

Mundlos erkannten auch zwei weitere Zeugen. Eine Frau will sich ziemlich genau um zehn neben Yasars Dönerbude mit hoher Wahrscheinlichkeit an Böhnhardt und Mundlos erinnern. Einer der Männer, berichtete sie der Polizei, habe dem anderen einen länglichen, in eine gelbe Plastiktüte eingewickelten Gegenstand in den Rucksack gesteckt. Aufgefallen war ihr das Duo erstmals, als sie die beiden nach 20 Minuten passiert. Da studierten die Männer einen Stadtplan unweit des Imbissstandes. Zeugen in anderen dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) zur Last gelegten Mordfällen hatten den Fahndern von einem ähnlichen Verhalten berichtet.

Unmittelbar vor dem Imbissstand musste ein anderer Zeuge sein Auto stoppen, um eine Fußgängerin und zwei Fahrradfahrer über die Scharrerstraße zu lassen. Spontan und eindeutig erkannte er Mundlos als den ersten der beiden Radler. Als der Augenzeuge weiterfuhr und etwas weiter an einer roten Ampel halten musste, hörte er Schüsse. Der „böse Blick“, den ihr einer der beiden Radfahrer mit seinen „braunen Augen“ zuwarf, erschreckte eine weitere Zeugin. Bedroht habe sie sich gefühlt von den beiden Männern, die mit ihren Rädern vor der Dönerbude gestanden hätten. Einer habe in den Stand hineingesehen. Wenig später will die Zeugin vier oder fünf dumpfe Schussgeräusche gehört haben.

Glaubwürdig sind alle Zeugen für die Ankläger. Bereits 2009 rekonstruierten Ermittler der Nürnberger Polizei aufwendig, ob die Zeugen gesehen und gehört haben konnten, was sie in ihren Vernehmungen beschrieben. Ergebnis: Vier Zeugen hätten das Kerngeschehen beobachtet.

Verhandlung wird am 5. September fortgesetzt

Der Anschlag wurde von langer Hand vorbereitet, wenn die Richter dem glauben, was ein Kriminalkommissar des Bundeskriminalamts aus dem Asservat 2.12.280 liest. Auf dem DIN-A-4-Blatt sind sechs Adressen von Asylbewerberheimen und Wohnungen von Ausländern in Nürnberg aufgelistet. Handschriftlich ist auf dem am 25. Mai 2005 ausgedruckten Papier der Vermerk „X 7“ hinzugefügt. „Neben Post Imbiss“ hat jemand auf den Farbausdruck geschrieben, der im Brandschutt des Hauses in Zwickau gefunden wurde, in dem Zschäpe, Böhnhardt und Mundlos wohnten. X 7 zeigt Yasars Dönerstand – den Ort, an dem der Türke am 9. Juni 2005 erschossen worden war.

Der sechste Mord, der dem NSU zugeschrieben wird, war für Manfred Hänßler, den damaligen Leiter der Nürnberger Mordkommission, einer, der ein „ausländerfeindliches Motiv“ hatte. In der großen Ermittlungsgruppe habe daran „kein Zweifel“ bestanden. Man habe zwar Datensätze zu Rechtsextremisten aus ganz Bayern angefordert, sagt der Hauptkommissar. „Aber der Verfassungsschutz hat nicht alles herausgerückt, was wir haben wollten.“ Die Verhandlung wird am 5. September fortgesetzt.