Die Nebenkläger im NSU-Prozess wollen einen Bundesverfassungsschützer laden. (Archivfoto) Foto: Getty Images Europe

Vor dem NSU-Ausschuss ist erstmals die Vernichtung von Akten Thema. Die Nebenkläger wollen einen Verfassungsschützer vorladen, der das Schreddern in Auftrag gegeben haben soll. Der einzige geladene Zeuge am Montag erschien nicht vor Gericht.

München - Nebenkläger im Münchner NSU-Prozess wollen vor Gericht die Vernichtung von Akten beim Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz klären. In ihrem Beweisantrag werfen die Anwälte der Behörde vor, sie habe unmittelbar nach dem Auffliegen des mutmaßlichen Neonazi-Terrortrios im November 2011 zahlreiche Unterlagen „rechtswidrig“ vernichtet und den Ermittlern von Polizei und Staatsanwaltschaften vorenthalten.

Als Zeugen wollen die Nebenkläger einen Beamten mit dem Decknamen „Lothar Lingen“ laden lassen, der die Schredder-Aktion in Auftrag gegeben haben soll. Außerdem forderten sie das Gericht am Montag auf, eine „dienstliche Erklärung“ von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen einzuholen. Maaßen soll darin mitteilen, welche Unterlagen rekonstruiert wurden und welche dauerhaft verloren seien. Die Aktenvernichtung ist bereits seit langem bekannt, spielte in dem Verfahren vor dem OLG München bislang aber keine Rolle.

Zeuge erscheint am Montag nicht

Die Akten sollen zahlreiche V-Leute betreffen, die mit dem abgetauchten NSU-Trio in Kontakt gestanden haben sollen. Die Bundesanwaltschaft wirft dem „Nationalsozialistischen Untergrund“ vor, über Jahre aus dem Verborgenen zehn Morde verübt zu haben, die meisten aus rassistischen Motiven. Die einzige Überlebende des NSU-Trios, Beate Zschäpe, muss sich dafür als mutmaßliche Mittäterin verantworten.

Als einzigen Zeugen hatte das Gericht für Montag den Sänger einer ehemaligen Neonazi-Band aus Jena geladen. Er erschien aber nicht. Es war schon seine dritte vergebliche Ladung. Am Rande wurde bekannt, dass der NSU-Prozess voraussichtlich auch bis ins Jahr 2016 fortgesetzt wird. Die Tageszeitung „Die Welt“ berichtet, das Gericht werde „demnächst“ neue Sitzungstermine mitteilen, die bis zum Frühsommer 2016 reichten.