Ex-Spiegel-Chefredakteur Stefan Aust. Foto: dpa

Der NSU-Ausschuss im Südwesten erhofft sich Hinweise von Journalisten. Der Ex-„Spiegel“-Chefredakteur Aust macht den Auftakt. Die Kernfrage ist: Warum musste Michèle Kiesewetter sterben?

Stuttgart - Der Untersuchungsausschuss des Landtages zum rechtsextremen Terrornetzwerk NSU will in seiner kommenden Sitzung vier Journalisten als Zeugen befragen. Darunter ist auch der ehemalige „Spiegel“-Chefredakteur und heutige „Welt“-Herausgeber Stefan Aust, teilte der Landtag am Montag mit. Der Ausschuss erhofft sich von den Journalisten weitere Ansätze für ihre Ermittlungsarbeit.

Der Ausschuss kann zudem seinen Aktenraum nun auch für Daten mit der höchsten Geheimhaltungsstufe nutzen. Das Landesamt für Verfassungsschutz hat den knapp 20 Quadratmeter großen Raum Ende Januar freigegeben, wie der Ausschussvorsitzende Wolfgang Drexler (SPD) am Montag in Stuttgart mitteilte.

In der Sitzung am 16. Februar sollen zudem auch Journalisten des SWR und des „Haller Tagblattes“ gehört werden. Alle Journalisten und Autoren, die der Ausschuss befragen will, haben zu dem Thema NSU publiziert. Immer wieder wurde dabei die These vertreten, dass die Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn ein gezielt ausgesuchtes Opfer des rechtsextremen Netzwerkes war. Der Generalbundesanwalt ist dagegen der Auffassung, dass Kiesewetter ein „Zufallsopfer“ war. In der folgenden Sitzung am 20. Februar sollen weitere Journalisten sowie der Heidelberger Politikwissenschaftler Joachim Funke befragt werden.

Der Landtag hat den Aktenraum für rund 30 000 Euro mit entsprechender Sicherheitstechnik ausstatten lassen. Dazu gehören unter anderem vergitterte Fenster und eine Sicherheitstür. Der Raum befindet sich im Königin-Olga-Bau, dem Verwaltungsgebäude des Landtages. Bisher stehen nach Angaben der Landtagsverwaltung dort rund 240 Aktenordner unter anderem des Justiz- und Innenministeriums sowie des Verfassungsschutzes. In den geheimen Unterlagen können sich auch Namen von Verfassungsschützern befinden, die unter Decknamen ermitteln.

Die Ordner dürfen nur in einem Raum neben dem Aktenraum unter Aufsicht gelesen werden - und nur von Mitglieder des Aussschusses sowie ihren Mitarbeitern. Bei bisher 50 der Ordner mit besonders heiklen Informationen dürfen auch von den Mitarbeitern der Landtagsverwaltung keine Kopien gemacht und den Ausschussmitgliedern übersandt werden.

Der Ausschussvorsitzende Drexler hofft, dass bis Ende März alle angeforderten Akten vorliegen werden. Der Ausschuss lässt beispielsweise auch die Unterlagen für das Verfahren gegen das mutmaßliche NSU-Mitglied Beate Zschäpe vor dem Oberlandesgericht München von einem Sachverständigen sichten - und will anschließend nur die von dem Experten empfohlenen Akten bestellen.

Der Untersuchungsausschuss im Südwesten soll Kontakte und Aktivitäten des „Nationalsozialistischen Untergrundes“ (NSU) im Südwesten beleuchten sowie die entsprechende Aufklärungsarbeit der Behörden. Dabei geht es insbesondere um den Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter im Jahr 2007 in Heilbronn.