Um den rassistischen Geheimbund Ku-Klux-Klan wird es am heutigen Montag auch im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages gehen Foto: EPA

Gab es Verbindungen zwischen dem rassistischen Ku Klux Klan und der rechten Terrorzelle NSU? Die Sicherheitsbehörden verneinen dies. Der NSU-Auschuss will dem nachgehen.

Stuttgart - Die Geheimdienstler hatten Steffen B. im Visier. Unauffällig folgten sie seinem VW Golf mit dem Schwäbisch Haller Kennzeichen. Die Beamten beobachteten, wie der 130 Kilogramm schwere Schriftsetzer in einer Vellberger Metzgerei einkaufte. Sie ließen den Mann auch nicht aus den Augen, als er über die Autobahn Richtung Stuttgart brauste. Ein Protokoll belegt: Im Oktober 2003 observierten Agenten des baden-württembergischen Landesamtes für Verfassungsschutz den heute 39-Jährigen stundenlang. Auch einen Peilsender setzten die Geheimen ein. Zielobjekt der aufwendigen Beobachtungsoperation: die „European White Nights of the Ku-Klux-Klan“ (EWK KKK).

Um den rassistischen Geheimbund wird es am heutigen Montag auch im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages gehen. Die damalige Zielperson Steffen B. ist als Zeuge geladen. Er war Mitglied des Zirkels. Dort fungierte er als „Sicherheitsoffizier“. Ihm oblag es also, den Bund und seine Mitglieder abzuschotten, die Klansmänner und -frauen zu konspirativem Verhalten anzuhalten und zu überprüfen, ob Kapuzenträger für Inlandsgeheimdienste spitzelten.

Eine Aufgabe, an der B. mindestens zwei Mal scheiterte: Zum einen berichtete Klanchef Achim Schmid bis zur Gründung des EWK KKK am 1. Oktober 2000 den Südwest-Geheimen über Rechtsextreme in Baden-Württemberg. Nur nicht über seine Pläne, selbst eine KKK-Gruppe zu gründen. Verborgen blieb den Verfassungsschützern auch, dass bereits seit Beginn der 1990er Jahre ein weiterer KKK-Ableger existierte. Dem „International Knights of Ku-Klux-Klan“ gehörten Achim Schmid, Steffen B. und Thomas Richter an – alle drei von Oktober 2000 an auch Kapuzenmänner des EWK KKK.

Zum anderen spionierte Richter als V-Mann mit dem Decknamen „Corelli“ für das Bundesamt für Verfassungsschutz. Die rechtsextremen Schmid und Richter lieferten, was die Nachrichtendienstler aus ihrer Sicht wissen sollten. So denunzierte Richter, dass auch zwei baden-württembergische Polizisten zum EWK KKK gehörten. Einer von ihnen, Timo H., war am 25. April 2007 als Gruppenführer eingeteilt, der an diesem Tag auch für Michele Kiesewetter und Martin Arnold verantwortlich war. Genau zu der Zeit, als die Polizeibeamtin in Heilbronn erschossen und ihr Kollege schwerst verletzt wurde.

Richters Engagement ging allerdings nicht soweit, über weitere Polizisten zu berichten, die sich augenscheinlich für die KKK-Truppe interessierten. So gab es mehrere Treffen zwischen einem heutigen Polizeioberkommissar, dessen Ehefrau – einer heutigen Polizeihauptmeisterin – und dem damaligen Klanchef Schmid. Besuche, die Matthias F. in ihrer Bedeutung herunterspielte, als ihn Ermittler des Landeskriminalamtes dazu am 24. Mai 2013 befragten.

Dabei war er sehr an den Umtrieben des KKK interessiert: Ein Foto zeigt Klanchef Achim Schmid. Auf dessen weißen T-Shirt prangen das Wappen der Ku-Kluxer und die die Buchstaben KKK. Seinen rechten Arm hat er um einen jungen Mann mit kurzen Haaren gelegt: Matthias F. hört Schmid konzentriert zu.

Entstanden ist das Foto im Esszimmer der Schmids in Gailenkirchen, sagt Neonazi-Aussteiger Schmid. F. und seine Frau hätten sich für die Kapuzentruppe interessiert, hätten sogar Aufnahmeanträge mitgenommen. Zumindest unter seiner Führung aber sei das Ehepaar nie ein offiziell in den Geheimbund eingetreten. Schmid distanzierte sich vom Jahreswechsel 2001/2002 zunehmend vom Klan. Den LKAlern berichtete F. zwar von ein, zwei Besuchen auf Schmids Terrasse. Dass er dabei aber – wie Fotos zeigen – schwarze Poloshirts der Marke „Fred Perry“ trug, erwähnte er nicht. Das Modelabel ist bei Neonazis sehr beliebt und gilt als Erkennungszeichen unter den Rechtsextremen.

Von deren Umtrieben will auch Kriminaloberkommissar Jörg B. nichts Genaues wissen. Der Bruder Steffen B.s, des Sicherheitsoffiziers des EWK KKK, besuchte immer wieder jene Sportsbar in Schwäbisch Hall, die zur Stammkneipe seines Bruders und von Achim Schmid geworden war. Nur wenige Tische von Jörg B. entfernt traf sich die EWK-KKK-Spitze mit Interessenten der Kapuzentruppe. 2001 stellte Jörg B. seinem Bruder seine beiden Kollegen Jörg W. und Timo H. vor – die beiden enttarnten KKK-Polizisten. Da B. auch im Fall des unter rätselhaften Umständen verstorbenen NSU-Zeugen Florian Heilig ermittelte, stand er bereits im März den Parlamentariern Rede und Antwort. Damals ging er auf Distanz zu seinem Bruder, zeigte sich unglücklich über dessen Gesinnung: „Klar war er in der rechten Szene aktiv, aber ich kann nichts für meinen Bruder.“

Der, so heißt es in einem internen Aktenvermerk des Verfassungsschutzes, nahm von Juni 1997 bis Oktober 2002 an Treffen und Konzerten der rechtsextremen Skinheadszene teil. Ganz abgelegt scheint er die Weltanschauung dieses Milieus allerdings bis heute nicht zu haben. In einem Beitrag auf seinem Facebook-Profil schreibt der ehemalige Ku-Kluxer: „Stärke Körper und Geist für die nächste Schlacht, sie haben dich besiegt aber nicht umgebracht!“ Die martialischen Worte stammen von der Teltower Rechtsrock-Band „Hassgesang“. Steffen B. outet sich bei Facebook außerdem als Fan der rechtsextremen Rapperin „Dee Ex“.

Offiziell, sind sich Verfassungsschützer sicher, soll sich der EWK KKK Ende 2002, Beginn 2003 aufgelöst haben. Das ist eine Theorie, nachdem Geheime und Staatsschützer der Polizei gezielt Mitglieder damit konfrontierten, über deren Umtriebe Bescheid zu wissen. Eine andere Theorie wurde nie wirklich überprüft: Ob die Klansleute einfach nur abtauchten, nachdem sie sich ihres Klanchefs Schmid entledigten. Der Klan im Verborgenen weiter existierte. Steffen B. einfach nur tat, was er als Sicherheitsoffizier tun sollte: Konspirativ sein.