Die Zschäpe-Verteidiger Hermann Borchert und Mathias Grasel beraten sich. Foto: dpa

Der NSU-Prozess war lang, oft schmerzhaft lang. Auch nach dem Ende der Beweisaufnahme scheint es mit den Verzögerungen kein ende zu nehmen. Die Verteidigung hat dazu grundsätzlich zwar das Recht, es dient in diesem Fall aber nicht dem Wohle der Mandanten, kommentiert Christian Gottschalk.

München - Es hat mehr als vier Jahre gedauert, ehe im Münchner NSU-Prozess die Beweisaufnahme geschlossen wurde. Das ist lang, aber nicht lange genug für einen Spitzenplatz in der Hitliste der längsten Prozesse. Erst in diesem Frühjahr wurde der Streit um das Erbe des früheren Arag-Chefs Walter Faßbender in Düsseldorf entschieden, nach 34 Jahren. Gleichwohl: Der NSU-Prozess ist ein Mamutverfahren, dessen Ende zwar näher gekommen, aber noch nicht absehbar ist. Vier Jahre lang haben sich die Verteidiger der Angeklagten in Prozesshanseleien verstrickt, haben juristische Nebelkerzen gezündet und alles getan, um einem raschen Ende entgegenzutreten. Und es sieht nach dem gestrigen Tag nicht danach aus, als ob sich an dieser Taktik etwas ändern wird.

Zweck ist es, das Gericht zu Fehlern zu verleiten

Es ist nicht nur das gute Recht der Anwälte, für ihre Mandanten das Beste herauszuholen, es ist auch deren Pflicht. Ein Großteil der Verzögerungen, der Anträge und Hilfsanträge dient nur einem Zweck: das Urteil angreifbar zu machen für eine spätere Revision. Das Gericht dazu zu verleiten, Fehler zu machen, die erfolgreich gerügt werden können. Ob die Taktik Erfolg haben wird ist offen. Dass sie unter dem Strich dem Wohle der Mandanten dient, das darf bezweifelt werden.

Rechtsstaatlich gilt bis zu einem Urteil die Unschuldsvermutung. Lebenspraktisch gilt aber auch die Vermutung, dass das Verfahren nicht mit glatten Freisprüchen für die Angeklagten enden wird. Beate Zschäpe sitzt schon in Haft, dort wird sie auch während eines möglichen Revisions- oder gar Wiederholungsverfahrens bleiben. Das bedeutet dann, dass auch die Belastung der Gerichtsverhandlung bleiben wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die taktischen Winkelzüge am Ende zu einem Freispruch führen, tendieren hingegen gegen Null.

christian gottschalk@stzn.de